Kempen: Den Fahrplan immer im Kopf

Verkehr: Geschlossene Bahnschranken sind in Kempen ein Reizthema. Lieferanten und Rettungsdienste versuchen, sie zu umfahren.

Kempen. Horst Latzel findet klare Worte, wenn es um geschlossene Bahnschranken geht: "Das dauert unmöglich lang und ist lästig", sagt der selbstständige Elektromeister. Deshalb hat er seinen Betrieb am Industriering Ost 79 fast vollständig von der Bahn unabhängig gemacht: "Meine Lieferanten kennen das Spiel. Wie auch ich befahren sie die Umgehungsstraße. Und wenn ich in der Stadt einen Termin habe, nutze ich per Rad die Unterführung am Bahnhof und bin so schneller als mit de³m Auto."

Wie ihm geht es vielen Unternehmern: Sie meiden ungünstige Strecken und nehmen so notgedrungen Umwege in Kauf. Vor allem während des Berufsverkehrs stauen sich die Fahrzeuge am Bahnübergang Kleinbahnstraße bis in den Kreisverkehr, so dass ein normales Vorwärtskommen unmöglich ist.

"Die Beschwerden leitet die Polizei an uns weiter", weiß Fahrdienstleiter Sven Hampke, der seit 15 Jahren im Stellwerk an der St.Huberter Straße arbeitet. Schranken, Signale und Ansagen sind sein Job, da ist die Schranken-Frage nur eine "normale Problematik", wie er sagt.

Auch die Feuerwehr kennt das Problem: Die meisten Wehrleute wohnen innerorts und müssen bei Alarm möglichst schnell zum Gerätehaus. "Nur im Ausnahmefall bekommen wir von den Bahnwärtern grünes Licht", weiß Löschzugführer Jochen Späth zu berichten. Wenn es innerorts brennt, steht die Wehr im Zweifelsfall gleich doppelt vorm Andreaskreuz. Immerhin: Rettungsdienst und Wehr kennen den Bahnfahrplan genau und richten sich danach. Dennoch sei das Thema nach wie vor "hochaktuell", wie Späth sagt.

Bahnsprecher Jürgen Kugelmann sagt dazu: "Die Regelschließzeit in Kempen beträgt vier bis fünf Minuten." Und: "Werktags fahren die Züge alle 30Minuten, wenn alles planmäßig läuft. Wenn es zu Verspätungen kommt, kann die Schließphase schon einmal sechs bis sieben Minuten dauern", so der Sprecher.

Technisch sei das nicht änderbar, da es sich beim Bahnverkehr um komplex gekoppelte Vorgänge handle. Eigentümer, Bahn und Bund sind gefragt, falls eine Unterführung - laut Bahn die einzige Möglichkeit - gebaut werden sollte. Vorläufig bleibt es beim Warten. "Da ist es sinnvoll, die Bahn immer im Kopf" zu haben, wie sich Horst Latzel hilft.

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