Grefrath: 192 Mitarbeiter zittern bei Johnson Controls

Am Donnerstag entscheidet sich, ob die Entwicklungsabteilung schließt. Der Betriebsrat erstellt ein Rettungspapier.

Grefrath. Betriebsrats-Vorsitzender Werner Langeleh und seine Kollegen verstehen die (Arbeits-)Welt nicht mehr. Das Geschäftsjahr 2008 war das beste in der Firmengeschichte mit dem größten Gewinn. Trotz der Krise der Auto-Industrie sind die 19 Abteilungen zu über 80 Prozent ausgelastet.

Die Arbeitszeit-Konten von 150 Mitarbeitern sind dermaßen prall gefüllt, dass vergangenes Jahr 4000 Überstunden verfallen sind - ohne Ausgleich.

Trotzdem will die Geschäftsleitung von Johnson Controls Interiors in Grefrath die Entwicklungsabteilung für die neun Werke des Unternehmens in Deutschland schließen.

Ab 10Uhr tagt am Donnerstag der Aufsichtsrat des Automobil-Zulieferers in seinem Wuppertaler Werk. Die Zukunft von 192 Mitarbeiter in Grefrath steht auf dem Spiel.

Dabei werden sich zwei völlig unterschiedliche Positionen gegenüber stehen: Auf der einen Seite die Geschäftsführung, die im Oktober 2008 verkündet hat, Ende April 2009 das Entwicklungszentrum zu schließen. So sollen 15 Millionen Euro Personal- und eine Million Gebäudekosten eingespart werden.

Auf der anderen Seite der Betriebsrat, der in einem 107-Seiten-Papier Einsparungen in Millionen-Höhe vorschlägt- ohne Stellen abzubauen.

Johnson gehört zu den Großen bei der Herstellung von Auto-Innenausstattung. Egal ob China, Japan, Korea, USA, Europa: Bei größeren Auto-Herstellern ist die Firma im Geschäft.

"80 Prozent der Projektleitung werden in Grefrath gemacht", sagt Christoph Lenssen, externer Berater des Betriebsrates.

Genauso verhält es sich mit den Produkten, die in den neun deutschen Standorten hergestellt werden- sie stammen alle aus der Grefrather Ideen-Schmiede. "Die Firma kann eigentlich nicht auf diese 192 Leute verzichten", so Betriebsrat Langeleh.

Dass die Geschäftsführung die Ideen-Schmiede schließen will, ist für den Betriebsrat nicht nachvollziehbar.

"Wir können uns das nur so erklären, dass der Arbeitgeber den Betrieb schließen will, um dann mit Rosinenpickerei einzelne wieder einzustellen. Oder ein Entwicklungszentrum in Osteuropa aufzubauen."

Dabei hat Johnson gerade mit dieser Art von Verlagerung in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht. So musste die Produktion von Teilen für Audi wieder zurückgeholt werden, weil der qualitätsbewusste Auto-Hersteller mit dem Gelieferten aus dem Osten nicht zufrieden war...

Mehr als 50 Ideen hat der Betriebsrat mit Hilfe externer Experten zusammengetragen, damit Johnson Millionen Euro sparen kann. So wurde eine Anhebung der Arbeitszeit von 38 auf 40 Wochenstunden angeboten- ohne Lohnausgleich.

Oder zwecks besserer Auslastung den Betrieb im Airbag-Center auf zwei oder drei Schichten hochzufahren, statt Arbeit an den Tüv auszulagern. Oder zehn Prozent des Gehalts für eine gewisse Zeit zu stunden.

"Nicht zu vergessen die diversen Möglichkeiten, die sich durch Kurzarbeit für bis zu 18 Monate ergeben", sagt Langelehs Stellvertreter Theo Abels.

Überhaupt vermisse man die Bereitschaft, über Kostenreduzierungs-Programme zu reden, die an anderen Standorten längst laufen. "Die Geschäftsführung zerredete bei der Risiko-Analyse nur unsere Argumente. Aber es gab keine Signale, Konzepte zu entwerfen. Es gab gar nichts", so der Betriebsrat.

Vor allem keine Antworten auf all die Fragen, weshalb der neunköpfige Betriebsrat derzeit die (Arbeits)-Welt nicht mehr versteht...

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