Kempener Schüler protestieren in Berlin

Mit Reisebussen fuhren die Jugendlichen zur Demo vor der Botschaft Chinas.

Kempen/Berlin. 100 Schüler und Lehrer des Berufskollegs Kempen liefen am Freitag um 11.30 Uhr zum Märkischen Ufer in Berlin und stellten sich gegenüber der chinesischen Botschaft auf.

Einige hielten in ihren Händen chinesische Schriftzeichen. Auf einem Transparent wurde deren Bedeutung auf Deutsch übersetzt: "Warum ist Liu Xiaobo nicht in Oslo?"

Die Schüler wollten mit der Aktion parallel zur Verleihung des Friedensnobelpreises auf die Situation des inhaftierten chinesischen Schriftstellers aufmerksam machen. "China versucht, Liu Verstummen zu lassen", sagte Religionslehrer und Pfarrer Roland Kühne, der den Protest organisiert hatte.

Die Gruppe hatte sich um 0.30 Uhr am Kempener Berufskolleg getroffen, um mit zwei Reisebussen nach Berlin zu fahren. Jeder Schüler beteiligte sich mit 45 Euro an den Kosten. Hinzu kam ein Zuschuss des Fördervereins für diejenigen, die sich die Summe nicht leisten konnten.

Kühne hatte im Religionsunterricht über Menschenrechte gesprochen. "Seit der Besetzung des Platzes des himmlischen Friedens 1989 hat mich die Situation in China nicht mehr losgelassen", erklärte er.

Entsprechend habe er mit seinen Schülern darüber diskutiert. Als die Vergabe des Friedensnobelpreises an Liu bekannt wurde, entstand die Idee zum Protest vor der chinesischen Botschaft.

Nach ihrer Ankunft in Berlin besuchten die Schüler zunächst die Ausstellung "Hitler und die Deutschen" im Historischen Museum. Anschließend bauten sie mit Unterstützung des Kempeners Bruno Ruoffelet, der Mitglied bei "amnesty international" ist, eine mobile Gefängniszelle auf.

Als in Oslo in Abwesenheit Lius der Nobelpreis verliehen wurde, stellten die Demonstranten die Zeremonie symbolisch nach. Ein Schüler nahm die Rolle Lius ein. Roland Kühne reichte ihm durch die Gitterstäbe der Zelle die nachgebastelte Medaille mit dem Konterfei Alfred Nobels. "Wir wollten damit zeigen, dass wir Lius Haftstrafe nicht akzeptieren."

Die Schüler verlasen zudem laut die Menschenrechte und die "Charta 08", wegen deren Unterstützung Liu verurteilt worden war. Auch literarische Texte des Schriftstellers wurden vorgetragen. Ein chinesischer Christ, der als politischer Flüchtling in Thüringen lebt, rezitierte sie in seiner Muttersprache.

"Die Reaktionen der Passanten und Autofahrer waren durchweg zustimmend", berichtete Kühne. Von der Botschaft habe sich niemand gezeigt. Als die Schüler dort klingelten, um eine Resolution zu übergeben, sei die Tür verschlossen geblieben.

Man habe das Schriftstück, in dem die Kempener die Freilassung Lius fordern, in den Briefkasten geworfen. Die Gruppe kehrte am Freitagabend wieder nach Kempen zurück.

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