Oedter Geschichte (7) Mülhausen: Als der Lehrer noch in der Werkstatt unterrichtete

Oedt. · Die Mülhausener Geschichte ist untrennbar mit der von Oedt verbunden.

 Die alte Dorfstraße, heute Hauptstraße, um das Jahr 1930.

Die alte Dorfstraße, heute Hauptstraße, um das Jahr 1930.

Foto: ka

Die Ortsgeschichte von Oedt umfasst immer auch den Ortsteil Mülhausen. Die beiden heutigen Ortsteile von Grefrath bildeten über Jahrhunderte das Amt Oedt. Als 1815 das zuvor von Frankreich annektierte Rheinland der preußischen Krone unterstellt wurde, bildete Oedt mit den Ortsteilen Mülhausen im Norden und Hagen im Süden die Gemeinde Oedt, bis Hagen 1970 zu Süchteln kam.

Mülhausen lässt sich wohl auf das Hofgut Mula zurückführen, das in fränkischer Zeit ab dem fünften Jahrhundert im Mühlgau lag. Im Jahre 1237 wird hier eine Mühle erwähnt, die zu Kurköln gehörte und deshalb Kurkölnische Mühle genannt wird. Um diese Mühle, die noch bis ins 20. Jahrhundert betrieben wurde und wohl der Namensgeber für Mülhausen ist (bis 1900 auch „Mühlhausen“ geschrieben), entwickelte sich die über Jahrhunderte durch die Landwirtschaft geprägte Ansiedlung.

Funde aus der Stein- und Eisenzeit wie auch aus der Zeit der Römer und Franken deuten auf eine frühe Besiedlung hin.

Eine erste Kapelle, die wie die in Oedt nach dem Heiligen Vitus benannt war, wird im 17. Jahrhundert erwähnt. Die zuständige Pfarrkirche für die Mülhausener Katholiken war St. Vitus in Oedt. Die an der Dorfstraße (heute Hauptstraße) gelegene Mülhausener Kapelle hatte so lange Bestand, bis 1900 die heutige Heinrichskirche gebaut wurde. Die neugotische Kirche erhielt erst 1953 einen Kirchturm, der sechs Glocken trägt. Im selben Jahr wurde St. Heinrich eine selbständige Pfarre.

Der erste Mülhausener Schulmeister wird 1660 erwähnt. Er unterrichtete die Kinder noch in seiner eigenen Weberwerkstatt, denn ein Schulhaus gab es noch nicht. Dieses wurde neben der Kapelle erst im 18. Jahrhundert gebaut. Die nachfolgend errichteten Schulgebäude nahe der Kirche sind noch heute erhalten.

Ein weiteres Kloster existiert im äußersten Norden von Mülhausen

 So präsentierte sich um das Jahr 1900 der heute fast vergessene Bahnhaltepunkt in Mülhausen.

So präsentierte sich um das Jahr 1900 der heute fast vergessene Bahnhaltepunkt in Mülhausen.

Foto: ka

Die Vitus-Schützenbruderschaft in Mülhausen geht auf das Jahr 1664 zurück. Nördlich der Mühle wird 1717 der Drinkhof errichtet, ein beliebter Landgasthof an der Niers mit eigener Brauerei, in dem 1885 auch Johannes Brahms einkehrte. Hier lag die einzige Überfahrstelle mit einem Nachen an das gegenüberliegende Ufer nach Grefrath. Eine Brücke wurde in der sumpfigen Landschaft erst im 18. Jahrhundert gebaut.

Im Jahre 1887 kamen die Schwestern „Unserer Lieben Frau“ nach Mülhausen, um hier ein Kloster und eine Schule mit einem Internat zu gründen. Sie kauften die Villa Bongartz, den Drinkhof und später auch die Mühle, um nach dem preußischen Kulturkampf, durch den den Schwestern das Arbeiten an einer Schule verboten wurde, hier ein Kloster und eine Mädchenschule zu errichten. Das war auch der Grund, 1895 in Mülhausen den Eisenbahn-Haltepunkt „Mülhausen-Oedt“ an der Strecke Krefeld - Kaldenkirchen zu eröffnen.

Ein weiteres Kloster existiert im äußersten Norden von Mülhausen. Die Abtei Mariendonk und das umliegende Land um den 1959 abgerissenen Berghof geht auf eine Schenkung der letzten Besitzerin der Neersdommer Mühle, Johanna Stieger, zurück. Der Klosterbau im Niederfeld wurde im Oktober 1900 bezugsfertig. Früher versorgten sich die Benediktinerinnen durch ihre Landwirtschaft und die Hostienbäckerei selbst. Heute leben sie von den Einnahmen des Hostienverkaufes, der Paramentenweberei und -stickerei, dem Verkauf von selbst gestalteten Kerzen sowie von der Durchführung von Exerzitien und Seminaren.

Die Niers in Mülhausen fließt durch ein Naturschutzgebiet

Mülhausen und die Grasheide sind mit einer zwei Kilometer langen Lindenallee verbunden, die auf einer Sandbank des Altrheines liegt, der vor der letzten Eiszeit hier floss. Beiderseits der Allee sind dreizehn Höfe angesiedelt. Diese Bauernzeilen sind eine landestypische Siedlungsform für den Niederrhein und werden als prägender Bestandteil der Kulturlandschaft gewertet. Die ältesten Höfe sind Aldenhoven, ein ehemals wasserumwehrtes freies Rittergut und der Lepershof, beide aus dem 16. Jahrhundert. Zwischen Niers und Schleck liegt die Neersdommer Mühle, die schon 1354 im Besitz des Herzogs von Geldern war, der sie 1522 an den Kölner Erzbischof verkaufte.

Die Niers in Mülhausen fließt durch ein im Jahre 1989 eingerichtetes Naturschutzgebiet mit Feuchtwiesen, Mooren und Weihern. Das Gebiet ist sehr artenreich, zum Beispiel leben hier Tiere wie die Zwergfledermaus, der Steinkauz, der Baumfalke und der Kleinspecht, die alle zu den gefährdeten Arten gehören.

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