Bonner Kammerchor gastiert in der Thomaskirche Geistliche Chormusik begeistert die wenigen Zuhörer

Kempen. · Der Bonner Kammerchor war im Rahmen einer Konzertreise in der Kempener Thomaskirche zu Gast.

 Das Konzert des Bonner Kammerchors fand nicht den erhofften Anklang. Viele Plätze in der Thomaskirche bleiben leer.

Das Konzert des Bonner Kammerchors fand nicht den erhofften Anklang. Viele Plätze in der Thomaskirche bleiben leer.

Foto: Norbert Prümen

Die Programmankündigung „Geistliche Chormusik der Romantik“ lockte am Samstagabend trotz des Hinweises auf die allgemein beliebte Epoche der Romantik weniger Publikum in die Thomaskirche, als man es wohl erwartet hatte. Außerdem stimmte der Titel nur sehr eingeschränkt. Bei aller Großzügigkeit, mit der man die musikwissenschaftliche Epoche der Romantik auf fast das gesamte 19. Jahrhundert ausdehnt, für Werke, die 1912 (die Vertonung des 130. Psalms von Heinrich Kaminski), 1934 (die Missa six vocibus von Joseph Ryelandt) und 2015 (Reminiscere von Colin Mawby) entstanden sind, gilt sie nun wahrlich nicht mehr.

Trotz der „Mogelpackung Romantik“ waren gerade einmal die mittleren Kirchenbänke beim Auftritt des Bonner Kammerchors auf seiner diesjährigen Konzertreise an den Niederrhein in Kempen zur Hälfte gefüllt. Mit der Vertonung des 130. Psalms „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir“ von Heinrich Kaminski (1886-1946) beginnt der gemischte A-cappella-Chor unter seinem Dirigenten Georg Hage.

Bald wird deutlich, dass eine große Homogenität zum Markenzeichen dieses Chors gehört. Im zweiten Gesang „Ich harre auf den Herrn“ lässt er zurückhaltend dem Solo von Ute Baumgartner allen Raum, den dieser Part benötigt. Das folgende Werk „Reminiscere“ komponierte Colin Mawby (*1936) zum Gedenken an die Opfer des Atombombenabwurfs über Hiroshima. Der Bonner Kammerchor hat im April 2019 dieses Werk uraufgeführt.

Mit schwebenden Stimmen entsteht eine Räumlichkeit im Gesang, das Sphärische zwingt geradezu, die Gedanken schweifen zu lassen, sich an diese Katastrophe zu erinnern. Auch bei dem anspruchsvollen zeitgenössischen Werk mit seinen moderneren Harmonien und starken Kontrasten beweist der Chor seine Homogenität. Ausdrucksstark setzen die Sängerinnen und Sänger die Texte um. Da wird das „Da pacem“ (Gib Frieden) von einem leisen Flehen zu einer energischer vorgetragenen Bitte. Ein unverkennbarer Jubel werden die letzten Zeilen, die zum Lob des Herrn auffordern.

Hauptwerk des Konzertprogramms ist Rarität

Diese Musik von Mawby lässt sich trotz ihrer Entstehungszeit schon mehr Romantik als der Gegenwart zuordnen.

Dann sind zwei unzweifelhaft „originale“ Kompositionen der Romantik zu erleben. Einfühlsam zart oder beschwörend auf der einen Seite, dramatisch düster auf der anderen – je nach Text – und mit perfekten Wechseln der Lautstärken interpretiert der Chor geistliche Musik von Peter Cornelius (1824–1874) und Hugo Wolf (1860–1903).

Als Hauptwerk des Konzertprogramms folgt eine Rarität, die Missa six vocibus op. 111 für sechsstimmigen Chor a cappella von Joseph Ryelandt (1870-1965).

Dieses Werk des 20. Jahrhunderts verbindet – so heißt es in der Konzertankündigung „die Kompositionsprinzipien der Vokalpolyphonie des 16. und 17. Jahrhunderts mit Strömungen der romantischen Musiktradition des 19. Jahrhunderts“. In höchst überzeugender Art und Weise hat der Bonner Kammerchor den Inhalt
umgesetzt.

Für den langen Applaus der Zuhörer bedankt der Kammerchor sich mit dem Abendlied „Bleib bei uns“ (Erstfassung von 1855) Josef Gabriel Rheinberger (1839-1901).

Dabei stellt sich der Chor um die mittleren Kirchenbänke herum auf und lässt die verschiedenen Stimmen um die Zuhörer kreisen. Ein schön inszenierter Ausklang eines stimmungsvollen Konzerts im Geiste der Romantik!

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