Debatte Grefrather Kandidaten stehen Rede und Antwort

Grefrath. · In der Albert-Mooren-Halle stellten sich die drei Bürgermeisterkandidaten den Fragen von Bürgern und WZ-Redaktionsleiter Tobias Klingen.

 WZ-Redaktionsleiter Tobias Klingen (2. v. r) moderierte die Podiumsdiskussion mit den Bürgermeister-Kandidaten Roland Angenvoort, Jens Ernesti und Stefan Schumeckers.

WZ-Redaktionsleiter Tobias Klingen (2. v. r) moderierte die Podiumsdiskussion mit den Bürgermeister-Kandidaten Roland Angenvoort, Jens Ernesti und Stefan Schumeckers.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Das Interesse war groß an der Podiumsdiskussion der Bürgermeisterkandidaten, zu der die Kolpingsfamilien Grefrath und Oedt sowie „Grefrath InTakt“ eingeladen hatten. Helmut Thönes, Geschäftsführer von Grefrath InTakt, begrüßte dazu 165 Bürger am Freitagabend in der Albert-Mooren-Halle. Viele Vertreter von Parteien und Wählergemeinschaft waren gekommen. So war es nicht überraschend, als bei Thönes‘ Frage, wer schon genau wisse, welchem Kandidaten er seine Stimme gebe, rund zwei Drittel der Anwesenden aufzeigten. Aber immerhin rund ein Drittel war offenbar noch unentschlossen. WZ-Redaktionsleiter Tobias Klingen moderierte die Diskussion mit den Kandidaten Roland Angenvoort, der für die SPD antritt, Jens Ernesti, Mitglied der Grünen und als unabhängiger Kandidat im Rennen, sowie Stefan Schumeckers, der von der CDU aufgestellt wurde.

Beim Schwerpunktthema „Schulen und Kitas“ sehen alle drei Kandidaten die Schulen ganz gut aufgestellt. Roland Angenvoort war nach Protesten gegen einen Kita-Neubau auf dem Bolzplatz in Oedt mit Anwohnern ins Gespräch gekommen. Nun machte er deutlich, dass er zum Standort stehe, man aber einen neuen Standort für den Bolzplatz finden müsse. Die Sekundarschule, so Angenvoort, sei besser als ihr Ruf. Es sei schade, dass man in diesem Jahr um Anmeldungen habe kämpfen müsse. Er lobte die Schulleiter in der Gemeinde, die gemeinsam stets gute Lösungen finden würden.

Jens Ernesti wünscht sich eine Bildungslandschaft, in der Vereine und Naturräume mehr einbezogen werden. Für die Neunutzung der Fläche des alten Lehrschwimmbeckens am Grefrather Hallenbad – dort wird an der anderen Seite ein Neubau realisiert – will er mit den Schulen ins Gespräch kommen. „Betroffene zu Beteiligten machen“ ist eine seine Forderungen, die er auch zu anderen Themen ins Spiel brachte.

Stefan Schumeckers hätte sich beim geplanten Kita-Neubau in Oedt ein Gesamtkonzept gewünscht, in das das ehemalige Lehrschwimmbecken, die alte Turnhalle und die Heizanlage hätten einbezogen werden müssen. Mit Blockheizkraftwerken fahre man an anderen Stellen schon gut. Für die Schulen sieht Schumeckers die Möglichkeit, diese im Bestand für die Zukunft fit zu machen.

In Sachen Ortskern-Entwicklung waren sich alle Kandidaten einig, dass man die Bürger dazu beteiligen müsse. Man müsse fragen, was einen attraktiven Ortskern ausmache, so Ernesti. Stefan Schumeckers warb für kreatives Marketing. Warum nicht mal einen Leerstand wie Christo „einpacken“ und so öffentlichkeitswirksam darauf aufmerksam machen? Angenvoort will vor allem die guten Ideen der Einzelhändler stärker in den Vordergrund rücken. In Sachen Integriertes Städtebauliches Entwicklungs Konzept (ISEK) für Oedt betonte Angenvoort, dass man aufgrund von Corona „mit Augenmaß“ an die Ausgaben rangehen müsse. Was Schumeckers verwunderte, schließlich bekomme die Gemeinde nur Fördermittel, wenn sie auch ihren Anteil leiste. „Wir müssen die Maßnahmen priorisieren“, konkretisierte Angenvoort. Ernesti spielte an dieser Stelle gekonnt sein Wissen als Wirtschaftsförderer aus und weckte die verloren geglaubte Hoffnung, dass Tempo 30 am Markt in Oedt machbar sei.

Sein Hintergrundwissen konnte Ernesti auch beim Thema Brachflächen, wie der Johnson-Fläche an der Mülhausener Straße, dem Nato-Gelände in Vinkrath und dem Girmes-Areal in Oedt, nutzen. Mit dem Eigentümer des Nato-Geländes sei man mit Blick auf die Landesgartenschau 2026 in Kontakt. Die ersten Gespräche seien positiv verlaufen. Auf der Johnson-Fläche tue sich was, stellte Ernesti in Aussicht ohne konkret zu werden. Aber Wohnbebauung sei dort wegen der Nähe zu produzierendem Gewerbe nicht möglich, entgegnete der Wirtschaftsförderer auf die entsprechende Idee von Schumeckers. Mit der Girmes Vermarktungs- und Entwicklungs-GmbH (GVE) habe man über eine „großzügige Einbindung ins ISEK“ gesprochen. „Aber wir treffen da nicht die Entscheidungen“, so Ernesti.

Angenvoort warb für ein Flächenkataster. Die Gemeinde müsse kaufen was sie könnne und Flächen entwickeln, um zu verhindern, dass Firmen aus Platzmangel die Gemeinde verlassen. Schumeckers warb dafür, Investoren privater Flächen an die Hand zu nehmen. Genehmigungsverfahren liegen beim Kreis. Da habe er gute Kontakte.

Beim Thema Bauen und Wohnen machte Stefan Schumeckers deutlich, dass er die steigenden Baukosten als Problem sehe. Bezahlbares Wohnen werde so immer schwieriger. Daher wirbt er für neue Systeme, wie Modulbauweise. Da gebe es tolle Ideen. „Viele große Städte machen es vor“, so Schumeckers. Das Problem: Dafür brauche die Gemeinde freie Flächen. Und die sind schwer zu bekommen. Das unterstrichen auch Angenvoort und Ernesti. „Die Flächenfrage ist eine Frage der Zukunft“, betonte Jens Ernesti mehrfach. Angenvoort zeigte sich enttäuscht, dass sich die CDU im Neubaugebiet auf der Friedhofserweiterungsfläche nur für Einfamilien-Häuser entschieden habe. Man brauche mehr Mietwohnungen, so Angenvoort.

Am Schluss hatte jeder Kandidat eine Minute Zeit, die Zuschauer von sich zu überzeugen. Den Anfang machte Roland Angenvoort. Er betonte, dass er gerne mit Menschen arbeite, gerne Menschen führe und gut verhandeln könne. „Ich tue die Dinge die ich tue aus Überzeugung. Ich möchte gerne als Ihr Bürgermeister gestalten und nicht mehr als Politiker. Das ist mein Ziel.“ Für ihn stehe fest: Wenn es für den ersten Bürgermeister nicht reiche, werde er nicht länger stellvertretender Bürgermeister bleiben.

Jens Ernesti machte in seinem Abschlussstatement auf die Themen aufmerksam, die an diesem Abend seiner Meinung nach zu kurz gekommen waren: den demografischen Wandel, die überalterte Gemeinde Grefrath, zukunftsfähige medizinische Versorgung, selbstbestimmtes Leben im Alter, Digitalisierung, die man als Jahrhundertchance nutzen müsse, sowie den Klimawandel. Seine Bühnenerfahrung, die er früher als Rapper Nesti gesammelt hatte, konnte er an dieser Stelle nicht verleugnen und so die zuvor viel beschworenen Emotionen wecken, die er sich für verschiedene Themen in der Gemeinde wünscht. „Ich möchte Verantwortung übernehmen und mich einsetzen für Sie und gemeinsam mit Ihnen unsere Gemeinde gestalten. Ich bitte um Ihr Vertrauen und Ihre Stimme“, warb er.

Stefan Schumeckers nutzte zum Abschluss die Gelegenheit, um auf ein Internet-Video der Wählergemeinschaft GOVM einzugehen, ohne diese direkt zu nennen. Darin schreibt GOVM in Anspielung auf den Feuerwehrmann Schumeckers: „Wenn es brennt, rufen wir die Feuerwehr. Aber wenn wir einen Bürgermeister brauchen, dann sollte der sich in der Verwaltung auskennen.“ GOVM unterstützt damit Jens Ernesti, der seit drei Jahren Wirtschaftsförderer in der Gemeinde Grefrath ist. Für Schumeckers geht diese Kritik nach hinten los, wie er andeutete, denn Verwaltungserfahrung bringe er mit. Er sei nicht nur Feuerwehrmann, sondern auch Ingenieur, habe eine Verwaltungsausbildung, führe 125 Mitarbeiter in der Verwaltung, und habe ein Büro, das auch Kommunen berät. Und: „Mein Herz schlägt für Grefrath.“ Er wolle Fürsorge und Ideen für Grefrath einbringen und parteiübergreifend agieren.

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