Erste Stolpersteine für St. Hubert
Am kommenden Dienstag werden auf mehreren Straßen Steine im Gedenken an Opfer des Nationalsozialmus verlegt. Gedacht wird einem polnischen Zwangsarbeiter und neun Juden.
Kempen/St. Hubert. Czeslaw Macijewski, am 15. März 1915 in Zinolza/Serps in Polen geboren, wurde am 25. Oktober 1941 in Schmalbroich bei Haus Velde an einem provisorischen Galgen aufgehängt. Beim Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen im September 1939 war er gefangen genommen und dann auf einem Bauernhof als „Fremdarbeiter“ eingesetzt worden. Der Grund für seine Hinrichtung: Die Gestapo warf ihm vor, mit einer deutschen Frau intim geworden zu sein — die Nazis nannten das „Rassenschande“. Alle 180 Polen aus Kempen und Umgebung wurden von der Polizei gezwungen, bei der Vollstreckung des Urteils zuzusehen. Aus Kempen war Macijewski einer von drei Zwangsarbeitern, die im Namen der rassistischen NS-Moral ermordet wurden.
Am Dienstag, 29. Mai, werden in St. Hubert im Gedenken an Macijewski und neun Juden Stolpersteine verlegt. Seit 2015 gibt es die Stolperstein-Initiative in Kempen. Nun wird es erstmals ein Gedenken in St. Hubert geben.
Von den neun Juden, für die Künstler Gunter Demnig Gedenksteine verlegen wird, ist während der Herrschaft der Nazis nur einer mit dem Leben davongekommen: der 1928 in Leipzig geborene Hans Felix Lambertz. Am 3. Januar 2015 ist er in Innsbruck verstorben. Seine Eltern Isidor und Mathilde Lambertz waren kinderlos und hatten ihn adoptiert. Beide wurden am 10. Dezember 1941 nach Riga deportiert und dort umgebracht. Vorher war es ihnen gelungen, ihren Adoptivsohn über die Niederlande nach England — in Sicherheit — zu bringen.
Isidor und Mathilde Lambertz haben noch anderen das Leben gerettet. Nach der Pogromnacht am 10. November 1938 versteckten sie in ihrem Haus Hauptstraße 43 eine Gruppe jüdischer Kinder, die dann von Gewährsleuten in ein Heim in die Niederlande gebracht wurden.
In zwei Einkaufstaschen besorgte Hans Felix den Altersgenossen jeden Abend Brot, das ihm die Frau des Bäckermeisters Josef Pasch, Königsstraße 32, heimlich zusteckte. Ihr Sohn, der St. Huberter Heimat-Dichter Jupp Pasch, hat sich damals mit Hans Felix angefreundet, während der wartete, bis der Laden leer war. Als er St. Hubert am 27. Januar 1939 verließ, schenkte der jüdische Freund ihm zur Erinnerung ein von ihm signiertes Märchenbuch. Wenn am Dienstag Kempener Gesamtschüler das Schicksal der Familie Lambertz vortragen, wird Jupp Pasch bei ihnen stehen und das Buch zum Gedenken an den Freund vorzeigen.