Kempen/Kreis Viersen „Ich habe weiterhin Bock auf Bundesliga“

Rekordsumme für Neymar-Wechsel, Spielplan-Änderungen wegen der Fernsehrechte — der Kommerz im Fußball wurde zuletzt überdeutlich. Was sagen Fans aus der Region? Die WZ hat sich umgehört.

Kempen/Kreis Viersen: „Ich habe weiterhin Bock auf Bundesliga“
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Kempen. 222 Millionen Euro — für diese wahnwitzige Summe ist Fußballstar Neymar vom FC Barcelona zum Scheich-Club Paris Saint Germain gewechselt. Diese Millionen werden wohl wieder in den europäischen Markt gespült werden. Schließlich sucht der FC Barcelona in der Bundesliga — in erster Linie in Dortmund — nach millionenschwerem Ersatz. Und dann gibt es da noch diesen Bundesliga-Spielplan, der aufgrund der Neuvergabe der Fernsehrechte an die Sender Sky und Eurosport ordentlich durcheinander gewirbelt worden ist. Freitags wird gekickt und jetzt auch noch zum Teil montags. Der Bundesliga-Sonntag stört die Amateurfußballer ja schon seit einigen Jahren.

Kempen/Kreis Viersen: „Ich habe weiterhin Bock auf Bundesliga“
Foto: Kurt Lübke

Da stellt sich doch die Frage, ob die Fußballfans überhaupt noch Lust auf die neue Saison verspüren, die gestern mit dem Spiel zwischen Bayern München und Bayer Leverkusen gestartet ist. „Ja, doch, ich habe weiterhin Bock auf die Bundesliga“, sagt Heinz Vossen. Der Nettetaler trainiert seit dieser Saison den Bezirksligisten SSV Grefrath. Angesprochen auf die Neymar-Ablösesumme sagt Vossen: „Ich halte ihn für einen genialen Fußballer und sehe ihn gerne im Fernsehen spielen. Natürlich ist niemand so eine Summe wert. Aber das blende ich beim Zuschauen eigentlich aus.“

In der Bundesliga schaut sich Heinz Vossen, der früher als Profi bei Fortuna Düsseldorf, Wattenscheid 09 und Bayer Uerdingen gespielt hat, die Spiele querbeet an. Einen echten Lieblingsverein habe er nicht. Aus Kindheitstagen hänge er zwar ein wenig an der Gladbacher Borussia. „Ich habe aber auch großen Respekt vor dem FC Bayern. Ich bewundere die Art, wie dort Fußball gespielt wird.“ Und auch der Spielstil von Borussia Dortmund habe es dem 49-Jährigen durchaus angetan. „Ich mag das Spiel an sich.“ Durch die jüngsten Schlagzeilen um Ablösesummen und Übertragungsrechte sei dieses Gefühlt auch nicht getrübt. Denn es sei ohnehin so, dass er lieber selbst auf dem Platz steht, als nur zuzuschauen: „Ein Spiel der eigenen Mannschaft, die ich trainiere, ziehe ich natürlich immer vor.“

Auch bei Michael Beenen ist die Vorfreude auf die Saison keineswegs getrübt. Der 2. Vorsitzende des SV Thomasstadt Kempen ist glühender Anhänger von Borussia Mönchengladbach — inklusive Dauerkarte für den Nordpark. „Ich fieber’ der Saison eigentlich so entgegen wie sonst auch“, sagt Beenen. Am Sonntag gehe es mit großer Euphorie zum ersten Spiel gegen den Erzrivalen aus Köln. „Letzte Saison haben die Champions-League-Luft geschnuppert. Das ist Ansporn genug, solche Spiele irgendwann wieder im Borussia-Park sehen zu können.“

Zwar werde in Gladbach auch eine Menge Geld für Spieler ausgegeben. Am Niederrhein sei man aber noch weit entfernt von den Summen in München oder gar in Paris, Manchester und Barcelona. „222 Millionen — wenn man diese Summe hört, ist das natürlich völlig irre“, sagt Beenen. Aber anscheinend sei der Markt derzeit so. Und solange die Fans ins Stadion gehen und die Pay-TV-Abos abschließen werde das Rad wohl auch nicht zurückgedreht. Mit Blick auf die Jugend, die Beenen bei Thomasstadt trainiert, hält er das Thema Ablösesummen aber schon für gefährlich: „Es ist schon schwer, dieses Thema Kindern und Jugendlichen zu erklären.“

Manfred Knoch (80) aus Grefrath trauert dagegen dem „Fußball, wie ich ihn mal kannte“, hinterher: Die horrenden Ablösesummen für Spieler seien für den Normalbürger schon längst nicht mehr nachzuvollziehen. Ebenso gewaltig stört es ihn, dass die Wechselperiode im Fußball bis Ende August läuft: „Da kann doch kein Verein mehr vernünftig planen.“ Und noch einen dritten Kritik-Punkt hat er auf dem Zettel: Dass sich für den Regionalliga-Meister, der ein ganzes Jahr vorne gelegen hat, in nur einem einzigen Relegationsspiel der Aufstieg entscheidet — das gebe es sonst nirgendwo: „Die Meisterschaft ist da ganz schnell für die Katz’.“

Manfred Knoch, der sich trotz seiner Kritikpunkte die Bundesliga im Fernsehen weiter anschaut, ist ein Fußballfachmann: Rund 20 Jahre war der gebürtige Solinger Schiedsrichter bis hinauf in die Zweite Liga. Viele Jahre arbeitete er auch als Vorsitzender der Spruchkammer im Fußballkreis Solingen. Mehrfach wurde er ausgezeichnet — unter anderem mit der DFB-Verdienstnadel. „Ich hatte viele schöne Jahre im Fußball“, sagt der 80-Jährige. Doch auch die dunklen Seiten des Sports lassen ihn nicht los: Die Gewalttätigkeit im Amateurbereich etwa, gegen die er schon in Solingen rigoros vorgegangen sei. Das empfiehlt er auch für die von sogenanntgen Fans oft eingesetzte Pyrotechnik in den Bundesligastadien: „Das geht auf dem Sportplatz gar nicht!“

Udo Schiefner, Bundestagsabgeordneter aus Kempen, geht morgen ins Stadion und schaut sich den Bundesliga-Auftakt seiner Gladbacher Borussia gegen die Erzrivalen aus Köln an. „Ich freue mich auf den Start — und drei Punkte gibt’s auch“, sagt der stellvertretende Vorsitzende der Fohlen-Fans im Deutschen Bundestag. Was ihn zusätzlich freut: Die Borussia sei ein bodenständiger Verein geblieben, auch was die Ablösesummen betrifft: „Das zeichnet den Verein aus.“

Kurz und knapp äußert sich „Welli Dirk“ aus Kempen auf der Facebook-Seite der WZ Niederrhein zum Thema: „Hauptsache, in Uerdingen geht’s wieder aufwärts.“

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