Grefrath: Delikatessen am Wegesrand

Die Düsseldorfer Kräuter-Pädagogin Celia Nentwig zeigt rund um die Dorenburg, dass auch ungeliebte Gewächse Vorteile haben.

Grefrath. Plötzlich erblickt Celia Nentwig weiße Taubnesseln am Wegesrand. Sie kniet sich nieder, zupft einen weißen Blütenkelch ab und saugt daran. "Da waren die Bienen wohl schneller, die sind nicht mehr süß." Die Düsseldorferin ist staatlich zertifizierte Kräuter-Pädagogin und bietet "Reisen in die Sinneswelt der Un-Kräuter" an.

Auf solch eine Reise nimmt sie Teilnehmer der Kräuter-Wanderung des Dorenburg-Museums mit: Im Wald rund um das Freilichtmuseum sind sie mit Celia Nentwig auf Entdeckungstour nach Kräutern, die man vielleicht übersieht. Oder sogar als Unkraut entfernt.

"Unkräuter sind überall, meistens übersehen wir sie einfach", sagt Nentwig. "Aber viele dieser Unkräuter sind essbar, andere kennen wir als alte Heilpflanzen oder sie erfüllen ihren Zweck auf pflegende Art und Weise." Durch Sehen, Fühlen, Schmecken und Riechen will die 44-Jährige den Teilnehmern beibringen, diese Pflanzen zu erkennen.

Anita Ficht, die einen großen Kräutergarten in Voesch hat, sieht den Rundgang mit Nentwig als Weiterbildungsmaßnahme: "Man lernt ja nie aus." Für Ficht sind Wildkräuter "die Apotheke des armen Mannes". "Man versucht sie zu vernichten, aber sie kommen immer wieder. Deswegen sollte man mal nachdenken und in Büchern über ihre Wirkung nachschlagen", findet die ehemalige Friseurin.

Am Beginn der Grefrather Kräuter-Exkursion steht der Klassiker Löwenzahn. "Die jungen Blätter sind köstlich im Salat", erklärt Celia Nentwig. Jedoch sollte nur ein Viertel des Salats aus den Wildkräutern bestehen, denn die Bitterstoffe des Löwenzahns sind in großen Mengen nicht gut für die Verdauung. "Da muss sich der menschliche Körper erstmal dran gewöhnen." Wird die gelbe Pflanze aber gekocht, kann der Anteil der Wildkräuter größer ausfallen, denn beim Kochen schwächt die Wirkung der Bitterstoffe ab.

Anita Ficht dagegen liebt es, Honig mit Löwenzahn zu verfeinern. Zudem stellt sie einen Frühlingsdrink mit Buttermilch, Gelee oder Sirup aus dem Gewächs her.

Die Oedterin Maria Hinse erinnert sich noch an den Kaffee-Ersatz Muckefuck, den man nach dem Krieg aus getrocknetem Löwenzahn herstellte. Dazu wurden die Wurzeln getrocknet, geröstet und danach wie Kaffeebohnen gemahlen. "Man hat dann wirklich den typischen Kaffeegeschmack, durch das Rösten wird der getrocknete Löwenzahn sogar noch etwas karamellisiert", schwärmt Nentwig.

Wer es dagegen gerne hochprozentig mag: "Ich gebe die Löwenzahnwurzeln auch manchmal in Kandis und Korn und erhalte einen wunderbaren Löwenzahn-Magenbitter", fügt Nentwig hinzu. Schier unendliche Möglichkeiten mit dem scheinbaren Unkraut...

Weiter am Wegesrand entlang: Dort wächst eine Pflanze, die der Brennnessel sehr ähnelt. "Das ist Giersch", erklärt Celia Nentwig. Da muss Yvette Pott aus Oedt lachen: "So heißt das also. Bei mir hieß das sonst immer Unkraut." Das nach jungem Möhrengrün riechende Gewächs ist jedoch bei weitem kein Unkraut.

Die Kräuter-Pädagogin berichtet, dass sie Giersch gerne pflückt, um es nach dem Blanchieren zusammen mit Natron, Knoblauch und frischem Ingwer in der Pfanne zu braten und als Gemüse zu servieren. Eine Idee, die die Teilnehmer der Exkursion unbedingt ausprobieren wollen.

Für Naschkatzen hat Celia Nentwig eine Alternative - den Gundermann. Die Blätter des als Unterbepflanzung weit verbreiteten Wuchs bestreicht Nentwig von beiden Seiten mit dunkler Schokolade: "Das ist für mich wie ein wildes After-Eight." Nach all dem Probieren am Wegesrand hat Celia Nentwigs Mann für die Teilnehmer in der Dorenburg noch Kostproben vorbereitet: Löwenzahn-Tapenade, Waldmeister-Limo und Holunderbeer-Sirup: Köstlichkeiten der Natur.

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