St.Hubert: „Am Zanger“-Anwohner wehren sich gegen die Erschließung des Baugebietes Anwohner: „Gutachten fehlerhaft“

St.Hubert · Anlieger der Straße „Auf dem Zanger“ wehren sich gerichtlich gegen die von der Stadt vorgesehene Erschließung des Baugebietes.

 Weil derzeit an den Kanälen für das Baugebiet gearbeitet wird, müssen die Anwohner von „Auf dem Zanger“ mit Beeinträchtigungen leben.

Weil derzeit an den Kanälen für das Baugebiet gearbeitet wird, müssen die Anwohner von „Auf dem Zanger“ mit Beeinträchtigungen leben.

Foto: Lübke, Kurt (kul)

Im Streit um die Erschließung des St.Huberter Baugebietes „Auf dem Zanger“ sind die Fronten verhärtet. Das ist nicht überraschend. Schließlich wehren sich Anwohner bereits in einem sogenannten Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster gegen die von der Stadt geplante Erschließung über „ihre“ Straße „Auf dem Zanger“ (die WZ berichtete). Die Anwohner wehren sich aber auch gegen den nach ihren Angaben „schlechten Umgang“ mit ihnen. Zwei der sieben Anlieger, die das Gerichtsverfahren angestrengt haben, waren zu Gast in der WZ-Redaktion. Ihre Namen wollen sie nicht in der Zeitung lesen – nach eigenen Angaben aus Angst vor Beleidigungen und Ressentiments auf der Straße und bei Facebook.

„Wir haben doch nichts gegen das geplante Neubaugebiet“, sagt der Mann, dessen Name auf der Klageschrift steht. „Im Gegenteil: Das ist für St.Hubert ein wichtiges Projekt. Und wir haben im Bekanntenkreis auch Leute, die sich für ein Grundstück interessieren.“ Allerdings seien die Vorgehensweise der Stadt Kempen und die drohende Beeinträchtigung in ihrem Wohnumfeld nicht akzeptabel. „Wir wehren uns dagegen, dass wir nun als Verhinderer dargestellt werden.“

Dritte Zufahrt über „An der Mühle“ wird gefordert

Wie bereits mehrfach berichtet, fürchten die Anwohner der Straße „Auf dem Zanger“ eine zu hohe Verkehrs- und damit Lärmbelastung. Geht es nach dem verabschiedeten Bebauungsplan wird die Erschließung überwiegend über „ihre“ Straße (Abzweig der Breite Straße) vollzogen. Lediglich an der Aldekerker Straße (neben Haus Drabben) gibt es eine weitere Einfahrt ins Wohngebiet. Diese dürfte als sogenannte verkehrsberuhigte Zone („Spielstraße“) aber seltener genutzt werden.

Seit Jahren fordern die Anwohner daher eine dritte Zufahrt über die Straße „An der Mühle“. Dort, wo die Stadtwerke auch ein Blockheizkraftwerk (BKHW) zur energetischen Versorgung des Gebietes planen. „Dort gibt es schon eine Anliegerstraße. Und um das Kraftwerk zu erreichen, muss dort ohnehin ausgebaut werden. Warum wird die Straße also nicht komplett ausgebaut?“ Das fragen sich die Anwohner und ihr Anwalt Alexander Arndt, der die Stadt Kempen schon im Streit um die Erschließung des Altenheims „Am Beyertzhof“ vor Gericht gezogen hatte und dort verlor.

Die Kläger bemängeln Fehler im Bebauungsplan. Das größte Problem sieht der Düsseldorfer Rechtsanwalt im Verkehrsgutachten, auf das sich Politik und Verwaltung in Kempen stützen. Dieses Gutachten sei „fehlerhaft und zu optimistisch dargestellt“. Zudem sei die Arbeit des von der Stadt beauftragten Sachverständigen überholt. Denn das Gutachten stützt sich laut Klageschrift, die der WZ vorliegt, auf eine Zahl von insgesamt 100 Wohneinheiten (48 in Einfamilienhäusern, 52 in Geschosswohnungen). Inzwischen will die Stadt Kempen dort allerdings 76 Wohneinheiten in Einfamilienhäusern und „vier bis fünf Mehrfamilienhäuser“ realisieren. Insofern gehen die Kläger in ihrer Rechnung letztlich von 136 Wohneinheiten aus.

Dies führe zu einer erheblich höheren Lärm- und Verkehrsbelastung als im Gutachten prognostiziert. Und da der Kempener Stadtrat dem Bebauungsplan auf dieser Basis zugestimmt habe, zweifeln die Kläger die Richtigkeit an. Daher die Normenkontrollklage. Zusätzlich fordern sie in einem Eilverfahren die sofortige Aussetzung des Plans, weil die Stadt mit den schon laufenden Arbeiten für Versorgungsleitungen und Straßen Fakten schaffe, die nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte.

Neben den planungsrechtlichen Problemen beschweren sich die St. Huberter Anlieger auch über das Verhalten der Verwaltung. „Auf Briefe wird seit Jahren grundsätzlich nicht reagiert. Erst wenn wir nachhören“, so ein Anwohner. Und dann seien da diverse Formulierungen, die die Stadt während des Planungsverfahrens verwendet habe. So sei den Anwohner unter anderem geraten worden, die Fenster zu schließen oder die Schlaf- und Wohnräume in den hinteren Bereich der Häuser zu verlegen. „Das auch noch irgendwo reinzuschreiben, ist unverschämt und peinlich“, sagt ein Anwohner.

Wie berichtet, geht die Stadt Kempen gelassen in das Gerichtsverfahren. Das Verkehrsgutachten belege, dass die Erschließung über die Straße „Auf dem Zanger“ sich im Rahmen des Erlaubten bewege. „Wir machen weiter und lassen uns nicht von der Klage beeindrucken“, sagte der Erste Beigeordnete in einem Pressegespräch am 8. Januar. Die laufenden Arbeiten werden fortgesetzt und sollen im Herbst beendet sein. Dann sollen die Grundstücke an potenzielle Häuslebauer verkauft werden. Wann das OVG in Münster über die Klage entscheidet, ist offen. Je nach Aufwand in Münster geht die Stadt Kempen davon aus, dass man im Frühjahr etwas hören wird.

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