Corona-Krise Friseursalons wieder offen: So lief Tag 1 am Niederrhein

Kempen/St. Tönis. · Waschen, schneiden, legen – und das mit Mundschutz. Für Friseure geht es „Schnitt für Schnitt“ zurück in Richtung Normalität - wie der Neustart am Niederrhein lief, hat sich unsere Autorin in Kempen und St. Tönis angesehen.

 Waschen, schneiden und legen – und das mit Mundschutz. Wenn Torsten Lüppertz mit der Schere rund ums Ohr schneiden muss, müssen die Kunden die Maske kurz festhalten.

Waschen, schneiden und legen – und das mit Mundschutz. Wenn Torsten Lüppertz mit der Schere rund ums Ohr schneiden muss, müssen die Kunden die Maske kurz festhalten.

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Schritt für Schritt geht es nach dem Corona-Shutdown zurück in Richtung Normalität. Oder besser: Schnitt für Schnitt. Denn am Montag durften die Friseure unter strengen Hygiene- und Sicherheitsauflagen erstmal ihre Salons wieder öffnen und so manchem zerzausten Herrn und so mancher entblondeten Dame entfuhr ein: „Endlich!“

Vor einigen Friseursalons in der Altstadt, die sonst ohne Termin arbeiten, bildeten sich am ersten Tag der Wiedereröffnung schon kleine Trauben von Menschen. Denn warten darf man im Salon nicht mehr, sondern muss vor der Tür stehen, bis der nächste Platz frei wird. Daher empfiehlt der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerkes zurzeit auch so genannten „Walk-in-Friseuren“ mit Terminvergabe zu arbeiten.

Hohe Vorgaben
für die Sicherheit

Da zurzeit im Salon eh keiner warten kann, hat das Coiffeur Team Lüppertz an der Umstraße bereits die Wartesessel mit rot-weißem Flatterband abgesperrt. Jeder zweite Friseurstuhl – so viele dürfen dort unter Einhaltung der Abstandsregeln genutzt werden – ist an diesem Montagmorgen besetzt. Das Telefon steht nicht still. Die Nachfrage ist riesig. Daher muss man schon viel Glück haben, um in dieser oder der nächsten Woche noch einen Termin zu ergattern.

Alles läuft ganz entspannt an diesem Morgen, sagt Torsten Lüppertz. Acht Kunden können unter den aktuellen Vorgaben gleichzeitig bedient werden. Die, die einen Termin bekommen haben, freuen sich. Lüppertz kommt sich allerdings schon ein wenig vor wie in einer Arztpraxis. Die Vorgaben sind hoch. Alle Kunden müssen mit Uhrzeit von Beginn und Ende der Friseurdienstleistung erfasst werden. Und sie müssen versichern, dass sie keine Covid-19-typischen Symptome haben oder unter Quarantäne stehen. Lüppertz und seine Mitarbeiter tragen Mund-Nasen-Schutz. Ebenso die Kunden. Wenn es notwendig ist, nehmen die Kunden die Schlaufen kurzzeitig vom Ohr und halten den Mundschutz kurz fest, damit er nicht abfällt. Desinfektionsmittel steht bereit.

„Gesichtsnahe Dienstleistungen“ wie Augenbrauen- und Wimpernfärben, Rasieren und Bartpflege sind zurzeit nicht gestattet. Haare waschen ist für alle Kunden Pflicht, damit mögliche Viren in den Haaren abgetötet werden.

Belastung durch
Mundschutzmasken

Auch Friseurmeister Hartmut Höninger und sein Team hat im Salon an der Orsaystraße in Kempen an diesem Morgen alle Hände voll zu tun. Die erste Woche nach dem Neustart ist schon voll ausgebucht. In den vergangenen Wochen haben die Menschen per E-Mail und WhatsApp ihre Termine gebucht. Mit dem Planen der Termine, mit dem Auseinandersetzen mit Hilfsmaßnahmen und Kurzarbeit hatte Höninger in den vergangenen Wochen allerhand zu tun. „Urlaub“ war diese Zeit wahrlich nicht. Und bis zuletzt sorgten unterschiedliche Angaben zu den Hygieneverordnungen für Unsicherheit. Vor dem Neustart war er ordentlich nervös. Die Auflagen sind hoch. Auch die Belastung der Mitarbeiter durch das ständige Arbeiten mit Mundschutz sei nicht zu unterschätzen. Da müsse man öfter mal an die frische Luft. Dazu kommt eine Auslastung von 100 Prozent am ersten Tag. Rund 70 Kunden werden an diesem Montag bedient.

Aber der Start ist geglückt und am Montag überwiegt dann gegen Mittag doch der Spaß am Beruf und am harmonischen Miteinander mit den Kunden, die froh sind, wieder eine Frisur zu bekommen, die den Namen auch verdient. Für Höninger zeigen die Reaktionen der Kunden klar, welch wichtige Funktion Friseure haben. Der soziale Kontakt und auch die Gewissheit danach gut auszusehen, sind vielen Menschen wichtig.

Hartmut Höninger bedauert das Fehlen der vielen Kleinigkeiten, die sonst den Friseurbesuch angenehm machen. Getränke und Zeitschriften darf er zurzeit aus Hygienegründen nicht ausgeben.

Kunden akzeptieren
gestiegene Preise

Mit viel Freude begrüßte Petra Gahlen am Montag in ihrem Salon „Haarträume“ an der Vorster Straße in St. Tönis ihre Kunden. Ein selbst gedichtetes Corona-Lied auf den Lippen ließ dann alle Mühe, die die gestiegenen Auflagen mit sich bringen, vergessen.

Hygiene, sagt die Inhaberin, sei schon immer bei Friseuren ein wichtiges Thema. Und dank der Unterstützung von Firmen, mit denen sie zusammenarbeitet, sei die Ausstattung mit Masken, Einwegumhang und Co. auch kein Problem. Zusätzliche Arbeit bereitet es trotzdem. So muss Petra Gahlen für sich und ihre Mitarbeiterin Zeit zwischen den Terminen einplanen, um den Stuhl zu desinfizieren. Aber immerhin 20 Kunden konnte sie am Montag schon bedienen. Waschen, schneiden, färben – auch bei ihr war alles gefragt. „Ich habe heute Wolle ohne Ende von den Köpfen geholt“, lacht sie am Nachmittag.

In vielen Salons sind die Preise gestiegen. Das sehen die Kunden aber entspannt, sagen die Friseure. Petra Gahlen ist vorsichtig herangegangen und schlägt nur einen Euro auf, solange die Maßnahmen eingehalten werden müssen. Die Kunden hätten dafür sofort Verständnis gezeigt.

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