Kempener Stadtrat Denkwürdiges Ende der Aqua-Sol-Debatte

Kempen · Ob mit oder ohne Förderung: Es bleibt bei den Umbauplänen für das Schwimmbad.

Ein seltener Anblick im Stadtrat: Grünen-Fraktionschef Joachim Straeten nutzte am Donnerstagabend ein Flip-Chart, um den anderen Fraktionen die Rechnung der Grünen zu erklären. Im Hintergrund sitzen die Stadtwerke-Chefs Norbert Sandmann (verdeckt) und Siegfried Ferling (r.).

Ein seltener Anblick im Stadtrat: Grünen-Fraktionschef Joachim Straeten nutzte am Donnerstagabend ein Flip-Chart, um den anderen Fraktionen die Rechnung der Grünen zu erklären. Im Hintergrund sitzen die Stadtwerke-Chefs Norbert Sandmann (verdeckt) und Siegfried Ferling (r.).

Foto: Tobias Klingen

Das Abstimmungsergebnis im Stadtrat zum Antrag der Grünen war nicht überraschend: Nur die fünf Grünen selbst waren dafür, dass Verwaltung und Stadtwerke mögliche finanzielle Spielräume durch eine Bundesförderung für Verbesserungen beim geplanten Schwimmbad-Umbau nutzen sollten. Die anderen Fraktionen schlossen sich der Meinung der Verwaltung an, den städtischen Haushalt nicht noch zusätzlich zu belasten.

Unabhängig davon, ob der Bund das 7,5 Millionen Euro teure Projekt fördert oder nicht, wird es also bei den Umbauplänen bleiben. Auf dem Gelände des 50-Meter-Freibadbeckens entsteht eine neue Halle mit einem 25-Meter-Becken (vier Bahnen, ohne Sprunganlage) und einem Fitness-Becken. Die Grünen hatten angeregt, über eine Verbreiterung auf sechs Bahnen und eine Sprunganlage nachzudenken. Im Sinne der Vereine und Nutzer, hieß es von der Fraktion. Schulen und Vereine hatten in den vergangenen Monaten häufig von eingeschränkten Trainingsmöglichkeiten gesprochen (die WZ berichtete).

Grünen-Chef machte seine Rechnung am Flip-Chart deutlich

Bis es zur Entscheidung kam, entwickelte sich aber eine denkwürdige Debatte. Eine Diskussion, die die vergangenen Monate widerspiegelt, in der sich eine große Lücke zwischen Verwaltung, Stadtwerken und Politik auf der einen sowie den Nutzern des Bads auf der anderen Seite aufgetan hat.

Um den Antrag zu untermauern, hatte sich Grünen-Fraktionschef Joachim Straeten sogar ein sogenanntes Flip-Chart in den Ratssaal bringen lassen. Darauf machte er die Rechnung auf, welche Summe denn nach einer möglichen Förderung des Projektes zu einer Art Spielraum werden könne. Aus Sicht der Grünen rund 1,8 Millionen Euro. Die Stadtwerke hatten allerdings schon im Vorfeld der Sitzung deutlich gemacht, dass Veränderungen am Projekt aus ihrer Sicht etwa 2,5 Millionen Euro kosten würden. Zusätzlich müsse man bei den laufenden energetischen Kosten höhere Summen einplanen.

Klare Ablehnung durch
alle anderen Fraktionen

Für die CDU sprach sich Wilfried Bogedain dafür aus, keine Abweichungen mehr vorzunehmen. Die Stadtwerke hätten ein langfristiges Konzept zusammengestellt. „Daran noch etwas zu verändern, wäre ein falsches Signal“, so Bogedain.

Auch die SPD erteilte den Grünen eine klare Absage. Weitere städtische Mittel kämen nicht infrage, so Fraktionschef Andreas Gareißen. Sein Kollege Lutz Strothmann fügte später gar hinzu, dass die Grünen bei ihrer Rechnung „Taschenspielertricks“ anwenden würden.

Die FDP schloss ebenso weitere finanzielle Mittel aus. Fraktionsvorsitzende Irene Wistuba fügte aber hinzu, dass Vereine und Nutzer nun trotzdem stärker miteinbezogen werden sollen: „Das ist bislang versäumt worden.“

Günter Solecki (Die Linke) und Udo Kadagies (Freie Wähler Kempen) zielten in ihrer Argumentation beide auf die Folgekosten ab. Das Konzept der Stadtwerke sehe vor, die energetischen Ausgaben herunterzufahren. Eine Veränderung des Baus würden diese Ersparnisse gefährden. Kadagies fügte hinzu, dass sich die Stadt Kempen über Jahrzehnte den Luxus eines 50-Meter-Beckens erlaubt hätte. Dies sei nun nicht mehr darstellbar.

Ein Streit entzündete sich in der Sitzung am Donnerstagabend an der Argumentation von Verwaltungsspitze und Stadtwerke-Geschäftsführung, dass die Pläne gar nicht mehr geändert werden dürften. Andernfalls würde der Förderanspruch „automatisch verloren gehen“, heißt es in einem Schreiben, das Geschäftsführer Norbert Sandmann unterzeichnet hat.

Das wollte Günen-Chef Straeten nicht stehen lassen. Er zitierte einen Passus aus den Richtlinien des Förderprogramms. Demnach seien nachträgliche Veränderungen möglich, solange sie keinen elementaren Einfluss auf den gesamten Baukörper haben. 

Und es ist in der Tat so, dass die Richtlinien des zuständigen Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) Spielraum vorsehen. Demnach seien die zunächst eingereichten Unterlagen nur eine Grundlage für den Auswahlprozess. „Eine Weiterentwicklung (aber nicht generelle Veränderungen) ist nicht nur möglich, sondern häufig auch im Ergebnis des Koordinierungsgespräches erforderlich“, heißt es auf der Internetseite des BBSR. 

„Wenn die Stadtwerke mir ein anderes juristisch festes Argument liefern können, dann bitte. Ich lasse mich hier aber nicht länger von den Stadtwerken verarschen“, fand Straeten deutliche Worte.

Daraufhin drehte sich Bürgermeister Volker Rübo zu den Geschäftsführern Siegfried Ferling und Norbert Sandmann um, die in Ratssitzungen stets auf der Bank hinter der Verwaltungsspitze sitzen. „Da sollte die Geschäftsführung vielleicht etwas zu sagen“, fand Rübo. Ferling und Sandmann folgten dem Wunsch ihres Aufsichtsratsvorsitzenden aber nicht. „Kein Kommentar“, so Sandmann. Das wiederum ließ Bürgermeister Rübo so stehen und bat die Fraktionen zur Abstimmung. Mit dem schon erwähnten Ergebnis: Der Antrag der Grünen wurde abgelehnt.

Entscheidung zur Förderung fällt in der kommenden Woche

Über die Förderanträge zum 100-Millionen-Euro-Programm des Bundes entscheidet eine Jury in der kommeden Woche. Danach bekommen die Antragsteller Bescheid, ob sie Erfolg hatten. Neben dem Aqua-Sol ist die Stadt Kempen mit zwei weiteren Projekten in der Auswahl. Zum einen will man den Umbau des Tönisberger Sportplatzes (Kunstrasen) gefördert bekommen. Zum anderen hat die Stadt den Bau vom Umkleiden in St. Hubert ins Rennen geschickt.

Eisstadion-Antrag aus Grefrath hat offenbar gute Chancen

Mit einem weiteren Großprojekt ist die Gemeinde Grefrath vertreten. Dort soll das Eisstadion saniert werden. Ein Projekt, für das die Gemeinde und die Geschäftsführung schon lange bei der Politik trommeln. Die Bundestagsabgeordneten Uwe Schummer (CDU) und Udo Schiefner (SPD) hatten schon vor der Bundestagswahl Mittel für das Eissportzentrum in Aussicht gestellt. Insider gehen deshalb davon aus, dass Grefrath gute Chancen hat.

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