Geburtstag Spezialkraft, Stadtdirektor, Bürgermeister – Karl Hensel wird 75

Kempen · Seit 2009 ist Karl Hensel im Ruhestand und inzwischen auch ohne sonstige Posten. Dennoch mischt er sich ein. Er ist am Kempener Puls.

 Karl Hensel nebst seiner tierischen Deko im Garten seines Hauses am Asternweg. Dort betätigt er sich in seiner Freizeit gerne.

Karl Hensel nebst seiner tierischen Deko im Garten seines Hauses am Asternweg. Dort betätigt er sich in seiner Freizeit gerne.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

„Einen Karl Hensel kann man nicht einfach so außer Dienst stellen.“ Diese Worte wählte Bürgermeister Volker Rübo beim feierlichen Abschied seines Vorgängers im Oktober 2009 mit Blick darauf, dass der Ex-Bürgermeister weiterhin für Kempen aktiv blieb – zum Beispiel in den Aufsichtsgremien von Krankenhaus und Altenheimen. Zehn Jahre später hat Hensel keine Posten mehr, ist also irgendwie doch außer Dienst. Ist aber noch aktiv im Geschehen, führt viele Gespräche, mischt sich ein. Hensel ist immer noch am Kempener Puls. Am Sonntag wird der frühere Stadtdirektor und Bürgermeister, der Kempen in den vergangenen Jahrzehnten maßgeblich mitgeprägt hat, 75 Jahre alt.

Bislang habe er sich über sein Alter noch gar keine großen Gedanken gemacht, sagt Hensel während des Gespräches im Wintergarten seines Hauses. „Aber wenn ich jetzt auf die Zahl 75 blicke, werde ich schon nachdenklich.“ Sichtbar gealtert ist der Jurist jedoch keineswegs. Der vergleichende Blick ins Fotoarchiv der WZ zeigt, dass sich Karl Hensel in den vergangenen Jahren nicht sonderlich verändert hat. „Das stimmt“, sagt er und lacht. „Meine Frau sagte auch, dass die Zeitungen ruhig das Bild von vor fünf Jahren drucken können.“

Zwischen Hensel und
Hülshoff stimmte die Chemie

Begonnen hat die Beziehung zwischen Kempen und Hensel 1973. Mit 28 Jahren hatte der Dülkener damals sein juristisches Examen abgelegt. Und hatte, wie er erzählt, mehrere berufliche Optionen. Über einen Bekannten aus Willich kam noch die Option Kempen hinzu. Stadtdirektor Klaus Hülshoff suchte einen Rechtsrat für die Stadt und lud Hensel zum Gespräch. „Was soll ich sagen? Zwischen Klaus Hülshoff und mir hat es einfach gepasst. Die Chemie stimmte.“ Und so trat Karl Hensel seinen Dienst in der Kommunalverwaltung Kempens an. Auch deshalb, weil sein Vater sich für die CDU in der Dülkener Kommunalpolitik engagiert hatte. „Das hat mich geprägt. Ich hatte immer ein Interesse daran, vor Ort etwas zu bewegen“, so Hensel.

Hülshoff sah in dem jungen Mann aus Dülken von Anfang mehr als einen Rechtsrat. Hensel wurde früh zu Hülshoffs „Spezialkraft“. Vor allem mit Blick auf Kempens Entwicklung nach dem 6. Dezember 1975. Damals entschied ein Gericht endgültig, dass Kempen nicht nur den Status als Kreisstadt, sondern auch noch den Stadtteil Hüls an Krefeld verlor. Nicht weniger als 1000 Arbeitsplätze und 8000 Einwohner waren weg – ein Schock. Hülshoff und die Verwaltungsspitze erholten sich aber schnell, blickten nach vorn. Karl Hensel bekam den Spezialauftrag, aus einer Beamten- und Verwaltungsstadt einen attraktiven Wohn- und Wirtschaftsstandort zu machen.

Altstadtsanierung und Gewerbeansiedlung – mit diesen Kernaufgaben startete Hensel in den 70er Jahren. „Ich bin dankbar, dass Klaus Hülshoff so großes Vertrauen hatte. Er war mein Lehrmeister“, erinnert sich Hensel. Das Verhältnis zwischen den beiden sei respekt- und vertrauensvoll gewesen. Man habe sich immer die Meinung gesagt, aber eigentlich nie gestritten. „Obwohl“, sagt Hensel: „Kurz vor Hülshoffs Ruhestand gab es doch mal Ärger.“ Hensel galt damals als designierter Nachfolger. Im Rahmen seines Bewerbungsgesprächs vor den Fraktionen sei es dann auch um Hülshoffs Art gegangen, „auch mal Dinge an der Theke zu regeln“. „Eine Arbeitsform, die nicht meine ist“, so Hensel. „Da habe ich dann gesagt, dass ich kein Thekendirektor werde.“ Eine Vokabel, die natürlich schon am nächsten Tag bei Hülshoff gelandet war. „Ich wurde sofort in sein Büro zitiert. Aber ich konnte ihm verdeutlichen, dass das kein Angriff auf ihn war.“

1990 folgte die einstimmige
Wahl zum Stadtdirektor

1990 wurde Hensel einstimmig zum Stadtdirektor gewählt. Fortan führte er bis 2009 die Geschicke der Kempener Verwaltung. Ab 1999 als hauptamtlicher Bürgermeister der CDU – und stets in der berühmten Doppelspitze mit Karl-Heinz Hermans. „Mein wichtigster Partner“, wie Hensel seinen Freund jüngst zu dessen 90. Geburtstag würdigte. Mit seinem Führungsstil hat sich Hensel in Politik und Verwaltung nicht nur Freunde gemacht. Was aber in den entsprechenden Positionen nicht selten vorkommt. „Ich habe die Meinung der Mitarbeiter stets geschätzt und den Menschen wertgeschätzt“, sagt Hensel. „Letztlich geht es aber als Verwaltungschef auch darum, Entscheidungen zu treffen – auch unbequeme. Und man muss eine Richtung vorgeben, eine Linie einhalten.“

Eine Errungenschaft Hensels ist die Entwicklung des Arnold-Areals zu einem Dienstleistungs- und Wohnstandort. Ebenso die erfolgreiche Sanierung des verseuchten Areals der „Elektrochemischen“ (ECF). Heute ein wichtiger Bestandteil des florierenden Kempener Gewerbegebietes. Auch für die Seniorenarbeit ist eine Menge entstanden: Haus Wiesengrund, St. Peter-Stift, Villa Basels.

Dass er nun kein Amt mehr innehat, sei kein Problem „und auch gut so“, sagt der Ex-Bürgermeister. „Es ist die Zeit für Jüngere und für andere Ideen.“ Als letztes habe er noch seinen Sitz im Kuratorium der Hospital-Stiftung (Trägerin der Seniorenheime) aufgegeben. „Dort sind Entscheidungen getroffen worden, hinter denen ich nicht stehen kann“, sagt Hensel. Es bereite ihm Sorge, dass immer noch nicht geklärt sei, wie es mit den Plänen für ein neues Altenheim weitergeht. Den nun auserkorenen Standort am Schmeddersweg hält er nicht für gut. „Ich habe immer versucht, Lösungswege für die Zukunft der Stiftung aufzuzeigen“, sagt Hensel. Als dies nicht gefruchtet habe, „war das eben nicht mehr meins“.

Nicht nur dieser Vorgang macht klar, dass Hensel sich immer für die Fortentwicklung Kempens einsetzt und einsetzen wird. Wenn aus seiner Sicht etwas nicht gut läuft, dann mischt er sich ein – hinter den Kulissen, aber auch öffentlich. Das war 2018 so, als sich sein Nachfolger Volker Rübo und Teile der CDU-Fraktion nicht zur Übernahme der Burg bekennen wollten. „Da habe ich wahrgenommen, dass es in der CDU quer  läuft“, so Hensel. Kurz vor der entscheidenden Ratssitzung bezog der Ex-Bürgermeister in einem offenen Brief Stellung. Und erst vor wenigen Tagen kritisierte er Kämmerer Jörg Geulmann wegen seiner Gebühren- und Grundsteuerpläne in einem Leserbrief. „Ich habe meine Meinung. Und wenn ich es für richtig halte, dann äußere ich sie auch“, sagt Hensel.

Der aktuelle Zustand der
Verwaltung „schmerzt sehr“

Eine Meinung hat der 74-Jährige auch zu den aktuellen Turbulenzen in Kempens Politik und Verwaltung. Die strukturellen und personellen Probleme seien offensichtlich. „Das Ganze schmerzt mich sehr“, sagt Hensel, der aber nicht tiefer in die Kritik einsteigen möchte. Er hofft, dass es nach der Wahl 2020 besser werde. „Mit Torsten Schröder auf dem Posten des Technischen Beigeordneten hat man schon eine gute Wahl getroffen“, so Hensel.

Mit Äußerungen zum Bürgermeister-Wahlkampf zwischen Stadtsprecher Christoph Dellmans und Philipp Kraft (CDU) ist Hensel auch eher zurückhaltend. Er sei CDU-Mitglied und habe als solches für Krafts Kandidatur geworben und gestimmt. „Ich halte Philipp Kraft für seinen sehr guten Kandidaten für das Bürgermeisteramt“, sagt Hensel.

Gefeiert wird der 75. Geburtstag eigentlich wie immer. „Meine Frau und ich haben vier Söhne. Da standen in Kempen am 10. November immer St. Martin und die Fackeln der Kinder im Mittelpunkt“, sagt Hensel und lacht. Auch am Sonntag werde die Familie nach Kaffee und Kuchen gemeinsam den Martinszug anschauen. Feiern mit Freunden und Nachbarn folgen.

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