Harsche Kritik SPD-Vorsitzender poltert nach Grobben-Beschluss

Kempen · Nach dem Beschluss zum Erhalt des Straßennamens attackiert SPD-Chef Stefan Kiwitz die Fraktionen von CDU und FDP scharf.

 SPD-Vorsitzender Stefan Kiwitz will bei der Kommunalwahl 2020 in den Stadtrat gewählt werden.

SPD-Vorsitzender Stefan Kiwitz will bei der Kommunalwahl 2020 in den Stadtrat gewählt werden.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Nach wochenlangen Diskussionen ist das Thema nun geklärt. Trotz der Nazi-Vergangenheit von Wilhelm Grobben bleibt die Straße im Westen der Stadt nach dem Mundartdichter benannt. Der Hauptausschuss hatte die Entscheidung zur Umbenennung des Kulturausschusses am Dienstagabend kassiert. Mit 10:8-Stimmen setzten sich CDU und FDP damit durch, statt der Umbenennung nun ein Hinweisschild auf die Vergangenheit des 1944 verstorbenen früheren NSDAP-Ortsgruppenleiters (1937/38) aufzustellen (die WZ berichtete).

Auf Vorschlag des Historikers Hans Kaiser lautet der Text: „Diese Straße wurde 1964 nach einem in Kempen beliebten Heimatdichter benannt. Er war aber auch anderthalb Jahre NS-Ortsgruppenleiter und nahm mehrere Funktionen im NS-Kulturwesen wahr. Damit verkörpert er ein Dilemma deutscher Geschichte.“

Jetzt ist das Thema also geklärt, aber politisch noch nicht vom Tisch. Das zeigt die Reaktion des SPD-Vorsitzenden Stefan Kiwitz auf diesen nun getroffenen Kompromiss. „Für mich ist es ein Skandal, dass wir 75 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg immer noch darüber diskutieren, ob wir eine Straße nach Wilhelm Grobben benennen dürfen. Ein Nazi-Funktionär und NSDAP-Ortsgruppenleiter gehört nicht auf ein Straßenschild unserer Stadt Kempen. Basta. Eine Adolf-Hitler-Straße gibt es schließlich auch nicht mehr“, wird Kiwitz in einer Pressemitteilung der SPD zitiert. „Grobben war kein Mitläufer, sondern als Überzeugungstäter mitverantwortlich, dass Juden und Behinderte ermordet wurden und ein menschenverachtendes Regime Fuß fassen konnte.“

Weiter greift Kiwitz, der kein Ratsmandat hat, die Fraktionen von CDU und FDP scharf an. „Es war schon beschämend, mit welch fadenscheinigen Argumenten sich die CDU im Kulturausschuss aus der Affäre ziehen wollte. Wohlgemerkt, der Vorschlag, den Namen Grobben im öffentlichen Straßenraum auszuradieren, kam vom CDU-Bürgermeister (wovor ich meinen Hut ziehe)“, so Kiwitz. „Dass ausgerechnet die Liberalen nun im zweiten Anlauf umgekippt sind und die hauchdünne Entscheidung contra Grobben in ein schwarzbraunes Pro verwandelt haben, verwundert nicht.“ Fraglich sei, so Kiwitz, „ob der politischen Grobben-Fraktion die negative Tragweite ihrer Entscheidung über Kempen und den Niederrhein hinaus bewusst“ sei. „Ich jedenfalls schäme mich dafür, wenn ich am Arbeitsplatz oder im Urlaub angesprochen werde und bekennen muss: Ja, unser Stadtrat hat sich mehrheitlich für den Nazi ausgesprochen“, so Kiwitz.

Damit nicht genug: Kiwitz stellt außerdem heraus, dass er befürchtet, „dass die AfD sich ins Fäustchen lacht und jetzt auch in Kempen Oberwasser bekommt“. Die Causa Grobben sei nicht nur ärgerlich, „sie schadet der ganzen Stadt und zieht uns alle nolens volens in den braunen Sumpf“.

Auch die Freien Wähler üben
harsche Kritik bei Facebook

Neben dem SPD-Vorsitzenden hat sich auch die Fraktion der Freien Wähler Kempen (FWK) nach der Grobben-Entscheidung noch einmal zu Wort gemeldet. „Kempen würdigt weiter einen Nazi und Förderer der Euthanasie im Dritten Reich“, heißt es auf dem Facebook-Account der Wählergemeinschaft. „Leider konnten unsere Stimmen die Umkipper der FDP in der Abstimmung nicht ausgleichen. Doch wir bleiben dabei: Kein Fußbreit den Faschisten, egal, welches Deckmäntelchen sie tragen!“

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