Kempen: Wijo Heinen muss das Kunstzentrum an der Ellenstraße wohl schließen Neue Kunst-Bleibe dringend gesucht

Kempen · Wijo Heinen muss sein Kunstzentrum in der Passage wohl aufgeben. Er und andere an der Ellenstraße leiden unter den Baustellen.

 Wijo Heinen in seinem Atelier in der Von-Broich-Passage, die er wohl in ein paar Tagen verlassen muss.

Wijo Heinen in seinem Atelier in der Von-Broich-Passage, die er wohl in ein paar Tagen verlassen muss.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Wijo Heinen hat in seinen 81 Lebensjahren schon eine Menge erlebt. Aber die vergangenen Monate haben dem Betreiber des Kempener Kunstzentrums in der Von-Broich-Passage besonders zugesetzt. „Im Prinzip ist die Ellenstraße seit zweieinhalb Jahren eine Dauerbaustelle“, berichtet der Künstler, der die Ladenlokale an der Ellenstraße 11 angemietet hat. Zuerst sei an der Ecke Hessenwall das Heitzer-Gebäude abgerissen und ein Neubau errichtet worden. Dann folgte die immer noch andauernde Baustelle bei Spielwaren Stein. Und neuerdings werde am Neubau an der Ellenstraße 15 gearbeitet. „Das ist einfach zu viel für mich und die anderen Händler und Gastronomen. Potenzielle Besucher machen von der Mülhauser Straße aus einen großen Bogen um die Ellenstraße“, so Heinen. Dasselbe gelte für den Weg vom Buttermarkt aus.

Aus Plus-Minus-Null-
wurde ein Minus-Geschäft

„Wenn kein Wunder mehr passiert, ist für mich am 1. September Schluss“, macht Heinen im Gespräch mit der WZ deutlich. Er spricht davon, dass sein Kunstzentrum immer eine Art „Plus-Minus-Null-Geschäft“ war. Aber wegen der Umsatzeinbrüche durch die Baustelle könne er jetzt die Miete nicht mehr bezahlen. Es gehe um 850 Euro pro Monat. Der Vermieter sei nicht bereit, diese Summe zu reduzieren.

„Für dieses kaufmännische Handeln habe ich natürlich Verständnis. Ich weiß, wie das ist“, so Heinen, der früher im Blumenhandel tätig war. Dennoch hätte er sich etwas mehr Entgegenkommen gewünscht. Schließlich sei das Ende der Passage ohnehin absehbar. Wie mehrfach berichtet, will der Eigentümer das Gebäude abreißen und einen Neubau mit Wohnungen und Ladenlokalen errichten. Genaue Details und der Startzeitpunkt für das Projekt stehen aber noch nicht fest. „Wir haben ohnehin immer nur von Jahr zu Jahr alles besprochen. Ich weiß ja, dass hier irgendwann Schluss ist“, so Heinen. Er geht davon aus, dass unter diesen Umständen niemand anders mehr die Lokale anmieten wird. „Dann bleibt bis zum Abriss ein Leerstand.“

Genau das war der Grund, warum Heinen vor mehr als sieben Jahren das Projekt „Kunstzentrum“ gestartet hat. „Es war kurz vor dem Maifest 2012. Ich ging an der weitgehend leeren Passage vorbei und dachte mir, dass das nicht so bleiben kann“, erinnert sich Heinen. Kurzfristig suchte er über den Werbering Kontakt zum Eigentümer. „Und in wenigen Tagen schafften wir es, dass zum Maifest 150 von meinen Bildern in den Fenstern hingen.“ Seither arbeitet er an der Ellenstraße 11 und stellt dort auch aus. Anfangs waren auch einige andere Künstler dabei. Mit der Aussicht, dass die Passage aber irgendwann Geschichte ist, suchten sich in den vergangenen Jahren aber immer mehr Kunst-Partner neue Domizile. „Letztlich wurde mein Beitrag zur Miete immer größer. Jetzt geht es nicht mehr“, erklärt Heinen.

Wer mit dem 81-Jährigen spricht, spürt, wie sehr ihn das bevorstehende Aus schmerzt. „Ich hänge an Kempen und an der Ellenstraße“, so Heinen. „Ich bin im Haus Nummer 37 geboren. Und es tut mir weh, wenn ich sehe, was aus der Straße geworden ist“, sagt der Kempener, der unweit der Passage am Möhlenring wohnt. Die Baustellen-Belastungen der vergangenen Jahre seien unerträglich.

Wijo Heinen braucht
Platz für etwa 500 Werke

Heinens letzter Funken Hoffnung in Sachen Ellenstraße 11 ist, dass sich nun vielleicht wieder andere Künstler für das Passagen-Zentrum finden. So könne man die Miete auf mehrere Schultern verteilen. Dafür blieben aber nur noch wenige Tage.

Grundsätzlich aufgeben will Heinen aber nicht. Für sich und seine rund 500 Werke ist er parallel auf der Suche nach einem anderen Domizil. „Ich hoffe auf eine Chance. Auch wenn ich weiß, dass die Preise im Moment in Kempen der Wahnsinn sind“, sagt der Rentner. Vielleicht bekomme er ja woanders noch eine Chance, weil er sich immer so für „sein Kempen“ eingesetzt habe. „Dass wir das Kunstzentrum gemacht haben, war ja auch gut für die Stadt. Wir haben einen Leerstand verhindert. Und ich komme täglich mit auswärtigen Besuchern ins Gespräch und berichte ihnen von den Schönheiten Kempens“, sagt Wijo Heinen. Das sei schon früher in seinem kleineren Atelier an der Tiefstraße so gewesen.

Auch wenn der Künstler eine tiefe Enttäuschung in sich trägt, betont er im Gespräch immer wieder seine Hoffnung. „Ich bin ein optimistischer Mensch. Vielleicht passiert noch etwas.“

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