„Crash-Kurs“ zeigt Wirkung bei Fahranfängern

Fahranfänger sollen beim „Crash-Kurs“ mit neuen Mitteln für Gefahren auf der Straße sensibilisiert werden.

Kempen. Begleitet von schwerer Klaviermusik werden Bilder an die Wand der Aula projiziert. Zerborstene Scheiben und Autos, eingedrückt wie Coladosen, sind zu sehen. Es sind Fotos von schweren Verkehrsunfällen im Kreis Viersen.

Dann beginnt der junge Polizist Thomas Küppenbender zu sprechen. Er beschreibt seinen Einsatz in jener Nacht im Mai, als ein 18 Jahre alter Fahranfänger aus Nettetal nach einer Feier in Krefeld ums Leben kam.

Er sei zu schnell gewesen, betrunken und unerfahren. „Faktoren, die niemals aufeinandertreffen sollten“, sagt Küppenbender. Auf einer kurvigen Straße prallte das Auto des 18-Jährigen schließlich gegen einen Baum.

Im Raum herrscht Stille, obwohl er voller Menschen ist. Etwa 100 Schüler des Kempener Berufskollegs sitzen darin. Sie sind die ersten Teilnehmer des landesweiten Präventionsprojektes „Crash-Kurs NRW“ im Kreis Viersen.

Polizist Martin Gennert hat das Projekt, das einen anderen Weg einschlägt als die obligatorischen Abschreckungsvideos in der Fahrschule, vorbereitet. „Der Kurs lebt von der Authentizität“, sagt Gennert. „Durch die Erzählungen von Leuten, die dabei waren, ist alles echt. Das ist nicht wie ein Film, das Publikum bekommt alle Emotionen der Akteure mit.“

Etwa wenn die Stimme eines gestandenen Feuerwehrmannes beim Erzählen stockt oder ein routinierter Notarzt auch nach Monaten und Jahren noch heute jede Sekunde seines Einsatzes bei einem Unfall auf der Autobahn vor Augen hat.

Bei den jungen Menschen zeigt es Wirkung: „Das hat auf jeden Fall ’was gebracht. Nicht unbedingt die Bilder, aber all die Geschichten fand ich schon krass“, sagt der 24-jährige André Wienes. Auch seine Mitschülerin Tammy Moerders ist nach dem Vortrag immer noch ergriffen.

„Man wusste immer ganz genau, an welchen Ecken die Unfälle passiert sind und hatte ein Bild vor Augen. Das wirkt schon anders als ein Beispiel aus Bayern oder so“, sagt die 21-Jährige aus St. Tönis.

Sie und Pia Kelly (21) aus St. Hubert hat besonders eine Geschichte nicht so schnell wieder losgelassen: die von Polizist Markus Luer. Er muss einer vierfachen Mutter in der Nacht mitteilen, dass ihr Mann und ihr 14-jähriger Sohn unschuldig ums Leben gekommen sind.

Ein junger Fahrer hatte das Auto der beiden beim Überholen übersehen. „Als ich raus ging, wurde mir klar: Ich habe mit der Nachricht ihre Familie zerstört“, sagt Luer. Und schiebt hinterher: „Ich bitte euch, haltet euch an die Regeln.“

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