Einzelhandel in Kempen und Tönisvorst Jetzt kann’s losgehen – mit Vorsicht

Kempen/Tönisvorst · Die Einzelhändler in Kempen und St. Tönis blicken mit Freude auf den kommenden Montag. Dann dürfen die Geschäfte wieder öffnen.

 Mit Freude richten Markus Kaenders (l.) und Dirk Wermter das neue Modehaus an der Judenstraße in Kempen ein.

Mit Freude richten Markus Kaenders (l.) und Dirk Wermter das neue Modehaus an der Judenstraße in Kempen ein.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Dass man sich mal über das Normale freuen kann, ist auch ein Ergebnis dieser Corona-Krise. Das sieht auch Armin Horst, Vorsitzender des Kempener Werberings, so. „Ich bin mit Blick auf den Einzelhandel sehr erfreut, dass wir uns ein Stück weit in Richtung Normalität bewegen.“ Mit diesen Worten kommentiert Horst die Lockerungen der Corona-Einschränkungen, die es Einzelhändlern mit einer Verkaufsfläche bis 800 Quadratmeter erlaubt, ab Montag wieder den Laden zu öffnen.

Für Kempen ist dieser Quadratmeter-Richtwert die Vorgabe, dass nahezu alle Geschäfte wieder öffnen dürfen. „Gut 95 Prozent unserer Mitglieder haben Läden unter 800 Quadratmeter“, so Horst. Die Altstadt-Händler werden also nach dem Wochenende in ihre Läden zurückkehren können. Wer außen vor bleibt, ist zum Beispiel der Elektronikhandel „Medi Max“ an der Kleinbahnstraße mit knapp 1000 Quadratmeter Verkaufsfläche.

Bei aller Freude mahnt auch der Werbering-Chef zur Vorsicht: „Uns muss allen klar sein, dass weiterhin Hygieneregeln etc. zu beachten sind.“ Daher werde der Vorstand den Geschäftsleuten schon am Freitag mehrere Handlungsempfehlungen zur Verfügung stellen. „Wir wollen auf einen Blick zusammenstellen, was zu beachten ist“, so Horst. Ebenso habe der Vorstand die Möglichkeit aufgetan, „günstig“ an Mundschutz und Hygieneartikel zu kommen. „Daran können alle Mitglieder partizipieren.“

Auch Dirk Wermter wartete am Donnerstag noch auf entsprechende gesetzliche Vorgaben. Wermter ist Geschäftsleiter der neuen Filiale des Modehauses Kaenders, Ecke Judenstraße/Kirchplatz. Wie berichtet, musste das Unternehmen aus Kevelaer seine große Eröffnung auf unbestimmte Zeit verschieben. Nun ist aber die Freude groß, dass immerhin die Ladentüren geöffnet werden dürfen. „Wir werden jetzt in den nächsten Tagen alles geben, damit wir am Montag fertig sind“, so Wermter. Denn eigentlich hatte man sich auf ordentlich mehr Zeit für den Ladenausbau eingestellt. Nach dem Erlass von Bund und Land werde es nun etwas hektischer, „was aber natürlich gut ist“, so Wermter. Kaenders bieten Mode für Damen und Herren auf zwei Etagen (zusammen knapp 700 Quadratmeter an).

Wir wechseln die Branche und die Stimmungslage. „Traurig bin ich schon, dass es für die Gastronomie noch keine Lockerungen gibt“, sagt Armin Horst. Restaurants, Kneipen und Cafés prägen aus Sicht des Werbering-Chefs das Bild der Kempener Altstadt. „Es ist für alle bitter, dass sie noch länger warten müssen.“ Eine Lösung wie am Beginn der Einschränkungen, dass zum Beispiel nur jeder zweite Tisch eines Lokales besetzt werden dürfe, hätte Horst nun besser gefallen. Ebenso wäre die Möglichkeit der Außengastronomie „bei diesem schönen Wetter“ eine Chance für die Betreiber gewesen. „Nun hoffen wir, dass in der Gastronomie ab Anfang Mai mehr Normalität einkehrt.“

Tönisvorst: Kita-Betreuung ist für Händler ein wichtiger Faktor

Arbeiten mit Mundschutz und Handschuhen – Melanie Barth-Langenecker, Inhaberin von Optik-Scholl in St. Tönis, ist das seit zwei Wochen gewöhnt. Sie hatte ihr Geschäft in der Zeit des allgemeinen Einzelhandels-Stillstands täglich zwei Stunden geöffnet. Angefreundet hat sie sich mit dem unverzichtbaren Zusatz-Corona-Outfit noch nicht ganz. Denn ausgerechnet die Brille beschlägt beim Tragen. Aber: Was muss, das muss.

Markierungen auf dem Boden, die Plexiglasscheibe an der Theke und die Sessel fürs Kundengespräch im Abstand weiter auseinander gesetzt – Optikerin Barth-Langenecker sieht sich, ihre Kundschaft, aber auch die Einzelhandelskollegen und Tönisvorster Bürger überhaupt in Vorsicht und Rücksichtnahme gut trainiert. „Wir hatten alle den Lernprozess und sind nun gut erzogen.“ Sie glaubt auch, dass ein notwendiges Warten vor der Ladentür von der Kundschaft akzeptiert wird, wenn drinnen der Abstandsplatz zu knapp wird.

Sie freut sich, dass ab Montag viele Werbering-Kollegen von „St. Tönis erleben“ wieder öffnen werden. „Wenn auch möglicherweise nicht alle und den ganzen Tag, weil ja die Kindergärten und Schulen noch nicht wieder geöffnet sind und manchen daher die Betreuungsmöglichkeiten noch fehlen.“

Den Wochen der vielen verschlossenen Türen entlang von Hochstraße und Co. gewinnt die Vorstandsfrau von „St. Tönis erleben“ auch positive Seiten ab. Sie hat eine große Solidarität empfunden. Der Lieferservice sei gut angenommen worden. „Ich habe von Kollegen gehört, dass das Beliefern manchmal länger gedauert hat, als gedacht, weil noch ein ,Quätschken’ gehalten wurde. Viele haben ihre Kunden noch einmal besser kennengelernt.“

In der Tat hat es viele Ideen rund um das Heimatschoppen gegeben. Innerhalb von wenigen Tagen wurde eine Online-Plattform für das Ordern im Ort eingerichtet.

Zusammenhalten in Corona-Zeiten – das setzte auch die St. Töniser Fotografin Ines Schäfer um. Sie rief die Aktion „Show your Shop“ ins Leben und lichtete bisher rund 20 Inhaber-geführte Unternehmen kostenlos ab. „Viele kämpfen um ihre Existenz. Ich wollte mit dieser Aktion Gesicht zeigen und die Inhaber, die Läden, die damit verbundenen Marken präsentieren und damit meiner Stadt etwas zurückgeben und allen ein wenig den Rücken stärken.“

Andere Geschäftsleute entdeckten die Video-Kommunikation mit ihrer Kundschaft. So postete „Das Frauenzimmer“ die erste Modenschau als Video aus dem Laden. Inhaberin Thiele zeigte verschiedene Frühlings-Outfits. Ab Montag ist die „Nur in die Schaufenster-Guckerei“ vorbei. Kund(inn)en können wieder selbst ausprobieren, wie ihnen Hose, Jacke und Kleid stehen. Passend zum Saisonauftakt mit Frühlingsfeeling in der Innenstadt hat „St. Tönis erleben“ bereits die Blumenampeln aufgehängt.

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