Gülle-Missbrauch: Kreis Viersen will den Druck erhöhen

Die Kreisverwaltung will mehr Kompetenz in Sachen Kontrollen haben. Ideen sollen dem Land präsentiert werden.

Gülle-Missbrauch: Kreis Viersen will den Druck erhöhen
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Kreis Viersen. Die Verwaltungsspitze des Kreises Viersen nimmt das Thema Gülle-Missbrauch in den Fokus. Dezernent Andreas Budde und der Leiter des Amtes für Technischen Umweltschutz, Rainer Röder, präsentierten dem zuständigen Fachausschuss am Dienstagabend eine Studie zur Nitratbelastung des Grundwassers im Kreis Viersen. Im Vorfeld erläuterten Budde, Röder, Landrat Andreas Coenen und Gutachter Frank Müller Hintergründe in einem Pressegespräch.

Ausgangspunkt der von der Politik beauftragten Studie ist die hohe Nitratbelastung des Grundwassers in der Region — in erster Linie hervorgerufen durch die landwirtschaftliche Düngung, wie es in der Vorlage für den Fachausschuss heißt. Neben den Kreisen Wesel und Kleve sei auch der Kreis Viersen „deutlich im roten Bereich“, wie es Rainer Röder ausdrückt. Laut Frank Müller befinden sich die Werte im Kreisgebiet zum Teil bei 100 Milligramm (mg) pro Liter (l). Die Europäische Union (EU) schreibe den Mitgliedsstaaten vor, die Werte bis 2027 unter 50 mg/l zu bringen.

„Es ist so, dass das Grundwasser im Kreis Viersen im obersten Stockwerk hoch belastet ist“, sagt Gutachter Müller. Dies umfasse einen Bereich von sieben bis acht Metern unter der Oberfläche — zum Teil auch bis zu 20 Metern Tiefe. „Wenn wir über diese Zahlen sprechen, ist es aber wichtig zu erwähnen, dass das Trinkwasser absolut in Ordnung ist“, sagen Gutachter und Verwaltung unisono. Die Versorger würden das Trinkwasser in deutlich tieferen Bereichen gewinnen — zum Teil in 150 Metern Tiefe.

Nach Angaben von Rainer Röder wird der zulässige Nitratwert von 50 mg/l im Trinkwasserbereich in allen Kommunen des Kreises Viersen „deutlich unterschritten“. Die Versorger lägen im Bereich von „unter 1 bis 20“. Nachzulesen ist die Nitratbelastung des Trinkwassers übrigens bei den jeweiligen Versorgern. Die Stadtwerke Kempen geben auf ihrer Homepage einen Wert von 6,06 mg/l an. In Grefrath liegt der Wert nach Angaben der Gemeindewerke bei weniger als 1 mg/l. Im Bereich der Stadtwerke Willich (Willich, Tönisvorst, Meerbusch-Osterath, Krefeld-Holterhöfe) liegt der Wert nach Angaben des Unternehmens bei 23,5 mg/l. NEW Dülken: 22,2 mg/l; NEW Viersen: 27,8 mg/l; NEW Tönisvorst: 22,1 mg/l.

„Wir wollen, dass wir das Wasser auch in Jahrzehnten noch trinken können“, sagt Landrat Coenen. Deshalb sei nun eine Trendumkehr im Bereich landwirtschaftlicher Düngung erforderlich, ergänzt Rainer Röder. „Dabei ist mir wichtig, dass niemand die Landwirte verteufeln will“, so Coenen. Die meisten Unternehmer in der Landwirtschaft hielten sich an Recht und Gesetz. Und es gebe sogar aus der Landwirtschaft heraus den Wunsch, den missbräuchlichen Umgang mit der Gülle zu unterbinden.

Das hatten bereits kürzlich Coenens Parteifreunde in der CDU deutlich gemacht, als die Kreistagsfraktion an Land und Kreis eine Anfrage zum Umgang mit den Gülle-Importen aus den Niederlanden gestellt hatte (die WZ berichtete).

Unterm Strich verspricht sich der Kreis Viersen nun durch die Ergebnisse der Studie mehr Kompetenzen bei den Kontrollen. Die Möglichkeiten, in diesem Bereich einzugreifen, sind nach Angaben des Kreises schlichtweg nicht vorhanden. Und da dies auch anderen kommunalen Behörden so gehe, sei es umso wichtiger auf Landesebene einen Veränderungsprozess anzustoßen, findet der Aachener Gutachter. „Letztlich geht es auch darum, dass die Organe des Kreises Viersen versuchen, politischen Einfluss zu nehmen“, sagt Müller.

Derzeit werden die Landwirte mit Blick auf die Verwendung von Gülle auf freiwilliger Basis kontrolliert. Innerhalb von Wasserschutzzonen bestehen Kooperationen mit den örtlichen Wasserversorgern. Außerhalb dieser Zonen berät und kontrolliert die Landwirtschaftskammer, die aber gleichzeitig auch so etwas wie eine Interessensvertretung der Betriebe ist.

Der Kreis Viersen sieht sich in der Lage, als Kontroll- und Koordinierungsstelle zu fungieren. Nach Angaben von Dezernent Budde ist die untere Umweltschutzbehörde in der Lage, diese Aufgaben zu übernehmen. Budde und Coenen schränken aber ein, dass eine entsprechende Einrichtung des Kreises finanziell und personell ausgestattet werden müsse. Gemeinsam mit dem Land und der Politik im Kreis Viersen will der Landrat nun nach Lösungen zur Realisierung suchen.

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