Kempen/Grefrath/Nettetal: Obdachloser erfriert im Schnee

Drastische Minustemperaturen fordern ein Opfer. Aber die meisten haben sich gut auf die weiße Pracht eingestellt.

Kempen/Grefrath/Nettetal. Ein Kältetoter in Nettetal- das war am Montag die betrüblichste Meldung aufgrund des starken Schneefalls. Ein Ehepaar hatte den Obdachlosen (42) aus den Niederlanden am Samstag gegen 13 Uhr hinter einem Gebüsch nahe der Lobbericher Kirche gefunden.

Klaus Staschok vom Kempener Baubetriebshof kann sich kaum erinnern, schon mal einen so heftigen Wintereinsatz geleitet zu haben. Rund 40 Mitarbeiter waren seit Sonntag im Einsatz. "Wir sehen jetzt erst Licht am Ende des Tunnels", sagte Staschok gestern gegen 12 Uhr.

Mit drei Großfahrzeugen und zwei Traktoren sowie Fußkolonnen waren die Männer im orangen Overall nonstop im Einsatz. Staschok: "Aufgrund der Schneemenge von bis zu 15 Zentimetern und der Aufwehungen mussten unsere Leute bis an den Rand der Erschöpfung gegen die Witterung ankämpfen." Engpässe beim Streugut gebe es nicht. Die Silos an der Heinrich-Horten-Straße 48 sind gut gefüllt.

Kaum Ausfälle gab es in den Kempener Schulen. "Trotz Schnee und Eis sind fast alle gekommen", sagte Hubert Kalla, Leiter der Martin-Schule. Lediglich bei zwei, drei Schülern hätten die Eltern entschieden, die Kinder zu Hause zu lassen. Kalla: "Neben unseren 477 Schülern waren auch alle 40 Lehrer da- das spricht für uns."

Auch in der Breyeller Gesamtschule kann Roland Schiefelbein nicht über die Moral seiner Schüler klagen. "Die Lehrer sind rechtzeitig losgefahren, bei den Schülern waren einige zu spät." Das lag aber auch an den Bussen. Sorge machte Schiefelbein der Schulhof: den habe die Stadt nicht geräumt.

Fast erstickt wären rund 50 Pendler am Kempener Bahnhof. Als die Nordwestbahn in Richtung Düsseldorf gegen 9.15 Uhr einfuhr und die Türen eines Triebwagens sich aufgrund der Kälte nicht öffnen ließen, strömten die Bahnnutzer in den zweiten Waggon. "Dort waren wir eine halbe Stunde lang eingepfercht, bevor die Fahrt losging, und haben kaum Sauerstoff bekommen", schilderte eine 44-Jährige. Das Zugpersonal habe "äußerst unfreundlich" reagiert.

Kulanter dagegen die Gemeinde Grefrath, wenn es ums Parken geht. Dort waren die Schilder zur Parkscheibenpflicht von Schnee bedeckt. Die Gemeinde sieht von Knöllchen ab.

Und wie sah’s in der Kempener Altstadt aus? Soll es die Po-Rutsche in Blau sein? Gabi Gulgla entschied sich für die klassische Variante des Schlittens und ließ sich den gelben Rutscher von Joachim Jansen aus dem Schaufenster seines Spielzeuggeschäfts holen. "Wir haben den letzten Schlitten ergattert", freute sich Gulgla und zog ihre Tochter Marleen durch die Engerstraße. "Viele Leute kaufen auch Schneeschippen für ihre Kinder", sagte Jansen.

"Handschuhe, Handschuhe", bettelte Mia vor dem Laden Radieschen an der Judenstraße. Von Patenonkel Peter Nitschke bekam die Zweijährige rote Fäustlinge. So konnte Mia beherzt in den Schnee.

Nach draußen musste auch Christine Tonndorf. "Unser Schneeschuber ist kaputt, darum muss ich mit Kehrblech und Eimer ran", sagte die Geschäftsführerin vom Haus der Geschenke am Buttermarkt. "Ich weiß gar nicht, was von der Stadt und was unser Gebiet zum Schippen ist." Eine Kundin kam im Elektro-Rollstuhl vorbei und gibt ihre Bestellung draußen weiter. "Der Rollstuhl hat leider keine Winterreifen", lacht die Kempenerin. "Aber solange ich auf gekehrten Wegen fahre, ist das kein Problem."

Beim Restaurant Ellenpoort musste sogar der Koch die Schneeschippe schwingen: "Wir haben am Sonntag vier Mal geschippt", sagt Alexandros Kypreou.

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