„Libera Voce“ in Kempen : „Libera Voce“ glänzt mit Schuberts „Winterreise“
Kempen. „Libera Voce“ bewältigte die Schwierigkeiten des Arrangements glänzend. Dazu hinterließ Pianist Oleksandr Loiko einen ausgezeichneten Eindruck.
Sehr gut besucht war das Sonderkonzert mit „Libera Voce“ am Sonntagabend in der Kempener Paterskirche. Aber kamen deswegen so viele Zuhörer, weil ein einheimischer Chor auftrat, weil Franz Schuberts „Winterreise“ eine so ergreifende Komposition ist oder weil dieses Werk in einer ganz anderen Fassung als gewohnt zu hören war? Wahrscheinlich spielten bei diesem Konzert alle drei Aspekte eine Rolle.
Schubert schrieb die Vertonung der Gedichte von Wilhelm Müller für eine männliche Singstimme und Klavier. Das entspricht genau dem Textinhalt, der sich mit der verzweifelten objektiven und psychischen Situation eines einzelnen Menschen befasst. Nimmt man, wie jetzt in Kempen, noch einen Chor hinzu, drängt sich – wie natürlich bei jeder Bearbeitung – auch hier die Frage auf: Was kann der Chor in die künstlerische Gesamtaussage einbringen, was die Originalfassung nicht in gleichem Umfang leisten kann?
Natürlich sind hier mehrere Meinungen erlaubt. Versuchen wir eine differenzierte Stellungnahme, gewissermaßen eine künstlerische Gewinn- und Verlustrechnung. Verstärkt wurden in der Bearbeitung von Gregor Meyer nachdrücklich die dramatischen Aspekte des Liederzyklus. Weiter kam – dem Chor in der antiken Tragödie vergleichbar – ein reflektierendes Element ins Spiel, gewissermaßen ein Alter Ego des leidenden Menschen, das ihm sein Innenleben wie in einem Spiegel entgegenhält.