Sterbebegleitung „Ein echtes Herzensanliegen“

Kempen · Die frühere Kempenerin Regine Joist möchte in Kempen gerne ein Hospiz bauen und sucht dafür Unterstützung.

Würdevolle Sterbebegleitung soll auch in Kempen in einem Hospiz möglich werden.

Würdevolle Sterbebegleitung soll auch in Kempen in einem Hospiz möglich werden.

Foto: dpa/Felix Kästle

Seit weit über dreißig Jahren lebt und arbeitet die in Kempen geborene Ärztin Regine Joist in Köln-Buchforst, betreibt gemeinsam mit ihrem Ehemann Thomas dort eine Arztpraxis. Als Palliativmedizinerin erlebt sie immer wieder, wie wenig Frieden Menschen im letzten Lebensabschnitt vor ihrem Tod haben. „Ich erlebe es häufig so, dass Menschen sehr behütet und liebevoll zu Hause beim Sterben begleitet werden. Aber icht selten fehlt gerade älterebn oder allein lebenden Menschen und Familien die Kraft, bis zum Ende eine gute Versorgung sicherzustellen. Trotz guter Möglichkeiten der ambulanten und spezialisierten Palliativversorgung mit Hausärzten und Pflegediensten bedarf es manchmal einer intensiven Betreuung in einem Hospiz. Dort finden Menschen die notwendige Ruhe und Begleitung, um schmerz- und angstfrei sterben zu können.“

Genug Eigenerfahrungen mit Palliativpatienten gemacht

Aus ihren Erfahrungen heraus hat sie für sich „ein echtes Herzensanliegen“ entwickelt, für das sie seit eineinhalb Jahren nach einer Verwirklichung sucht: sie möchte gerne im Herbst ihres Berufslebens der Stadt etwas von dem zurückzugeben, was sie dort an Gutem erfahren hat. „Ich möchte gerne für Kempen ein Hospiz bauen.“

Dazu wurde sie vor einem Jahr mit ihrem Mann Thomas schon einmal vorstellig beim ersten Bürger der Stadt. Christoph Dellmanns brachte zu dem Gespräch seinen Beigeordneten Torsten Schröder mit.  In einer Power-Point-Präsentation stellte sie ihm die Grundzüge ihres Projekts am Beispiel eines Hospizes, dass sie besucht hatte. Anfang April hatten sie ein nagelneues Hospiz in NRW besucht, dass ein Palliativmediziner erbaut hatte und das beinhaltete, „was wir denken, was das Haus haben muss.“ Wärme, Atmosphäre, das Gefühl, zuhause zu sein.

Dellmans sei „sehr begeistert“ davon gewesen, „mit wieviel Vorarbeit und Planung wir da angekommen sind. Ich bin da total auf offene Ohren getroffen. Er versicherte auch, dass ihm ein Hospiz auch persönlich ein großes Anliegen ist.“ Doch damals habe er auch signalisiert, dass zunächst viele andere Vorhaben verabschiedet und gebaut werden müssten.

Das Problem, dass Regine Joist im Wesentlichen hat: sie ist lange aus der Stadt raus, auch wenn die Mutter noch in Kempen wohnt und sie sie dort regelmäßig besucht. Darüber Netzwerke zu schaffen, die ihr die Gelegenheit geben, effektiv nach Grundstücken und nach Finanziers für das Projekt zu suchen, ist unter den Umständen nicht leicht. „Ich kenne ein paar Leute, aber nicht Menschen, die so großen Einfluss haben.“

Sie erkundigte sich mit ihrem Mann bei den zuständigen Krankenkassen nach den Rahmenbedingungen für die Zulassung von Hospizen in NRW. Dort wurde ihr bedeutet, dass es noch eine realistische Möglichkeit gebe, in Kempen ein Hospiz zuzulassen. „Aber es gibt in Mönchengladbach und Krefeld schon ein Hospiz, so dass es schon eine gewisse Grundversorgung schon gewährleistet ist.“ Wenn also jemand in St. Tönis oder woanders in der Nähe ein Hospiz beantragt und den Zuschlag erhält, ist das Projekt nicht mehr zu verwirklichen.

Suche nach Finanzierts und einem passenden Grundstück

Umso mehr hofft Joist jetzt, dass ein Zeitungsaufruf Menschen dazu motiviert, sich ihrer Initiative für ein Hospiz anzuschließen. „Es gibt bestimmt genug Menschen, die sich engagieren wollen und viele Menschen, die alleinlebend sind und was Sinnstiftendes mit ihrem Vermögen machen wollen“, ist die Medizinerin zutiefst überzeugt. Sie ist sicher, dass Menschen dafür spenden würden. „Das große Problem ist ein Grundstück.“ Denn sie benötigt erst eine angemessene Fläche. „Ich habe noch nicht mit irgendwelchen Finanziers gesprochen, weil ich mich schlecht zum Klinkenputzen auf den Weg machen kann, wenn ich nicht mal ein Grundstück habe und denen nichts bieten kann.“

Sie fragte nach bei verschiedenen Immobilienmaklern, die ihr gegenüber positiv eingestellt waren, aber noch ohne konkreten Hinweis. Vis-a-vis des Krankenhauses sah sie eine Fläche, erkundigte sich bei einem Anwohner, der Auskunft gab. „Die haben Kinder, wollen da selbst bauen“, hörte sie da. Und als sie mit ihrer Schwester an der Baulücke an der Ellenstraße vorbeifuhr, bedauerte sie, dass ein solches „von der Lage und der Größe her ideales Grundstück“ im Stadtzentrum bereits für ein anderes Bauprojekt vergeben ist.

Für das Projekt möchte Regine Joist ihre haus-palliativärztliche Tätigkeit in Köln nicht gänzlich aufgeben. „Dafür kann ich mir aber Freiräume schaffen, und ich lebe in der Hoffnung, dass es von der jüngeren Generation jemanden gibt, der das Projekt langfristig fortführen kann.“ Natürlich müsse man so ein Hospiz führen, benötige dazu auch ein bis zwei aktive Ärzte, die für das Hospiz verantwortlich sind. „Es wird sicher Menschen geben, die sich hier vor Ort dafür finden, weil es eine sinnvolle und entlastende Bereicherung für die Gesellschaft ist.“ Von der Notwendigkeit solcher Häuser ist sie überzeugt. „Der Bedarf wird noch viel größer werden, der ist jetzt schon enorm. Und die geburtenstarken Jahrgänge kommen erst noch.“ Und sie ist sich sicher, dass Kempen der geeignete Hospiz-Standort ist. „Die Infrastruktur, alles was Kempen zu bieten hat. Das ist ein guter Platz.“

Die Idee soll nicht in der Schublade verschwinden

Bürgermeister Christoph Dellmans äußerte sich am Rande der „Belscheskieker“-Ausstellungseröffnung im Rathausfoyer zu dem Anliegen. Das Ehepaar habe ihm und Schröder die Idee vorgestellt. Im Grundsatz halte er Hospizarbeit für wichtig. „Würdevoll sterben ist für mich sehr, sehr wichtig.“ Und die Gedanken, den das Ehepaar vorgetragen habe, fand er „echt klasse, insoweit sind da bei uns die Türen auf.“ Natürlich stünden noch andere Dinge im Vordergrund. Aber sollte sich das Ehepaar bei ihm melden, werde er sich mit ihnen „gerne an einen Tisch setzen“, versicherte der Bürgermeister. „Wie dann eine Planung weitergehen kann, muss politisch und im Haus besprochen werden“, sagte er. Eins sei für ihn aber klar, so der Bürgermeister: „Das wird nicht als Thema in der Schublade verschwinden.“

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