Fakten & Hintergrund - Quartiersentwicklung Wartsberg Alte Zechensiedlung soll sich weiter entwickeln

Tönisberg. · Noch bis Ende Oktober 2020 läuft das Quartiersmanagement auf dem Tönisberger Wartsberg in seiner bisherigen Form weiter. Dann endet das eigentliche Förderprojekt. Es soll aber auf jeden Fall weitergehen.

 Die Seilscheibe des Turms der Schachtanlage steht am Eingang zur Wartsbergsiedlung.

Die Seilscheibe des Turms der Schachtanlage steht am Eingang zur Wartsbergsiedlung.

Foto: Wolfgang Kaiser

Die Adresse Birkenweg 8 ist nicht nur den Bürgern auf dem Wartsberg in Tönisberg gut bekannt. So mancher Hausbesitzer aus Alt-Kempen hat sich dort schon eingefunden, um sich zu informieren. Denn hier befindet sich das Musterhaus der Stadtwerke Kempen, mit dessen Hilfe das Versorgungsunternehmen auf praktische Art und Weise demonstrieren möchte, wie ein Haus – egal ob Alt- oder Neubau – zu einem energieeffizienten Gebäude umgewandelt werden kann. Es ist das derzeit größte Projekt der Quartiersentwicklung Wartsberg. Die energetische Sanierung der Häuser in der ehemaligen Zechen-Siedlung in Tönisberg ist ein wichtiger Baustein dazu, die Siedlung als Wohnort attraktiver zu gestalten.

Start mit der Energie

Der effizientere Umgang mit Energie war Auslöser für das Quatiersmanagement auf dem Berg. Angefangen hat das Projekt mit der Übernahme des Fernwärmenetzes am Wartsberg durch die Stadtwerke Kempen im Jahr 2013 von der RWE. „Es kam seinerzeit die Idee auf, neben der energetischen Modernisierung auch die städtebauliche und soziale Entwicklung des Wohnviertels mit ins Blickfeld zu nehmen“, sagt Kempens Stadtwerke-Geschäftsführer Siegfried Ferling. Vor dem Hintergrund, dass für Projekte in Form eines so genannten Quartiersmanagements Fördergelder abgerufen werden konnten und es bereits eine Zusammenarbeit mit der Hochschule Düsseldorf gab, standen die drei Partner schnell fest. Stadtwerke Kempen, Stadt Kempen und die Hochschule verständigten sich auf die Ziele und den gemeinsam zu beschreitenden Weg.

Ende Juni 2017 bezog Quartiersmanagerin Bettina Nabbefeld, die für die Hochschule Düsseldorf schon mehrere solcher Projekte begleitet hat, ihr erstes Büro in einem der Mehrfamilienhäuser am Wartsberg. Die Beteiligten gründeten eine interne Lenkungsgruppe, die das Projekt seither steuert und die Arbeit überwacht.

Quartiersmanagement

„Zunächst galt es, eine Kommunikation aufzubauen. Die Menschen mussten mich kennenlernen. Es galt, Vertrauen aufzubauen“, erzählt Bettina Nabbefeld. Schnell war die Quartiermanagerin die Ansprechpartnerin für all die vielen kleinen Dinge, die den Bürgern auf dem Wartsberg unter den Nägeln brannten. Fragen zur Vermietung, Probleme mit dem Zustand der Mietwohnungen und sogar Nachbarschaftsstreitigkeiten wurden an sie heran getragen. Eine Begehung mit dem Tiefbauamt brachte Wünsche wie Bürgersteigabsenkungen, den Wunsch nach mehr Ruhebänken als auch das Versetzen von Laternen, damit Rollatorfahrer den Bürgersteig ohne Probleme nutzen können, ins Spiel. Dinge, die mittlerweile umgesetzt wurden.

Sehr gut angenommen wurden und werden die Feste in der Siedlung, die am Wartsberg zusammen mit ortsansässigen Vereinen, Kitas und der Grundschule veranstaltet werden.

Beratung im Musterhaus

Neben persönlichen Beratungen im Musterhaus der Stadtwerke sind es gerade die verschiedenen Vorträge zu energetischen Themen, die die Bürger gerne besuchen. Die Stadtverwaltung verfolgt das Ziel, dass Wartsberg und Ortskern von Tönisberg im Bewusstsein der Bürger, die dort leben, näher aneinander rücken. Dazu tragen diverse Aktionen bei, die das Gemeinschaftsgefühl stärken sollen. Dazu zählte zuletzt auch der Aufbau eines Weihnachtsbaumes samt Lichterketten in der ehemaligen Zechen-Siedlung. „Wir nehmen auch damit den Wartsberg mit in den Fokus“, sagt Kempens Stadtsprecher Christoph Dellmans. Die Kinder der ortsansässigen Kita schmückten den Baum, was wiederum ein Stück Verbindung zwischen Tönisberg und dem Wartsberg gibt. Dellmans weiß aus Erfahrung, dass viele Kempener, die den Wartsberg besuchen, einen Aha-Effekt erleben. „Sie sind erstaunt, wie schön es hier ist“, sagt er.

Das spiegelt sich bei den Wohneinheiten wider. Bei den Einfamilienhäusern gibt es keine Leerstände und von den Wohnungen in den Mehrfamilienhäusern sind nur wenige nicht belegt. Wobei das teilweise immer noch an deren Zustand liegt. Auch wenn das Quartiersmanagement gerade in Sachen energetischer Sanierung bei einem der beiden Vermieter der Wohnkomplexe einiges erreichen konnte – Dämmung der obersten Geschossdecke und der Austausch von Warmwasserspeichern –, so hapert es bei dem anderen Vermieter noch. „Wobei wir hier gerade einen Besitzerwechsel hatten und guter Hoffnung sind, dass auch hier die Zusammenarbeit bald funktioniert“, sagt Bettina Nabbefeld. Etliche Einfamilienhausbesitzer haben bereits von sich aus die Initiative ergriffen und ihre Häuser energetisch modernisiert.

Mehr als 600 Bewohner

Die Siedlung besteht aus 111 Einfamilienreihenhäusern und 37 Mehrfamilienhäusern. Während sich die Einfamilienhäuser alle in Privatbesitz befinden, sind die Mehrfamilienhäuser in Besitz zweier großer Wohnungsbaugesellschaften. Jedes Mehrfamilienhaus zählt sechs Wohnungen. Das ergibt eine Anzahl von 222 Wohneinheiten, womit die Mehrfamilienhäuser zwei Drittel der Gesamtwohneinheiten ausmachten. Die Häuser stammen alle aus dem Jahr 1962 und sind bisher nur punktuell saniert worden. In der Wartsbergsiedlung leben 633 Menschen (Statistik von 2018), was einen Anteil von 1,71 Prozent der Gesamtbevölkerung von Kempen entspricht.

Auf dem Wartsberg soll die Arbeit mit dem Auslaufen der aktuellen Projektförderung fortgesetzt werden. Bislang wurden die Kosten zu 65 Prozent über öffentliche Fördergelder gedeckt. Den Rest teilten sich Stadtwerke und Stadt Kempen zu gleichen Teilen. „Das Musterhaus wird auf jeden Fall bleiben und weiterhin in der bestehenden Form genutzt werden“, sagt Siegfried Ferling. Wie das Quartiersmanagement künftig konkret aussehen wird, ist noch nicht klar.

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