Kempen/Grefrath:Blühstreifen, Bienen und Sorgen ums Ökosystem „Komplette Insektenwelt gefährdet“

Kempen/Grefrath · Grefrather Imker fürchtet ums Ökosystem; Kempens Ortslandwirt verweist auf Blühstreifen.

 So können Blühstreifen mit bunten Sommerblumen aussehen.

So können Blühstreifen mit bunten Sommerblumen aussehen.

Foto: Uwe Zucchi

Die bayerischen Bienen haben es zu bundesweiter Berühmtheit gebracht – durch ein Volksbegehren. Nach Aussage der Initiatoren wünschen sich die Bürger des Freistaats einen „wirksamen Schutz der Artenvielfalt und die Förderung einer naturnahen Landwirtschaft“. Das sei das klare Signal, das vom Ausgang des „Volksbegehrens Artenvielfalt – Rettet die Bienen!“ an die Politik ausgehe. Mit einer Beteiligung von 18,4 Prozent der Wahlberechtigten ist es „das erfolgreichste Volksbegehren der Geschichte in Bayern“.

Zu den Kernforderungen gehört, neben dem massiven Ausbau der ökologischen Landwirtschaft, unter anderem auch die Umwandlung von zehn Prozent des bayerischen Grünlands in Blühwiesen. Die Insekten, so scheint es, haben in Bayern eine starke Lobby gefunden.

Doch auch am Niederrhein haben Menschen die kleinen Krabbler, Flatterer und Summer auf dem Schirm. So wünschen sich die ortsansässigen Imker  um Paul-Heinz Backes, Vorsitzender des Bienenzuchtvereins Oedt und Umgebung, schon lange ein blühendes Grefrath. Daher stellten sie vor dreieinhalb Jahren einen Antrag zum Anlegen von Blühstreifen (Wildblumen und -kräuter) auf kommunalen Grünflächen.

Der Hintergrund: Die Nahrungsgrundlage für Insekten habe sich durch intensive Bewirtschaftung von Ackerflächen immer mehr verschlechtert. Der 69-Jährige, der 25 Bienenvölker sein Eigen nennt, wählt drastische Worte: „Unsere komplette Insektenwelt droht zusammenzubrechen“, mit verheerenden Folgen für das gesamte Ökosystem.

Um den Insekten wieder mehr Nahrung anbieten zu können, könnte es, so der Vorschlag von 2015, zum Beispiel auf Kreisverkehren und Verkehrsinseln, an Straßenrändern und Fahrradwegen, auf ökologischen Ausgleichsflächen und anderen öffentlichen Grünflächen blühen. In Totholz könnten Nistmöglichkeiten entstehen, einheimische Wildblumen, Kräuter, Büsche und Bäume könnten als Nahrungsquellen dienen.

Laut Backes habe man auch einen kleinen Erfolg verzeichnen können. Er spricht von zwei „Referenzprojekten“, und zwar im Schwingbodenpark und gegenüber dem Grefrather Rathaus. Er sieht diverse weitere Möglichkeiten, zum Beispiel auf abgefrästen Randstreifen an der Grasheider Straße in Mülhausen oder an der Mülhausener Straße.

Auch in Kempen gibt es einige Flächen, auf den sich Schmetterlinge und Co. tummeln können und sollen. Der bekannte Umweltschützer Georg Lüdecke aus St. Hubert nennt unter anderem Bereiche an der Kreuzkapelle und an der Margarethe-Kramer-Straße (hinter der JET-Tankstelle).

Projekt: Bürger zahlen für landwirtschaftliche Flächen

Derzeit plane er ein besonderes Projekt, das es bereits in anderen Städte gebe: Bürger sollen 50 Euro für 100 Quadratmeter landwirtschaftliche Fläche spenden, die zum Blühen gebracht werden soll. Einen Spender von 700 Euro hat Lüdecke bereits in St. Tönis gefunden. „Jetzt brauche ich noch einen Landwirt, der die 1400 Quadratmeter zur Verfügung stellt.“ Es sei unrecht, den Landwirten die ganze Last mit Blick auf die Insekten aufzubürden, findet der St. Huberter. „Die Bürger sollen das Portemonnaie aufmachen.“

Und was sagen die Landwirte selbst zu der ganzen Diskussion? Peter-Josef Coenen, Chef der Kempener Ortsbauernschaft, betont, dass man in den vergangenen Jahren bereits Blühstreifen angelegt habe. Und zwar sowohl gänzlich freiwillig als auch im Rahmen des sogenannten „Greening“, um EU-Förderungen zu erhalten. „Grundsätzlich stehen wir dem Thema offen gegenüber.“ Mit Blick auf die Ereignisse in Bayern hält er es aber „nicht unbedingt für erforderlich, dass es immer mehr ausgeweitet wird. Wir brauchen auch noch Flächen für den konventionellen Anbau.“

In diesem Zusammenhang verweist Coenen auch auf die Möglichkeiten für Städter, etwas zu tun bzw. zu lassen – Stichwort Steingärten. Diese bezeichnet mancher Naturschützer gar als „Gärten des Grauens“ oder „Steinwüsten“.

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