Hospital schreibt schon seit Jahren rote Zahlen

Der Geschäftsbericht belegt ein strukturelles Problem im Krankenhaus. Bei den Mitarbeitern herrscht Unruhe.

Kempen. Die Karriere von Friedhelm Sicking im Hospital zum Heiligen Geist ist nach nur dreieinhalb Jahren zu Ende. Am Freitag hat Aufsichtsratsvorsitzender Karl Hensel verkündet, dass dem Geschäftsführer wegen der finanziellen Schieflage zum Ende des Septembers gekündigt worden ist (die WZ berichtete exklusiv).

Und diese Schieflage ist für das Hospital bedrohlich: Das geht aus dem Geschäftsbericht 2009 hervor, der im elektronischen Bundesanzeiger pflichtgemäß am 17. Mai 2011 veröffentlicht wurde. Das Jahresergebnis für 2009 weist ein Minus von 415 638 Euro aus. Für 2010 rechnete Sicking in diesem Bericht sogar mit „einem deutlich negativen Jahresergebnis“: ein Minus von etwa zwei Millionen Euro. Grund dafür sei ein „starker Belegungseinbruch“ in 2010.

Auch wenn die genauen Zahlen für 2010 der Öffentlichkeit noch nicht vorliegen, gab es dieses „deutliche Minus“ nach WZ-Informationen tatsächlich. Dieser Fehlbetrag führte schließlich dazu, dass die Hospital-Geschäftsführung bei der Regionalkommission des Caritasverbandes einen Antrag auf Aussetzung von Gehaltszahlungen stellte. Eine tarifliche Einmalzahlung für Juni 2011 haben die Mitarbeiter bereits nicht bekommen (die WZ berichtete). Wie es mit dem gestellten Antrag weitergeht, ist nach dem Wechsel in der Kempener Verwaltungsspitze indes ungewiss. Am 8. September will sich die Aachener Kommission erstmals damit befassen.

Friedhelm Sicking allein die Schuld an den finanziellen Turbulenzen zu geben, scheint aber zu kurz gegriffen. Im Geschäftsbericht 2009 steht nämlich auch, dass das Hospital bereits seit Jahren rote Zahlen schreibt. Von strukturellen Schwächen ist aus dem Umfeld des Hauses die Rede, was die Jahresergebnisse belegen: - 384 000 Euro (2005), - 230 300 Euro (2006), - 591400 Euro (2007) und sogar ein Minus von 889 000 Euro in 2008. Sicking trat erst im Februar 2008 die Nachfolge von Verwaltungsdirektor Harald Jansen an.

All diese Zahlen dürften auch in diesen Tagen auf dem Verhandlungstisch des Hospitals liegen. Dort sitzen seit Montag Vertreter der Franziskus-Stiftung zusammen mit dem neuen Generalbevollmächtigten Hans-Dieter Segschneider, der in der Geschäftsführung das Zepter von Friedhelm Sicking übernommen hat. Das Kompetenzteam der Münsteraner Stiftung prüft die Wirtschaftlichkeit des Hauses sowie eine mögliche Partnerschaft mit dem Kempener Krankenhaus.

Die kirchliche Stiftung gilt — wie bereits Ende Mai exklusiv von der WZ berichtet — als Favorit für die Trägerschaft des Hospitals. Laut Aufsichtsratschef Karl Hensel ist eine Sanierung des Kempener Hospitals sowie der angestrebte Übergang in die Franziskus-Stiftung aber mit „Einschnitten im Personalbereich“ verbunden.

Diese Aussage hat unter den mehr als 500 Mitarbeitern für Unruhe gesorgt. Maria Hanfland-Schmidt (Foto), Vorsitzende der Mitarbeitervertretung (MAV), warnt jedoch vor Panikmache: „Derzeit steht überhaupt nichts fest. Deswegen kann man zu solchen Dingen auch nichts sagen.“

Einem Wechsel unter das Dach der Münsteraner Stiftung und einem möglichen Verbund mit anderen Franziskus-Häusern (Süchteln, Viersen, Uerdingen, Meerbusch-Lank) steht die MAV offen gegenüber: „Mit so einem kirchlichen Träger kann man gut zusammenarbeiten.“ Alles weitere müssten aber jetzt die Verhandlungen zeigen. Hanfland-Schmidt: „Und dann wird es darum gehen, wie man alle — ich wiederhole: alle — Mitarbeiter in ein neues Konstrukt überführt.“

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