Freiwillige können die Zivi-Lücken nicht schließen

In Kempen, Grefrath und Nettetal wird der Verlust der Zivis noch nicht kompensiert.

Kempen/Grefrath/Nettetal. „Bufdi“ — ein Wort, das seit einigen Monaten den deutschen Abkürzungs-Dschungel bereichert. Die Bufdis (Bundesfreiwilligendienstler) ersetzen die Zivilidienstleistenden, die den Einrichtungen seit Abschaffung der Wehrpflicht fehlen. Seit Anfang des Jahres gibt es keine Zivis mehr.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) zog kürzlich eine positive Bilanz: 26 000 Bufdis hätten sich seit der Einführung des Dienstes am 1. Juli 2011 gemeldet. 35 000 Stellen seien insgesamt zu vergeben. Einige Einrichtungen in der Region haben allerdings nach dem Übergang zum Bundesfreiwilligendienst mit personellen Engpässen zu kämpfen.

Besonders hart trifft es das Hospital zum Heiligen Geist in Kempen. 24 Zivis haben seit dem 1. Juli das Haus verlassen. Es folgte kein einziger Bufdi. „Das versuchen wir jetzt mit geringfügig Beschäftigten und Ein-Euro-Kräften zu kompensieren. Sie übernehmen unter anderem Krankentransporte“, sagt der kommissarische Geschäftsführer Ralf Barian. „Wenn man die Arbeitsstunden in der Woche vergleicht, kommen vier geringfügig Beschäftigte auf einen Zivi.“

Irmgard Heise vom Malteserhilfsdienst (MHD) in Kempen ist sich sicher, worin das Problem besteht: „Viele wollen erst abwarten, ob es nicht doch klappt mit dem Studium oder einem Ausbildungsplatz und verpassen die Bewerbungsfristen. Angehende Zivis hatten diese Alternative ja nicht.“ Der MHD hatte im vergangenen Jahr 18 Zivildienstleistende, jetzt sind es vier Bufdis. Verstärkt werden diese von sechs Frauen und Männern, die ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) ableisten. „Auch bei uns gleichen geringfügig Beschäftigte die Arbeitsausfälle aus“, so Heise.

Der Malteserhilfsdienst in Nettetal hat vergleichbare Zahlen. Dort arbeiten zurzeit sieben Freiwillige (darunter vier Bufdis). 15 Zivis waren vorher zuständig für Behindertenfahrdienste und Essenslieferungen.

„Mir war klar, dass der wegfallende Zivildienst bei uns Lücken hinterlassen würde. Wir bekamen jedoch keine einzige Anfrage von Bufdis — das hat mich schon überrascht“, sagt Bernd Spangenberg, Leiter des evangelischen Altenzentrums in Oedt. Bisher hatte die Einrichtung vier bis sechs Zivis. Jetzt seien es vier FSJler, die ausschließlich im sozialen Bereich arbeiten und die Anwohner betreuen. „Die Zivis fehlen uns aber zum Beispiel in der Haustechnik“, so Spangenberg.

Das Städtische Krankenhaus in Lobberich hatte vergangenes Jahr sieben Zivis. Einen Bundesfreiwilligendienst leistet auch dort derzeit keiner. Trotzdem komme die Einrichtung mit dem Verlust gut zurecht. „Wir haben Arbeit umverteilt und uns etwas umorganisiert“, sagt Personalchef Rainer Boerenkamp. „Außerdem hat das Krankenhaus ausreichend Jahrespraktikanten.“

Im Kempener Kinderheim St. Annenhof bleibt nach dem Ende des Zivildienstes alles beim Alten: „Wir haben zwei Bufdis und drei junge Erwachsene, die ein FSJ ableisten. Vorher hatten wir in der Regel fünf Zivis. Es hat sich also nichts verändert“, sagt Roswitha Isermann, zuständig für das Personal.

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