Lokale Wirtschaft Eine Fachfrau für „Schmückereien“

Kempen · Schon als Kind wollte Anja Tietz ihrer Mutter nacheifern und Goldschmiedin werden. Seit 2008 hat sie in Kempen mit dem Goldwerk großen Erfolg. Im WZ-Interview lobt sie die Altstadt.

 Goldschmiedin Anja Tietz fühlt sich mit ihrem Geschäft Goldwerk an der Peterstraße 3 sehr wohl.

Goldschmiedin Anja Tietz fühlt sich mit ihrem Geschäft Goldwerk an der Peterstraße 3 sehr wohl.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Die Kempener Altstadt steht für eine gute Mischung von Einzelhändlern. Neben den zahlreichen Filialisten sind es vor allem die Händler, die mit eigenen und besonderen Produkten Kundschaft anziehen. Zu diesen gehört Goldschmiedin Anja Tietz in ihrem Geschäft Goldwerk an der Peterstraße 3. Sie hat sich nun den Fragen der WZ gestellt.

Frau Tietz, kaufen die Kempener viel und gerne Schmuck?

Anja Tietz: Ja, ich denke viele Kempener haben einen Sinn für schöne Dinge und auch Qualität. Kempen ist ein Publikumsmagnet, wovon Geschäftsleute hier profitieren. Auch Leute von außerhalb kaufen bei mir. Ich bekomme ganz oft großes Lob für meine ausgefallenen Entwürfe, was mich sehr freut und mich in meiner Arbeit bestärkt. Viele wünschen sich individuellen Schmuck abseits des Mainstreams mit gutem Design. Neben meinen eigenen Entwürfen werden natürlich aber auch die Vorstellungen und Ideen der Kunden umgesetzt. Auch die Umarbeitung von altem Schmuck ist ein recht häufig gefragtes Thema. So kann so mancher lange gehüteter und aus der Mode gekommener Schatz noch mal ein tolles Comeback feiern.

Sie bieten auch „Männersachen“ an: Was wird da besonders stark nachgefragt?

Tietz: Wenn Männer Schmuck für sich selbst kaufen, lassen sie sich häufig Ringe anfertigen, aber auch Manschettenknöpfe, Krawattennadeln, Armspangen, Ketten und Anhänger sind gefragt. Erstaunlich ist, dass insbesondere Männer zumeist mit einer sehr konkreten Vorstellung von dem, was sie angefertigt haben möchten, zu mir kommen. Bei den Damen ist das anders, die lassen sich häufig mehr von der Auslage inspirieren. Im Bereich Männerschmuck kommen sehr häufig Bicolormetalle zum Einsatz, das heißt Gelb- mit Weißgold, Gold mit Silber, Palladium mit Silber und auch Silber mit Kupfer, wie bei der alten japanischen Mokume-Gane-Technik. Auch reiner Silberschmuck ist bei Männern sehr gefragt. Die Entwürfe sind bei den Männern häufig sehr gradlinig und reduziert.

Können Sie sich noch daran erinnern, ab wann Sie Goldschmiedin werden wollten?

Tietz: Ich wollte Goldschmiedin werden, so lange ich denken kann. Das Goldschmieden hat in meiner Familie Tradition, meine Mutter war ebenfalls Goldschmiedin und hatte früher auch ein Geschäft hier auf der Peterstraße, die Galerie Cassetta. Schon als kleines Kind war ich fasziniert davon, wie sie mit ihrer Hände Arbeit derartig perfekte Kunstwerke schaffen konnte. Meine Mutter erzählt hierzu oft eine Anekdote. Als ich gerade sprechen konnte habe ich wohl gesagt: „Wenn ich groß bin, mache ich ,Schmückereien‘, wie meine Mama.“

Warum haben Sie dann ein Jurastudium begonnen?

Tietz: Nach meinem Abitur hat man mir eindringlich davon abgeraten, den Beruf des Goldschmieds zu erlernen. Damals ging man davon aus, dass dieser Beruf keine Zukunft hätte und im Zuge der voranschreitenden Industrialisierung bald aussterben würde. Diese Vorstellung hat mir Angst gemacht. Somit entschied ich mich zunächst für einen sichereren und auch lukrativeren Weg, das Studium der Rechtswissenschaften.

Was hat Sie vom Recht zurück zum Gold gebracht?

Tietz: Kurz vor meinem Staatsexamen erlitt ich einen sehr schweren Autounfall, unter anderem mit einer Trümmerfraktur der Wirbelsäule. Ich bin damals nur sehr knapp an einer Querschnittslähmung vorbei gekommen. Ich brauchte zwei Jahre, um mich ins Leben zurück zu kämpfen. Das war eine echte Zäsur für mich, ein Wendepunkt. Danach stand für mich fest, ich fange noch einmal von vorne an und mache das, was mir Spaß macht. So begann ich dann meine Goldschmiedelehre.

Goldwerk gibt es in Kempen seit 2008. Was hat sich seitdem in Ihrem Geschäft verändert?

Tietz: Als ich mit Goldwerk anfing, war meine Tochter noch sehr klein. Da ich auch ausreichend für mein Kind da sein wollte, habe ich den Betrieb zunächst nur in Teilzeit geführt. Ich hatte früher noch keine festen Öffnungszeiten und machte Kundentermine nach Vereinbarung. Damals gab es keine Auslage im Schaufenster, da ich das Geschäft als reine Werkstatt und nicht als Laden betrieben habe. Im Lauf der Jahre habe ich Goldwerk weiter ausgebaut und natürlich mehr investiert. Auch die Kollektion ist heutzutage umfangreicher. Da ich vor knapp vier Jahren geheiratet habe, hat sich auch der Name geändert, aus Henkel wurde Tietz.

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