De Beukelaer-Mitarbeiter „Vertrauen ist sehr eingeschränkt“

Kempen · Im Zusammenhang mit der Schließung des Kempener Werks von Griesson-de Beukelaer erheben einige Mitarbeiter Vorwürfe gegen Betriebsrat und Unternehmen.

 Die Firma Griesson de-Beukelaer schließt das Werk an der Arnoldstraße in Kempen. Die Mitarbeiter erhalten zu Ende November ihre Kündigungen. Einige Mitarbeiter sind enttäuscht vom Verhalten des Unternehmens und des Betriebsrates.

Die Firma Griesson de-Beukelaer schließt das Werk an der Arnoldstraße in Kempen. Die Mitarbeiter erhalten zu Ende November ihre Kündigungen. Einige Mitarbeiter sind enttäuscht vom Verhalten des Unternehmens und des Betriebsrates.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

„Wir sind sehr empört“ und „wir fühlen über den Tisch gezogen“ – das sind noch die freundlichsten Äußerungen, die einige Mitarbeiter von Griesson-de Beukelaer über die Art und Weise finden, wie Betriebsrat und Firmenleitung mit ihnen umgegangen seien. So habe man unter anderem Stellenangebote anderer Firmen nicht an die Mitarbeiter weitergegeben. „Unser Vertrauen in den Betriebsrat ist sehr eingeschränkt“, sagt Silvia Postrach, eine 54-jährige Mitarbeiterin, im WZ-Gespräch.

Verschiedene Optionen
für die Mitarbeiter

Zur Erinnerung: Im November 2018 hatte das Unternehmen mitgeteilt, den Standort nach Thüringen verlagern zu wollen. Am seit Anfang der 90er Jahre bestehenden Standort in Kahla investiert Griesson nach Medienberichten rund 100 Millionen Euro in neue Produktions- und Logistikanlagen. Eine Modernisierung sei am Standort an der Kempener Arnoldstraße aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich. Im Juni 2019 hatte die WZ gemeldet, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf ein Freiwilligenprogramm mit mehreren Optionen für die Mitarbeiter geeinigt hätten. Das reicht vom Wechsel nach Kahla – versehen mit Prämien – über Abfindungen und Altersteilzeit für ältere Mitarbeiter bis zur Transfergesellschaft, in der Mitarbeiter bei der Suche nach einem neuen Job unterstützt werden. Die Angebote des Freiwilligenprogramms stehen bis Ende September zur Verfügung. Sollten Mitarbeiter kein Angebot nutzen wollen oder können, greift ein Sozialplan mit Abfindungen.

Von Personalanfragen
erst aus der WZ erfahren

Erst in der WZ habe sie gelesen, dass es Personalanfragen beim Betriebsrat von anderen Unternehmen aus der Lebensmittelproduktion – zum Beispiel von Haribo oder Kerry-Gold – gebe. „Diese wurden nie an uns weitergeleitet“, sagt Postrach. Ihr Kollege Michael van Laak (46) hat daraufhin nach eigener Aussage den Betriebsrat nach dem Grund gefragt. „Drei von ihnen haben nichts von den Anfragen gewusst und von den beiden anderen habe ich gehört, dass sie dies nicht gedurft hätten. Sie hätten sich dann strafbar gemacht“, sagt van Laak. Für Postrach, van Laak und die beiden anderen Mitstreiter, die ihren Namen nicht in der WZ lesen möchten, eine Ausrede. „Da hätte es andere Möglichkeiten, wie beispielsweise den Flurfunk, gegeben“, meint Postrach.

Die Mitarbeitergruppe bezweifelt im Gespräch mit der WZ die Unabhängigkeit des Betriebsrates. Zum einen durch sein Handeln bei den Personalanfragen. Zum anderen hätte er Mitarbeitern zu bestimmten Entscheidungen geraten, die eher dem Unternehmen als dem Menschen genutzt hätten. „Ein Betriebsrat muss neutral bleiben.“

Kündigungen erst Ende
November statt Ende Mai

Ein weiterer Punkt, der die Gruppe in Rage bringt, ist die Verlängerung der Verträge. „Ursprünglich sollten wir nach Sozialplan zum 31. Mai ausscheiden“, so Postrach und van Laak. Doch da die Produktion in Kempen weiterhin auf Hochtouren laufen muss, hätten die Arbeitgeber ihre im Sozialplan festgelegten Möglichkeiten ausgeschöpft. Die Kündigungen würden nun für den 30. November ausgesprochen. „Ein Unding“, wie Postrach kommentiert. Denn würde man, weil man sich um einen anderen Job bemüht habe, früher ausscheiden wollen, müsste man nun selbst kündigen. Und, so van Laak, die Mitarbeiter würden damit auch um ihr Weihnachtsgeld oder zumindest einen prozentualen Anteil geprellt. „Das, was Griesson-de Beukelaer macht, ist zwar rechtens, aber wenig sozial“, meint sie. „Hätte man uns Weihnachtsgeld zugestanden, wäre das eine Art der Wertschätzung gewesen“, findet Postrach. Diese Wertschätzung, so meint die Gruppe, stünde den Mitarbeitern durchaus zu. „Wir schieben Sonder- und Extraschichten, arbeiten an Sonn- und Feiertagen, da wäre das doch angemessen“, meint eine alleinstehende Mutter, die sich zurzeit intensiv um eine neue Arbeitsstelle bemüht.

Betriebsrats-Vorsitzender Detlev Büschges wehrt sich gegen den Vorwurf, der Betriebsrat würde sich nicht für die Mitarbeiter einsetzen und sei nicht neutral. „Wir beraten, wenn es gewünscht ist. Die Leute müssen nur den Weg zu uns finden.“ Ein Anwalt stehe dem Betriebsrat beratend zur Seite. Auch die Gewerkschaft für Nahrung, Genuss und Gaststätten (NGG) stünde für den Betriebsrat und gewerkschaftlich organisierte Mitarbeiter für Gespräche zur Verfügung. NGG hätte dem Betriebsrat bescheinigt, sich korrekt verhalten zu haben.

„Sozialplan ist für Leute, die
keine Stelle gefunden haben“

Das gelte auch für den Vorwurf, Stellenangebote nicht weitergegeben zu haben. „Das ist uns nicht erlaubt. Das habe ich auch Kollegen gesagt, die nachgefragt haben. Wir als Betriebsrat hätten uns strafbar gemacht.“ Falls es zum Umsatzrückgang käme, der durch den Weggang von Mitarbeitern zu anderen Firmen verursacht worden wäre, könne der Betriebsrat in Regress genommen werden. Jedem stünde frei, sich selbst zu erkundigen und eine neue Stelle zu suchen. Dass bei einer vorzeitigen Kündigung seitens des Mitarbeiters kein Geld aus dem Sozialplan flösse, sei normal. Büschges: „Der Sozialplan ist für Leute gedacht, die keine Stelle gefunden haben.“

Betriebsrat: Versucht,
das Beste herauszuholen

95 Prozent der Mitarbeiter hätten einen Aufhebungsvertrag zum 30. November unterschrieben, sagt der Betriebsrats-Vorsitzende. Damit hätte der Arbeitgeber seinen Rahmen und den Tarifvertrag ausgeschöpft. Dass dadurch kein Weihnachtsgeld an die Mitarbeiter gezahlt werde, schmecke dem Betriebsrat auch nicht. „In den Verhandlungen zum Sozialplan, bei dem auch ein Landesarbeitsrichter dabei gewesen ist, haben wir versucht, das Beste herauszuholen. Mehr war uns nicht möglich.“ Dafür habe man beispielsweise erstritten, dass Sonderschichten nur auf freiwilliger Basis gefahren werden dürfen und es eine Antrittsprämie gibt, neben der üblichen Zuschläge. Büschges: „Das war dem Richter genug Entgegenkommen seitens des Arbeitgebers. Da man so zum Beispiel für Samstagsarbeit doppelten Lohn bekommt.“

Büschges sagte im WZ-Gespräch, dass zum 30. November endgültig die Produktion in Kempen eingestellt wird, weshalb der Betriebsrat für September plane, das Arbeitsamt direkt ins Haus zu holen, „damit die Mitarbeiter es einfacher haben“.

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