Ermittlungen nach Kindstötung in Viersen Erzieherin unter Mordverdacht: 25-Jährige war ein Jahr in Kempen tätig

Kempen/Viersen · Nach dem Tod eines dreijährigen Mädchens in Viersen rückt die Vergangenheit der Verdächtigen in den Fokus. In Kempen war sie bis Mitte 2019 ein Jahr tätig. Die Stadt sah keine Ansätze für Probleme mit der Angestellten.

 Vor der Viersener Kita, in der das Mädchen getötet worden sein soll, liegen bemalte Steine, die die Trauer der Menschen ausdrücken

Vor der Viersener Kita, in der das Mädchen getötet worden sein soll, liegen bemalte Steine, die die Trauer der Menschen ausdrücken

Foto: dpa/Sascha Rixkens

Der grausame Vorfall rund um das getötete Mädchen in einer Viersener Kindertagesstätte hat Auswirkungen auf die Stadt Kempen. Aus Kreisen von Politik und Verwaltung erhielt die WZ am Dienstag die Bestätigung, dass die Berichterstattung der „Rheinischen Post“ zutreffend ist. Die Zeitung hatte berichtet, dass die 25-jährige Erzieherin, die wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft sitzt, früher in einer Kempener Kita gearbeitet hat. Auch dort sollen schon Kinder verletzt worden sein. Ebenso musste ein Kind aus Kempen – wie im Viersener Fall – wiederbelebt werden, heißt es in dem Bericht.

Die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach wirft der 25-Jährigen vor, ein dreijähriges Mädchen ermordet zu haben. Am 21. April hatte das Kind einen Atemstillstand in einer städtischen Kindertagesstätte in Viersen erlitten; es wurde vor Ort reanimiert. Knapp zwei Wochen später starb das Kind im Krankenhaus an den Folgen des Vorfalls. Das Krankenhaus hatte die Polizei eingeschaltet, weil es sich den Atemstillstand nicht erklären konnte. Die Obduktion der Dreijährigen ergab, dass sie durch Fremdeinwirkung ihr Leben verloren hatte. Die 25-jährige Frau wurde vergangene Woche festgenommen und sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Seither äußern sich Polizei und Staatsanwaltschaft nicht zu dem Fall. Mit dem Verweis auf die noch laufenden Ermittlungen soll es erst zu einem späteren Zeitpunkt eine Pressekonferenz geben. Einen Termin gibt es noch nicht.

Auch die Stadt Kempen äußerte sich am Dienstag nicht ausführlich zum Thema. Mit dem Verweis auf eine noch anstehende Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft, wie Pressesprecher Christoph Dellmans am Vormittag auf WZ-Anfrage sagte. Am Nachmittag folgte noch eine kurze schriftliche Stellungnahme aus dem Rathaus: „Die unter Mordverdacht stehende Erzieherin aus Viersen war bis zum 31. Juli 2019 in einer Kindertagesstätte der Stadt Kempen beschäftigt.“

Nach Informationen der WZ, die mehrere Quellen bestätigt haben, hat die junge Frau von Sommer 2018 bis Ende Juli 2019 ihr Anerkennungsjahr in einer Kita in Kempen gemacht. In diesem Zeitraum ist es zu Vorfällen mit verletzten Kindern – auch im Zusammenhang mit Atemnot – gekommen. In einem Fall musste ein Kind reanimiert werden. Die Stadt Kempen hat die Fälle in dem Kindergarten nach den üblichen Vorschriften überprüft (siehe Info-Kasten). Jugendamt und Mediziner seien in solchen Fällen „mit Nachdruck involviert“, erfuhr die WZ von einem Informanten. Ein konkreter Verdacht gegen irgendjemanden aus dem Bereich des Personals habe sich aber nicht ergeben. Das offizielle Statement der Stadt: „Während ihrer Beschäftigungszeit gab es zu keinem Zeitpunkt einen Anlass dafür, interne städtische Untersuchungen gegen die Erzieherin einzuleiten.“

Stadt Kempen sah bei der
Frau keine fachliche Eignung

Nach ihrem einjährigen Zeitvertrag hat die Stadt Kempen die Frau nicht weiter beschäftigt. „Sie war nicht für diesen Beruf geeignet“, so ein Informant. Wie die „Rheinische Post“ berichtet, wurde der Erzieherin auch von der Stadt Kempen kein Zeugnis ausgestellt. Nach ihrem Arbeitsverhältnis in Kempen trat die Frau im Sommer 2019 eine Stelle in einer anderen Kommune an. Im Dezember 2019 begann sie dann bei der Stadt Viersen. Auch dort war laut „Rheinischer Post“ schnell klar, dass die 25-Jährige nicht weiter beschäftigt werden soll. Weil man mit der Qualität der Arbeit nicht zufrieden war, sollte sie nicht über die Probezeit hinaus beschäftigt werden. Neun Tage vor Ende der Probezeit soll es dann zum Übergriff auf das nun tote Mädchen gekommen sein.

Polizeiliche Ermittlungen gegen die 25-Jährige hatte es vor dem Vorfall in Viersen nicht gegeben. Nachdem die Nachrichtenagentur dpa am Montag unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtet hatte, dass bereits gegen die Frau ermittelt worden sei, bezogen Staatsanwaltschaft und Polizei Stellung: „Es ist unzutreffend, dass gegen die Beschuldigte schon zu einem früheren Zeitpunkt wegen Übergriffen auf Kinder in Kindertagesstätten ermittelt worden sei. Weder der Polizei noch der Staatsanwaltschaft lagen vor der hier in Rede stehenden Tat diesbezügliche Hinweise vor. Derartige Falschbehauptungen und weitergehende Spekulationen sind dem Erfolg der Ermittlungen nicht dienlich und vergrößern das Leid der Angehörigen und Betroffenen.“

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels war die Rede davon, dass die 25-Jährige ihr Anerkennungsjahr zur Erzieherin bei der Stadt Kempen absolviert hat. Im Nachgang informierte die Stadt dazu, dass dies nicht zutrifft. Sie habe per Zeitvertrag als Erzieherin gearbeitet. Daher haben wir in diesem Artikel entsprechende Änderungen vorgenommen.

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