Kempen Die Detektivinnen des Jugendamtes

In der Abteilung Unterhaltsvorschuss geht es häufig um Rückforderungen. Darum kümmern sich Luisa Friederichs und Sandra Buske.

Kempen: Die Detektivinnen des Jugendamtes
Foto: Kurt Lübke

Kempen. Wenn sich Ehepartner trennen, geht das häufig nicht ohne Streit über die Bühne. Wenn Kinder im Spiel sind, kann das weiteres Konfliktpotenzial bergen. Dabei kommt es dann auch schon einmal vor, dass ein Elternteil seinem Kind den Unterhalt verwehrt, um sich am Ex-Partner zu rächen. Dann kann das Jugendamt einspringen und den sogenannten „Unterhaltsvorschuss“ für den Alleinerziehenden leisten.

Rund 28 000 Euro zahlt die Stadt Kempen derzeit monatlich dafür. Für das Haushaltsjahr 2016 wurden 360 000 Euro veranschlagt. Das Land übernimmt knapp die Hälfte des Vorschusses.

In einem Büro mit Schränken voll mit unzähligen Akten kümmern sich Luisa Friederichs und Sandra Buske beim Kempener Jugendamt um die Bearbeitung dieser Fälle. Dabei geht es nicht nur darum, die finanzielle Hilfe zu gewähren, auch die Rückforderung der Unterhaltsbeträge von dem „familienfernen Elternteil“, das zahlen müsste, ist Aufgabe dieser beiden Mitarbeiterinnen.

Die große Menge der Akten hat einen guten Grund. „Wir haben viele Fälle, bei denen man lange fordern muss“, sagt Luisa Friederichs. 755 Fälle sind in der Abteilung zurzeit offen. Die Recherche fängt oft schon bei der Frage an, wo sich der unterhaltspflichtige Elternteil aufhält.

Das hat aber nicht nur mit dem detektivischen Spürsinn zu tun. Auch Verhandlungsgeschick ist gefragt. „Man muss erklären, dass ein Anspruch besteht. Der Elternteil muss sowieso irgendwann zahlen“, erklärt Sandra Buske und fügt hinzu: „Wir vermitteln aber auch immer, dass man mit uns reden kann.“ So sind zum Beispiel kleine Ratenzahlungen möglich. Und das führt zu einem guten Ergebnis. Kempen habe in Nordrhein-Westfalen die höchste Rückholquote der gezahlten Mittel. Im zweiten Halbjahr 2014 lag diese Quote nach Angaben des Amtes zum Beispiel bei 56 Prozent. Die niedrigste Quote in NRW sei 3,4 Prozent.

Nicht immer sind die Angemahnten erfreut über das Gesuch der Jugendamtsmitarbeiterinnen. Einmal wurde sogar eine Drohung am Telefon ausgesprochen und die Polizei eingeschaltet. Luisa Friederichs und Sandra Buske nimmt das aber nicht den Spaß an ihrer Arbeit. „Wir stehen immer auf der richtigen Seite. Wir vertreten ja das Kind“, sagt Luisa Friederichs.

Hand in Hand arbeitet die Abteilung für Unterhaltsvorschuss dabei mit der „Beistandschaft“ zusammen. Im Kempener Jugendamt ist dafür Hedwig Hammann zuständig. Auch bei ihr türmen sich viele Akten. Auf Antrag kann der Elternteil, bei dem das Kind lebt oder der die alleinige elterliche Sorge innehat, beim Jugendamt die Beistandschaft für das Kind einrichten. Der Beistand kann dann das Kind etwa gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil und vor Gericht vertreten. Die Beratung und Unterstützung im Jugendamt, auch in Form der Beistandschaft, ist kostenlos. Das Jugendamt benötigt dafür beispielsweise die Auskunft beider Elternteile über deren Einkünfte und vertritt im Zweifelsfall auch die Interessen des Kindes vor Gericht. Es kann auch gepfändet werden, wenn es kein Einsehen gibt.

Rund 280 Fälle hat Hedwig Hammann zurzeit auf dem Tisch. „Der überwiegende Teil bleibt bis zur Volljährigkeit“, sagt sie. Hinzu kommen telefonische Beratungen, die oft sehr viel Zeit in Anspruch nehmen würden.

Bei Trennungen ist das Jugendamt nach eigenen Angaben oft mit vier oder fünf Abteilungen an einem Fall beteiligt. Daher schätzen die Mitarbeiter auch die kurzen Wege im Kempener Jugendamt.

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