Schülerdemo „Freiheit für Liu Xiaobo“

Schüler lesen, um auf den in Haft sitzenden Friedensnobelpreisträger aus China hinzuweisen.

Schülerdemo: „Freiheit für Liu Xiaobo“
Foto: Reimann

Kempen. Es ist ein Stück Weltpolitik, das am Montagabend in die Thomasstadt gekommen ist. Das Schicksal des inhaftierten chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo ist Thema einer Lesung in der Heilig-Geist Kapelle. Gemeinsam mit Schülern des Rhein-Maas Berufskollegs stellt Pfarrer Roland Kühne die Biographie des Schriftstellers vor, prangert politische Verfolgung und Verletzung von Menschenrechten in China an.

Ihre Forderung ist eindeutig: „Free Liu Xiaobo“, also „Freiheit für Liu Xiaobo“. Das haben Kühne und seine Schüler auch auf ein riesiges Plakat geschrieben. Am Tag der Lesung hängt es an der Außenwand der Kapelle, gut sichtbar für die Passanten auf dem Buttermarkt.

2009 wurde der chinesische Dissident zu elf Jahren Haft verurteilt, da er sich in der „Charta 08“ mit anderen Systemkritikern für demokratische Grundrechte in seinem Land einsetzte. Seitdem Liu Xiaobo 2010 den Nobelpreis bekommen hat, protestieren die Kempener für seine Freilassung.

Für die Lesung haben sie zahlreiche Karten mit dem Konterfei Lius in der Kapelle aufgestellt. So fällt auch ein großes Porträt des Intellektuellen auf. Der Mann auf dem Bild lacht. Er wirkt keinesfalls gebrochen. Er strahlt Hoffnung aus. Eine Hoffnung, die während des gesamten Abends trotz aller grausamen Geschichten durchklingt.

Mit Tienchi Martin-Liao konnte eine Rednerin gewonnen werden, die lange mit Liu zusammengearbeitet hat. Die Sinologin war bis Ende 2013 Präsidentin der unabhängigen Schriftstellervereinigung Chinas. Seit Jahren lebt die Autorin im Exil, aktuell in Köln. In ihr Heimatland darf sie nicht mehr einreisen. „Ich kenne Liu Xiaobos Gedanken, weiß wie er raucht und seine Suppe schlürft. Ich habe ihn aber nie persönlich kennengelernt“, sagt Martin-Liao.

Die beiden Demokraten haben sich vor Lius Verhaftung wöchentlich per Videotelefonie ausgetauscht. Liu hat Martin-Liao regelmäßig Beiträge für ihre Internetplattform „observe china“ geschickt, die sie von Washington aus betrieben hat. „Liu hat eine schöne, scharfe Sprache“, sagt Martin-Liao. Die Verhaftung des Schriftstellers erlebte sie live mit. Bei einem Videogespräch diskutierten Martin-Liao und Liu über die Veröffentlichung der „Charta 08“. „Liu sagte ´Was kommt, kommt.´ Dann klopfte es an der Tür. Es war das letzte, was ich von ihm gehört habe“, so Martin-Liao.

Das Handeln des Menschenrechtlers verfolgt sie seit den 80er Jahren. Damals kritisierte Liu als Student das chinesische Bildungssystem, in dem alle Intellektuellen Staatsbeamte werden mussten. Aktuell steht Martin-Liao in Kontakt mit Lius Frau Xia. Der Staat nahm sie nach der Festnahme ihres Mannes in Sippenhaft. Mehrere Jahre stand sie ohne Kontakt zur Außenwelt unter Hausarrest. Martin-Liao fordert dazu auf, sich auch von Deutschland aus für ein demokratisches China einzusetzen. Jede Aktion, jede Unterschrift helfe den internationalen Druck auf die autoritäre Führung zu erhöhen.

Zuletzt seien bei Prozessen gegen Systemkritiker verhältnismäßig milde Urteile gefallen. Für Martin-Liao eine Folge der internationalen Kritik. Die formuliert auch Pfarrer Kühne. Nachdem Schüler die „Charta 08“ verlesen haben, stellt er eine Resolution zur Freilassung Lius und anderer politischer Gefangener vor. Die Forderungen wird er an die chinesische Botschaft schicken.

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