Brauchtum: Martin ist in Kempen Kult

Tausende Fackeln leuchteten in der Altstadt und machten den Zug wieder zu einem großartigen Ereignis.

Kempen. "Wenn man nicht hierher kommt, um sich den Martinszug anzusehen, hat man was verpasst." So wie Annegret Theskes dachten gestern wohl einige Tausend, die teilweise extra für den Zug angereist waren. Schon früh sicherten sie sich die besten Plätze am Straßenrand, brachten sich mit Glühwein in Stimmung, während bei den Kindern die Spannung stetig wuchs.

Es war wieder ein ebenso stattlicher wie prächtiger Fackelzug. Dass die Zahl der teilnehmenden Kinder, die jahrelang um die 3000 lag, auf mittlerweile rund 2400 gesunken ist, dürfte niemandem aufgefallen sein. Es herrschte geschäftiges Treiben, kurz bevor der Zug sich in Bewegung setzte: "Ich nehm’ Dir gleich die Fackel ab", drohte ein Lehrer einem zu unruhigen Kind.

Ferdi, Kempener Original, verscheuchte Falschparker von der Mülhauser Straße, Thomas Engels und seine Kollegen vom Verkehrsverein verkauften original Kempener Martinsglühwein - und für die Kleinen gab’s Martinskakao. Kaum ein Haus, in dessen Fenstern keine Lampions leuchteten: Keine Frage, die Kempener waren im Martinsfieber.

Michael Vietoris, Lehrer an der Liebfrauenschule in Mülhausen, deren Kempener Schüler traditionsgemäß beim Zug mitmachen, brachte die Begeisterung wie folgt auf den Punkt: "In Kempen hat Halloween gegen St.Martin keine Chance."

Keine Frage: St.Martin ist in Kempen Kult. Elisabeth Speer (32) ließ es sich auch diesmal nicht nehmen, gemeinsam mit Schwester Barbara (41) als Ehemalige der Liebfrauenschule teilzunehmen. Selbstverständlich hatten sie Fackeln gebastelt - mit Motiven von Franz Marc und Paul Klee.

Im Stile großer Künstler hatten auch die Jugendlichen der Martin-Schule ihre Fackeln gestaltet - hier war Friedensreich Hundertwasser das Vorbild.

Bislang hatten sie ihren eigenen Zug, aber nachdem die Grundschule Schmalbroich keinen eigenen Standort mehr hat, liefen die Kids gemeinsam mit der Astrid-Lindgren-Schule mit. Das Motto "1001 Nacht" sorgte für orientalisches Flair- da waren die 40 Räuber von Ali Baba ebenso vertreten wie orientalische Schönheiten.

Dass es wider Erwarten nicht regnete, als der Zug sich in Bewegung setzte, war für Karin Rosinksi keine Überraschung. Für die Lehrerin der Astrid-Lindgren-Schule steht fest: "Jeder bekommt das Wetter, das er verdient." Bei 15 Grad hätte sich Christoph Endres den roten Schal eigentlich sparen können, aber er ist schon fast so etwas wie das Markenzeichen des Geschäftsführers vom Martin-Verein. Er hatte als Organisator alles im Griff.

Dass St. Martin in Kempen eine Lichtgestalt ist, wurde spätestens deutlich, als Feuerwehrmänner ihn in den rötlichen Schein des Bengalischen Feuers tauchten - für Jüppi Trienekens und seine Herolde Heiner Schmitz und Georg Funken längst Routine.

Das Feuer auf dem Buttermarkt, das Feuerwerk an der Burg - beides wurde von tausenden leuchtenden Kinderaugen bestaunt, die sich ihre Tüte, die in Kempen "Blo-ese" heißt, nach dem Zugende im Rathaus abholten.

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