Für 22 Monate ins Gefängnis

Ein junger Mann aus Kaldenkirchen gesteht, am Einbruch in die Realschule beteiligt zu sein. Vom Amtsgericht Krefeld wird er auch wegen räuberischer Erpressung verurteilt.

Kaldenkirchen/Krefeld. Sieht so ein Verbrecher aus? Wolfgang R. (Name geändert) aus Kaldenkirchen wirkt eher wie der nette junge Mann von nebenan. Groß und schlank, farbenfroh gestreiftes Poloshirt, trauriger Blick, modische Glatze. Und doch wird er zweier schwerer Verbrechen angeklagt: Raub und Erpressung.Der 26-Jährige sitzt bei der Hauptverhandlung auf der Anklagebank des Krefelder Amtsgerichts, hier ein gequältes Lächeln, da ein ungläubiges Kopfschütteln.

"Ich war das nicht, das muss eine Verwechslung sein", sagt er. Für ihn geht es um alles oder nichts, ist er doch mehrfach vorbestraft. Schon als Jugendlicher geriet er immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt: Drogen, Waffen, Gewalt. Seit dem Frühjahr 2008 sitzt er in Haft.

Die aktuelle Anklage: Mit einem Komplizen soll Wolfgang R. im Februar in die Realschule Kaldenkirchen eingebrochen sein: Tür aufgehebelt, Computer und Musikinstrumente geklaut. Der Komplize, wegen des Einbruchs bereits verurteilt, wird aus der Haft als Zeuge vorgeführt, beschuldigt Wolfgang R.: "Er war dabei."

Der Angeklagte streitet es ab: "Der will mir eins auswischen, weil er noch Geld von mir kriegt." Vorher schon, im Januar, soll R. einen 19-Jährigen aus Kaldenkirchen in Lobberich mit einem Klappmesser bedroht haben, um ihm ein Elektrogerät, einen i-Pod, abzunehmen. "Der hat zu mir gesagt: Du hast da was, das mir gehört", berichtet der Überfallene. Er konnte damals fliehen, erstattete Anzeige, benannte Zeugen.

Die Polizei nahm Volker als Verdächtigen fest, der Staatsanwalt wirft ihm "schwere räuberische Erpressung" vor. Kommentar des Angeklagten: "Nein, ich soll hier in die Pfanne gehauen werden." Wer sagt die Wahrheit? Richterin, Staatsanwalt, Verteidigerin haken bei den Zeugen nach: Können sie sich nach rund zehn Monaten noch an Einzelheiten erinnern? Hat die Polizei voreilig Wolfgang R. als Verdächtigen ins Spiel gebracht? Ist ein jugendlicher Zeuge, der sich in Widersprüche verwickelt, eingeschüchtert?

Der Angeklagte wird nervös, schlägt die Hände vors Gesicht, lehnt sich dann rückwärts an die Wand, murmelt vor sich hin. Und lenkt schließlich ein, gesteht den Einbruch in die Realschule.

Den i-Pod-Überfall indes leugnet er weiter. Was ihm nichts nützt: Das Gericht glaubt dem Hauptbelastungszeugen. Das Urteil nach über drei Stunden Verhandlung: Ein Jahr und zehn Monate Haft ohne Bewährung. Und der Kaldenkirchener Wolfgang R., der gar nicht wie ein Verbrecher aussieht, wird von den Justizvollzugsbeamten abgeführt.

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