Betragen — „recht gut“

Der Studienkreis hat die drei ältesten Zeugnisse Kempens ausgezeichnet. Jetzt gibt es eine Ausstellung.

Kempen. Es gab Zeiten, da hieß das Schulfach Biologie noch Naturbeschreibung und der Sportunterricht war besser als Turnstunde bekannt. Diese und weitere spannende Einblicke in die Zeit vor mehr als 100 (Schul-)Jahren liefert derzeit die Ausstellung „Kempens ältestes Schulzeugnis“, die in den Räumen der Arbeiterwohlfahrt (Awo) am Spülwall 15 zu sehen ist. Der historische Streifzug geht zurück bis ins Jahr 1868.

Manfred Rehnen

„Wir hatten zuerst die Idee, alte Schulbücher zusammenzutragen. Doch dann haben wir uns anders entschieden und dazu aufgerufen, alte Zeugnisse einzusenden“, sagt Gisela Hansen vom Studienkreis. Mehr als 80 alte Zeugnisse kamen zusammen.

Die drei ältesten Zeugnisse stammen aus den Jahren 1868, 1887 und 1897. Sie wurden von Manfred Rehnen, Ulla Dieker und Marget Ramisch-Hoersen eingereicht. Für ihre „alten Schätze“ überreichte ihnen Gisela Hansen bei der Ausstellungseröffnung am Freitag einen Preis.

Das Entlassungszeugnis von Joseph Rehnen, der nach dem Besuch der Volksschule Maschinenbau studierte, stammt aus dem Jahr 1868. Damit ist es auf der Ausstellung Kempens ältestes Zeugnis. „Diese Dokument ist Bestandteil meiner Suche nach der eigenen Indentität“, sagt Nachfahre Manfred Rehnen, der sich seit 25 Jahren mit Familienforschung beschäftigt. Das von ihm eingereichte Zeugnis gehörte dem Bruder seines Urgroßvaters.

Das zweitälteste Schulzeugnis reichte Maria Hütter ein, Nachfahrin von Franz Winfried Hütter. „Das war der Bruder meines Schwiegervaters“, sagt sie. Das Papier ist mit einem Muster umrahmt und trägt die Kopfnoten Aufführung und Fleiß. Was heute wieder modern ist, gab es schon früher. Außerdem hieß das Schulfach Geografie damals noch Erdbeschreibung.

Margret Ramisch-Hoersen reichte ein Zeugnis ihres Opas Heinrich aus dem Jahr 1897 ein. „Er wohnte in Voesch, musste drei Kilometer zur Schule laufen“, erinnert sich die Enkelin. Die 8. Klasse schloss ihr Opa mit zwölf Einsern ab. Nur in Gesang und Turnen gab’s ein „Gut“ als „Censur“. Und das Betragen war „recht gut“.

Andere Zeugnisse erinnern ans Dritte Reich: „Adolf Hitler fordert Kameradschaft und Bescheidenheit“ heißt es unter den Kopfnoten „Betragen, Aufmerksamheit, Gehorsam und Disziplin“ auf einem Zeugnis von 1939.

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