Jazzige Weltmusik in der Kempener Paterskirche Das „Pulsar Trio“ setzt ungewöhnliche Instrumente in Szene

Kempen. · Die Musiker aus Potsdam gestalteten in der Kempener Paterskirche den vierten Abend des diesjährigen Jazz-Abos.

 Die Potsdamer spielen seit elf Jahren zusammen, kein Wunder, dass sie so wunderbar aufeinander eingespielt sind.

Die Potsdamer spielen seit elf Jahren zusammen, kein Wunder, dass sie so wunderbar aufeinander eingespielt sind.

Foto: Wolfgang Kaiser

„Jazz meets India“ – Der vierte Abend des in diesem Jahr besonders ambitionierten Jazz-Abos wurde zu einem einmaligen Klang­erlebnis. Das Potsdamer „Pulsar Trio“ in der ungewöhnlichen Zusammensetzung Sitar, Klavier und Schlagzeug faszinierte von den ersten Tönen an das Publikum in der Kempener Paterskirche. Die Sitar, ein schwierig zu spielendes Musikinstrument, das von Matyas Wolter grandios in Szene gesetzt wird, ist eine 18-saitige gezupfte Langhals­laute aus Indien, die dort das beliebteste Melodie-Instrument ist. Was dieser perfekte Sitarspieler mit seiner riesigen Laute so alles anstellt, ist in der Tat bewundernswert. Da werden Töne und fremde Klänge in einer Weise aus dem Instrument gezaubert, dass es ein reines Vergnügen ist, dieser jazzigen Weltmusik atemlos zu lauschen.

Beate Wein lebt am Klavier die Musik in einer sehr tempogeladenen und spielfreudigen Art aus, die das ganze Trio auszeichnet, zu dem Aaron Christ an den Drums und mit fein ziselierter Percussion den nötigen Rückhalt gibt. Die drei wagemutigen und kreativen Musiker eröffnen völlig neue Klangwelten und ergänzen mit ihren innovativen Ideen die Jazzszene um ein selten gehörtes Repertoire.

Die Potsdamer spielen seit elf Jahren zusammen, kein Wunder, dass sie so wunderbar aufeinander eingespielt sind. Wer hätte gedacht, dass so unterschiedliche Musikkulturen wie das Klavier und die indische Sitar so gut zueinandergefügt werden könnten? Das aber schaffen Beate Wein und Matyas Wolter auf eine überzeugende Art und Weise. Beate Wein ist eine erstklassige Pianistin, die ihre langen Haare wie die flinken Finger temperamentvoll fliegen lässt und einen herrlich swingenden und groovenden Sound hervorbringt, eine wahre „Tastenteufelin“, die das Trio zu Höchstleistungen treibt.

Das Trio erzeugt einen fast psychedelischen Effekt, schafft auf fremdartigen Wegen einen neuen Klangkosmos. Die drei Eigenwilligen spielen vorwiegend Stücke ihres aktuellen Albums „Zoo of Songs“. Fast logisch also, dass immer wieder Tiere eine Rolle im Programm spielen. Es beginnt mit „Of Men & Mice“ („Von Männern und Mäusen“) und führt über den „Ausschlagenden Esel“ bis zur „Knittery Owl“, der weise sprechenden Eule. Sie spielen mit „Glaciers“ ihren musikalischen Beitrag zur Klimadiskussion, indem sie die bedrohten eiskalten Gletscherwelten zu Gehör bringen. Dass die Sitar auch jammervoll zu klagen weiß, beweist das Trio mit der jüngsten Komposition „Susan“, das sie einer kürzlich verstorbenen Kollegin widmeten. Tango erklingt mal ganz anders mit „The Horseshoe“, und mit „Flugmodus“ kommt ein Stück hinzu, das mit den Tänzern der Laura Heinecke Company erarbeitet wurde. Überraschende Klangkonstellationen beeindrucken das Publikum immer wieder aufs Neue.

Aaron Christ verschwindet bei der Zugabe sogar unter dem Klavier und hämmert Klopfgeräusche auf den Boden, während die Sitar die für europäische Ohren so fremdartigen, aber bezaubernden nordindischen Klangfarben dazu beisteuert.

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