Ruhe, bitte! Nur noch das Rauschen der Blätter

Grefrath · Der Grefrather Jäger Andreas Camps sprach mit der WZ über die Seelenruhe, wenn er abends oder am frühen Morgen im Wald unterwegs ist. Und über die Bedeutung, ein Jäger zu sein.

 Das sieht doch ganz schön ruhig aus: ein Hochstand, den Grefrather Jäger gerne nutzen.

Das sieht doch ganz schön ruhig aus: ein Hochstand, den Grefrather Jäger gerne nutzen.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Die Stille kommt mit der Dämmerung. In den frühen Abendstunden ist noch richtig was los im Wald. Vogelgezwitscher erfüllt die Luft. „Dann gibt es einen Punkt, wenn die Dämmerung eintritt, da ist es mit einem Mal total ruhig“, sagt Andreas Camps. Dann ist nur noch das Rauschen der Blätter zu hören. Der Grefrather ist Jäger und wenn er abends oder am frühen Morgen im Wald unterwegs ist, genießt er diese Seelenruhe, bei der man den Stress des Alltags hinter sich lassen kann. Wenn er dann auf dem Hochsitz Ausschau hält, sieht er vielleicht mal Fledermäuse oder eine Eule kreisen.

Der Flug der Eulen ist nahezu lautlos. So hat der nachtaktive Vogel einen großen Vorteil bei der Jagd. Diese Fähigkeit hat bereits Wissenschaftler begeistert, die versuchten, anhand des tierischen Vorbildes leisere Flugzeugflügel zu entwickeln. Das Rauschen von Blättern wird mit zehn Dezibel gerne als unterstes Ende auf Schallpegeltabellen angegeben – so leise wie ein Flüstern und kaum zu hören. Der Wald als Symbol für die Ruhe.

Vor mehr als zehn Jahren hat Andreas Camps den Jagdschein gemacht. Viel Wissen über Tiere und Natur musste er sich dafür aneignen. Nicht umsonst würde die Prüfung als „Grünes Abitur“ bezeichnet. Viel gelernt habe er bei dem Grefrather Mario Redelings, der mittlerweile seine eigene Jagdschule in Wachtendonk eröffnet hat.

Bei den Jägern verändert sich zurzeit einiges, stellt Camps fest. Immer mehr Frauen sind dabei. Das ist eine Beobachtung, die auch der Deutsche Jagdverband macht. In den Jagdschulen lag der weibliche Anteil 2018 bei 24 Prozent. Das war ein Fünftel mehr als noch 2011. Auch Landwirte würden sich vermehrt zu Jägern ausbilden lassen, so Camps.

Auch wenn viele Menschen beim Jäger gleich ans Gewehr denken, so sieht Andreas Camps die Hauptaufgabe eher in der Hege und Pflege. Zu fünft betreuen sie ein Jagdrevier von rund 300 Hektar, das sich vom Süden Grefraths an der Niers entlang bis in den Vinkrather Nordosten erstreckt. Dazu müssen die Jäger zunächst viel beobachten. Was macht das Wild? Wie viel ist eigentlich da? Welche Art hat sich vielleicht etwas zu viel vermehrt? Wie kann man den Tieren helfen? Dazu gehört dann, Populationen, die zu sehr zunehmen, durch Abschüsse zu reduzieren. Aber auch, dass in harten Wintern zum Beispiel für Futter gesorgt wird, in trockenen Sommern für Wasser. „Wir sorgen zudem dafür, dass gefährdete Arten wieder Raum bekommen“, sagt Camps. So gilt das Rebhuhn in Deutschland als gefährdet. Dieses benötigte Dornenbüsche, um sich dort vor Füchsen verstecken zu können. Solche Voraussetzungen müssen dann wieder geschaffen werden.

„So etwas geht aber nur gemeinsam“, betont Andreas Camps. So seien viele Jäger gleichzeitig Mitglieder des Naturschutzbundes (Nabu). Und die Zusammenarbeit mit den Landwirten sei sehr gut. Oft würden die Jäger auf Verständnis stoßen, wenn sie die Bauern bitten würden, einen Ackerstreifen als Schutzraum für Tiere zu lassen und nicht zu bewirtschaften. Auch mit dem Niersverband und der Gemeinde würden die Jäger gut zusammenarbeiten. Das Wohl der Natur würde allen gleichermaßen am Herzen liegen, betont Camps. Eine solche Aufgabe, die durchaus auch eine Menge Verantwortung bedeute, zu übernehmen, dafür brauche es Passion, sagt der Jäger. Ihm ist es ein großes Anliegen, dass auch die nächste Generation noch Füchse und Hasen in den Grefrather Wäldern entdecken kann. Aber er macht auch die Erfahrung, dass die Zahl an Insekten und Singvögeln bereits zurückgegangen ist.

Er würde sich manchmal mehr Rücksichtnahme von Spaziergängern und Hundebesitzern wünschen. Die Jäger wüssten genau, wo und wann zum Beispiel gebrütet wird. Wenn Spaziergänger oder Hunde durch den Wald laufen, könnte dies die Tiere stören.

Der gelernte Schreinermeister und Inhaber des gleichnamigen Bestattungshauses in Grefrath war schon immer fasziniert von der Natur. Aber auch seine Ausflüge in die Natur sind für ihn heute sehr lehrreich, wie er sagt. „Alles hat in der Natur seine Ordnung, eine Struktur“, sagt er. Ob es Jungtiere sind, die von den Muttertieren angeleitet werden. Ob Machtkämpfe in Gruppen oder einfach die Entwicklung eines Baumes, der im Wind steht. Das alles könne man entdecken und daraus für das eigene Leben etwas mitnehmen. Wenn man sich die Zeit nimmt, die Ruhe genießt und einfach nur beobachtet, so Andreas Camps.

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