Haushalt 2020 Kempen: Die Angst vor dem Konjunktur-Einbruch

Kempen · Noch sprudelt die Gewerbesteuer in Kempen. Aber wie lange noch? Diese Frage warf Kämmerer Jörg Geulmann bei der Einbringung des Haushalts für 2020 auf. Den Etat plant der Beigeordnete mit einem Jahresminus von 7,6 Millionen Euro.

 Ums liebe Geld werden die Fraktionen nun in den Haushaltsberatungen der kommenden Monate sprechen.

Ums liebe Geld werden die Fraktionen nun in den Haushaltsberatungen der kommenden Monate sprechen.

Foto: ja/Lübke, Kurt (kul)

Was zuerst? Die guten oder die schlechten Nachrichten? Bei der Einbringung des Haushaltsplans 2020 am Dienstag im Stadtrat entschied sich Beigeordneter und Kämmerer Jörg Geulmann zunächst für die guten. Kempen verfüge über steigende Gewerbesteuererträge und die Kämmerei könne den Haushalt trotz einiger personellen Engpässe frühzeitig einbringen.

Die schlechten Nachrichten folgten sogleich und sind aus Sicht von Geulmann viel gravierender. Denn der Kämmerer muss für 2020 mit einem Minus von 6,6 Millionen Euro in der Kasse planen. Und das Loch werde größer. Denn durch die Neuerungen und zusätzliches Personal im Stellenplan, den die Verwaltung im Anschluss an die Ratssitzung im Hauptausschuss eingebracht hat, lande man bei etwa 7,6 Millionen Euro im Minus. Zum Vergleich: Für das laufende Jahr hatte Geulmann 2018 mit einem Minus von 5,7 Millionen Euro geplant.

Neben dem prognostizierten Jahresergebnis bereiten dem Kämmerer vor allem die mittel- und langfristigen Zahlen sorgen. Laut seiner Finanzplanung bis 2023 werde sich die Liquidität der Stadt von 22,5 auf 1,6 Millionen Euro verringern. Gleichzeitig rechnet er im selben Zeitraum mit einem Anstieg der Schulden von 31 auf 46 Millionen Euro. „Dies ist aus meiner Sicht schon dramatisch“, so Geulmann in einem Pressegespräch vor der Ratssitzung, die am Dienstag um 17 Uhr begann.

Gewerbesteuer ist
und bleibt nicht planbar

Kritiker werden Geulmann und Bürgermeister Volker Rübo wieder vorhalten, dass die tatsächlichen Abschlüsse in den vergangenen Jahren immer deutlich positiver waren als der Etatplan. „Die Gewerbesteuer ist aber aus meiner Sicht der einzige Faktor, der zu dieser Verbesserung beiträgt. Alle anderen Faktoren sind von uns sehr genau geplant“, so der Dezernent. Für 2020 rechnet Geulmann mit Gewerbesteuereinnahmen von 24 Millionen Euro. Für 2019 waren es in der Planung 23,5 Millionen Euro. Tatsächlich sind es jetzt schon rund 27 Millionen Euro, wie Geulmann auf Nachfrage sagte. Damit sei das Niveau ähnlich hoch wie schon 2018. „Dass wir bei der Gewerbesteuer höhere Einnahmen haben, ist erfreulich“, so Geulmann. Verlassen könne man sich darauf aber nicht. Zumal der von Experten vorhergesagte Konjunktur-Einbruch schon vor der Tür stehe. „Wie andere Kommunen auch wird uns das hart treffen“, so Bürgermeister Rübo im Pressegespräch. Man rechne langfristig mit sinkenden Steuereinnahmen.

Großinvestitionen der nächsten Jahre tauchen noch nicht auf

Apropos Steuern: Bei den Hebesätzen steht den Bürgern in Kempen womöglich eine Anpassung ins Haus. Die Hebesätze für die Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) sowie B (Privat) könnten „um zehn bis 15 Punkte“ steigen, so Geulmann. Diesen Vorschlag will er der Politik machen. Eine wirkliche Erhöhung sei das aber nicht – eher ein formaler Verwaltungsakt. Denn es sollen einzelne Gebühren (u.a. Winterdienst) in die Steuern umgeschichtet werden. Wegen einer gesetzlichen Änderung kämen andernfalls komplizierte Einzelberechnungen auf die Verwaltung zu. Diesen Aufwand wolle man sowohl den Mitarbeitern als auch den Bürgern ersparen. Die Hebesatz-Lösung sei verhältnismäßig und würde den Großteil der Bürger nicht mehr kosten. Details wolle man in Kürze beraten. Derzeit liegt der Hebesatz für die Grundsteuer A bei 290 und für B bei 440 Punkten. Bei der Gewerbesteuer (440) seien keine Änderungen vorgesehen.

Das größte Planungsproblem ist aus Sicht des Kämmerers die Tatsache, dass das „massive Investitionsvolumen“ der nächsten Jahre noch nicht in der Finanzplanung auftaucht. Mit Blick auf Schulen, Kitas, Rathaus-Sanierung und Co. könne man gut und gerne „mehr als 100 Millionen Euro“ im Hinterkopf haben. Ein Jahr vor der Kommunalwahl appellierte Kämmerer Geulmann daher an die Politik, verhältnismäßig zu handeln. Für Wahlkampfgeschenke habe die Stadt weder das Geld noch das Personal.

„Das Tagesgeschäft ist teilweise nur unter erheblichem, zusätzlichem Arbeitseinsatz des Personals aufrechtzuerhalten. Die Übernahme von Sonderaufgaben ist mitunter kaum denkbar“, so der Kämmerer in seiner Haushaltsrede. Das Personal dürfe nicht überstrapaziert werden. „Ich sage es ganz unverblümt: Wir müssen uns neu aufstellen und wir müssen moderne und effiziente Strukturen schaffen.“ Schnellschüsse und unrealistische Zielsetzungen würden in diesem laufenden Prozess nicht helfen.

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