Kempen: Gareißen ärgert Rübo

Beim Stammtisch der WZ geben die drei Kempener Kandidaten für das Bürgermeister-Amt spannende Einblicke.

Kempen. Es ist der Moment, in dem Wahlkampfstimmung aufkam. Der Moment, als der SPD-Bürgermeister-Kandidat Andreas Gareißen seinen CDU-Konkurrenten Volker Rübo mit der Bemerkung herausfordert, dass "Jugendliche in Kempen die Jugendheime nicht annehmen, weil sie nicht ständig unter Beobachtung sein wollen". Kempen brauche Jugendhütten, in dem sich junge Menschen "ohne Kontrolle treffen können".

"Wie stellen Sie sich das vor? Was soll da in so einer Jugendhütte ablaufen? Das wollen Sie? Sind Sie sich überhaupt der Konsequenzen bewusst? Wie soll die Stadt für so etwas die Verantwortung übernehmen?", wettert Rübo. Viele der gut zwei Dutzend Jugendlichen im Saal murren, schütteln den Kopf. Rund 150 Zuhörer erlebten Donnerstagabend beim 120-minütigen Polit-Talk von Westdeutscher Zeitung und Welle Niederrhein im Pfarrsaal Christ-König, wie die Bürgermeister-Kandidaten ticken.

Rübo fühlt sich herausgefordert. Er ist aber genau in diesem Moment einen Tick zu laut, um gelassen zu wirken - aber dafür ehrlich. Denn so ist der 50-Jährige, der "zwar nicht an der Macht hängt, aber gerne bis 65 Bürgermeister bleiben" will, wie er sagt. Rübo atmet Verwaltung: Was nicht kontrollierbar ist, sich außerhalb von definierten Regeln bewegt, ist dem Juristen suspekt.

Andreas Gareißen (48) ist anders. Zunächst nervös in die Diskussion gestartet, kann der Tiefbauamts-Oberinspektor punkten, wenn er sich als Mensch darstellen kann. Denn er ist eben nicht der geborene, kontrollierte Verwaltungsmann. Der 48-Jährige lässt - gewollt oder nicht - Einblicke in sein Seelenleben zu. Etwa, wenn es um die Chance geht, die er sich für die Wahl ausrechnet. "Gäb’ es noch die Stichwahl, würde ich mir eher eine Chance ausrechnen."

Achim Straeten (49), Bürgermeister-Kandidat der Grünen, ficht das alles nicht an. Der Betriebswirt und Teamleiter der Krefelder Arge ruht auf seinem Stuhl in der Mitte des langen Tisches, an dem sich die Kandidaten den Fragen von Katharina Pauli und Axel Küppers (beide WZ) sowie Markus Wöhrl (Welle Niederrhein) stellen.

Nicht, dass Straeten unsympathisch wirkt. Doch sich so einsilbig als Kandidat um das höchste Amt der Stadt zu präsentieren, ist ungewöhnlich. Es mag eine Strategie sein, gegen einen mit Detailwissen und Zahlen auftrumpfenden Rübo punkten zu wollen, dass man sich kurz fasst. Doch Straeten verweigert jede konkrete Aussage.

Thema Orsay-Center: "Da wird sich ein Investor finden." Einzelhandel in St. Hubert: "Der Stadtteil ist stark genug, muss aber Rahmenbedingungen einfordern". Kunstrasenplatz: "Jugendliche müssen ohne Gefährdung spielen können." Manchmal sagt er aber auch einfach, dass er sich mit einem Thema "nicht beschäftigt" hat. Wie bei der Tönisberger Spange oder der Kempener West-Tangente.

Dabei bietet gerade das Thema Kunstrasenplatz für die Thomasstadt genügend Zündstoff. Da ist Detailspezialist Rübo wieder in seinem Element. Er kennt die Kosten (650 000 Euro mit, 600 000 Euro ohne Beleuchtung) und spricht von einer Prioritätenliste, die die Verwaltung jetzt aufstellt und vor der nichts entschieden wird. Es wäre einfach gewesen, hier mit Stimmungsmache zu Punkten. Rübo lässt das, bleibt ganz Jurist - sachlich, kompetent, aber eben etwas blutarm.

Gareißen setzt auf Bürgernähe: "Jedes Dorf hat einen Kunstrasenplatz, nur das schöne Kempen nicht." Dass er von 340 000Euro spricht, die der Rasenplatz kosten könnte, quittiert Rübo mit Kopfschütteln.

Auch beim Thema Gesamtschule sind die Kandidaten von Christ- und Sozialdemokraten verschiedener Ansicht. "Es macht keinen Sinn, Real- und Hauptschule zu einer Gesamtschule zusammezufassen", sagt Rübo. Das ergäbe "ein Gebilde von 1500 Schülern, was nicht mehr machbar" ist.

Gareißen betont, "dass Schüler doch heute keine Wahl mehr haben, wenn sogar schon für Handwerksberufe das Abitur gefordert wird". "Schüler müssen sich entwickeln dürfen", plädiert der SPD-Mann für längeres gemeinsames Lernen.

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