Kempen: Katholische Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche plant wieder Kurse Der Druck auf Familien war groß

Kempen · Die Katholische Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche nimmt nach Corona wieder Fahrt auf.

 Der Leiter der Katholischen Beratungsstelle Achim Wolters mit der Psychologin Anna Ern.

Der Leiter der Katholischen Beratungsstelle Achim Wolters mit der Psychologin Anna Ern.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Intensiv mit Frage von
Online-Beratungen beschäftigt

„Unser Schwerpunkt ist die Beratung von Familien, die sich trennen wollen oder geschieden sind“, sagt Wolters. Und nachdem zunächst die Beratungen im März völlig eingestellt wurden, hätte sich das Team schnell überlegen müssen, wie zügig die Arbeit wieder unter den Coronabedingungen aufgenommen werden kann. Wolters: „Denn wir wussten, wie die Situation Eltern belastet, die sowieso schon Probleme haben. Homeoffice, Kinder Zuhause, keine Schule. Das ist eine Situation, die viel von den Menschen abverlangt. Dinge müssen erledigt werden, auf die man nicht vorbereitet ist.“ Dazu hätten die Berater sich unter anderem überlegen müssen: „Was macht das mit den Familien? Wie kann man erziehungsunsicheren Eltern oder Alleinerziehenden helfen?“, ergänzt Ern. Die Erwartungen und der Druck, der auf den Familien in solch einer Situation lasten würden, wäre enorm. Zudem habe sich das Team Sorgen gemacht, dass Eltern erstmal auf eine Beratung verzichten würden, weil sie denken, dass es anderen auch schlecht geht, und sie lieber nicht zur Last fallen wollen.

Zunächst habe sich das Team in zwei Gruppen eingeteilt, um im Fall einer Erkrankung immer noch handlungsfähig zu sein. Und sich dann mit dem Thema Onlineberatung intensiver auseinandergesetzt. „Denn wir konnten nur übers Telefon mit den Betroffenen sprechen. Das erfordert eine andere Art von Zuhören und Gesprächen“, sagt Wolters. Videokonferenzen seien nicht möglich gewesen. „Das ist aus Datenschutzgründen eine ganz sensible Angelegenheit. Da sind wir technisch noch nicht angemessen ausgestattet. Das ist ein großes Thema für den Träger. Aber wir arbeiten daran.“

Zusätzlich habe man nach anderen Wegen gesucht. „Wir haben unsere Internetseite aktualisiert. Und wir haben angefangen, ein Thema der Woche auszusuchen, mit entsprechenden Hilfen für die Betroffenen.“ Das seien Themen wie Struktur im Alltag, Ängste von Kindern oder was macht die Situation mit unserer Paarbeziehung, erläutert Ern. Dazu überlege das Team nun, ob und wie man Chatforen auf der Homepage anbieten kann. Und ob auch Social-Media-Kanäle genutzt werden können. „Dann sind wir besser gerüstet, sollte es eine zweite Welle geben“, erklärt Wolters. Nach den Ferien sollen aber wieder Elterngruppen stattfinden. Auch mit älteren Kindern könne man wohl wieder arbeiten, mit jüngeren sei es wegen der einzuhaltenden Hygienebestimmungen schwierig.

Ein besonderes Anliegen der Beratungsstelle ist es, wieder das Baumhaus-Projekt fortzusetzen, das im vergangenen Jahr von Diplom-Sozialpädagogin Verena Klingen wiederbelebt wurde. Darin wird mit Kindern gearbeitet, die ein psychisch erkranktes Elternteil haben. Dank neuer Kooperationspartner wie Jugendämtern, Kitas, Schulen und Spenden habe man den Bedarf an einer Hilfe evaluieren können. Wolters: „Und der ist da.“ Bundesweit gebe es 2,4 Millionen betroffene Kinder. Aber die Dunkelziffer sei hoch, weil dieses Thema häufig schambesetzt sei. Belegbare Zahlen für den Kreis gebe es nicht, so Wolters. Die häufigsten psychischen Erkrankungen seien Depressionen, Borderliner- und Suchterkrankungen. Damit die Hilfe effizient ist, werden die Eltern in das Projekt miteingebunden. Voraussetzung ist jedoch, dass es eine Diagnose gibt, erklärt Wolters. Meist würden die Betroffenen von bereits installierten Hilfen wie Kinderärzten, Jugendämtern oder Therapeuten darauf aufmerksam gemacht, dass das Kind leidet und wo es Hilfe gibt. Wolters: „Wichtig ist es, dass die Betroffenen erkennen, dass die Erkrankung nichts Abwertendes ist.“

Das Thema ist der Beratungsstelle so wichtig, dass geplant ist, ein Kinderbuch dazu herauszubringen. Psychologin Ern arbeitet mit daran und ist unteren anderem für die Illustrationen zuständig. „Da ist sie sehr begabt“, findet Wolters. Finanzielle Hilfe wurde dafür bereits gefunden und eine grobe Planung steht. Profitieren sollen von dem Buch dann aber auch Eltern, Lehrer und andere ­Interessierte.

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