Naturerlebnis Entschleunigung auf dem Wasser

Oedt. · Felder, Wälder und natürlich Flussufer – auf der Niers lässt sich die niederrheinische Landschaft in aller Ruhe entdecken.

 Herbert Tilkes bringt Interessierten in einem Anfängerkurs das Kajakfahren auf der Niers näher.

Herbert Tilkes bringt Interessierten in einem Anfängerkurs das Kajakfahren auf der Niers näher.

Foto: Kurt Lübke

Das Rollen der Reifen auf dem Kiesweg sorgt für ein knirschendes Geräusch. Verursacher ist Herbert Tilkes, der sein Kajak auf einem kleinen Bootswagen hinter sich herzieht. „Unser Bootshaus liegt ein kurzes Stück von der Einstiegsstelle entfernt und es ist angenehmer zu ziehen, als das rund 25 Kilogramm schwere und 5,40 Meter lange Kajak zu tragen“, sagt der Fachübungsleiter des Kanuwanderclubs (KWC) Grefrath lächelnd, während er sein Kajak in die Niers gleiten lässt und über eine Paddelbrücke einsteigt.

Das Doppelpaddel fest in der Hand geht es los, wobei zunächst einmal ein verstärkter Krafteinsatz nötig ist, denn Tilkes paddelt gegen die Strömung. „Erst das etwas Schwerere, dann das Vergnügen“, sagt der Wassersportler mit einem Augenzwinkern. Wenn es auf eine Feierabendtour geht, verzichtet Tilkes darauf, die Niers hinab zu paddeln und später an einer der folgenden Ein- und Ausstiegstellen abgeholt zu werden. Diesmal geht es von Oedt nach Süchteln stromaufwärts und stromabwärts wieder zurück. Gut eine Dreiviertelstunde dauert die Fahrt nach Süchteln. In einer halben Stunde ist man dagegen wieder zurück in Oedt.

Wann immer es die Zeit zulässt, nimmt der Neersener in seinem Kajak Platz und paddelt auf der Niers. Die Ruhe und die Natur sind es, die ihn jedes Mal aufs Neue faszinieren. Entfernt von Autolärm und den vielen Alltagsgeräuschen kann entspannt werden. Die Natur präsentiert sich dabei auf vielfältige Art und Weise. Nutrias gleiten durchs Wasser, der schillernde Eisvogel ist zu sehen, Enten kreuzen mit ihrem Nachwuchs den Wasserweg und oft begegnet man auch einem Schwanenpärchen. „Das sind immer wieder Erlebnisse, die man nicht vergisst. Es sind Naturerlebnisse der besonderen Art, weil man auf dem Wasser so nahe dabei ist“, sagt Tilkes.

Auf etwas mehr als 113 Kilometer führt die Niers durch die Region Niederrhein, bevor sich nochmals rund acht Kilometer in den benachbarten Niederlanden anschließen und der Fluss dort in die Maas mündet. Die Niers entspringt in Kuckum bei Erkelenz. Im holländischen Gennen ist die Maas-Mündung. Befahrbar ist die Niers von der Einstiegsstelle in Süchteln an. Die letzte Station auf deutscher Seite ist Kessel im Kreis Kleve. Danach geht es in die Niederlande. Im Nachbarland kann bis zur Maas weitergepaddelt werden. Das sind von Süchteln aus insgesamt 87 Kilometer.

Oft ist Vogelgezwitscher das einzige Geräusch, das zu hören ist

Herbert Tilkes’ Lieblingsstrecke ist das Stück zwischen Wachtendonk und Geldern. Große Teile dieser rund 15 Kilometer langen Strecke sind renaturiert. Die Niers hat dort richtig Strömung und treibt Kajakfahrer regelrecht durch die Kurven. „Es ist ein bisschen wie in einem Wildfluss“, meint Tilkes. Aber auch die Natur bietet dem Wassersportler in diesem Abschnitt etwas Besonderes. Die Niers schlängelt sich abschnittsweise durch Wälder, wo das Vogelgezwitscher neben den ruhigen Eintauchlauten des Paddels die einzige Geräusche sind, die ein Wassersportler hört.

Direkte Wege führen nicht immer an der Niers vorbei, so dass der Paddler das Gefühl hat, wirklich mitten in der Natur alleine zu sein. Je nach Wasserstand und davon abhängig, wie hoch die Böschung ist, kann beim Paddeln die typische niederrheinische Landschaft bewundert werden. Die Wiesen mit ihren Kühen, mal eine Schafherde, die Pferde auf der Koppel, die bestellten Felder und nicht zuletzt die alten Bauernhäuser sowie die Herrensitze, die entlang der Niers zu finden sind.

87 Kilometer der Niers sind

mit einem Kajak befahrbar

Seit 1989 ist Tilkes begeisterter Kajakfahrer. „Ich kann jedem, der sich für den Sport interessiert, nur empfehlen, es richtig zu lernen“, sagt der Fachmann.

Sich auf dem Wasser fortzubewegen, ist nämlich weitaus mehr als einfach nur das Paddel ins Wasser zu tauchen. Neben der richtigen Sitzposition und der richtigen Griffweite gilt es, weitere Techniken zu erlernen. Dazu gehören der Grundschlag vorwärts und rückwärts als auch der Bogenschlag, die Paddelstütze und der Ziehschlag. Auch das Thema Umweltschutz spielt bei der Schulung des Kanuwanderclubs eine Rolle, denn ob Anfänger oder Fortgeschrittener: In der freien Natur sollte sich jedermann vernünftig bewegen und achtsam mit ihr umgehen.

Die Niers ist zu jeder Jahreszeit befahrbar und es können je nach Abstand der Ein- und Ausstiegsstellen unterschiedlich lange Touren mit den Paddelbooten gefahren werden. Zwischen Süchteln und Oedt sind es fünf Kilometer. Bei der Strecke von Oedt zur Mühlendonker Mühle liegt die Entfernung immer noch bei gut drei Kilometern. Aber egal, wie kurz die Strecke auch ist: Eine Schwimmweste sollte immer getragen werden, denn wenn Strömung da ist, kann schon ein nur 50 Zentimeter tiefer Fluss zu einer besonderen Gefahr werden.

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