Eine Küche ohne Abfälle

Carsten Weiß konnte Jugendliche im Jugendzentrum Chilly für das Kochen begeistern.

Eine Küche ohne Abfälle
Foto: ahlen

Schwalmtal. „Im Internet kann man nicht nur auf böse Menschen stoßen“, sagt Astrid Krol lächelnd — und will damit natürlich nicht die Gefahren des Netzes vom Tisch wischen, die sie den Jugendlichen im Jugendzentrum Chilly in Amern immer wieder erklärt. Aber wenn die Leiterin des Chilly nicht ein Online-Spiel spielen würde, dann wäre eine tolle Koch-Aktion für Kinder, Jugendliche und Mitarbeiter von Jugendzentren nicht zustande gekommen. Denn beim Spielen hat sie Carsten Weiß kennengelernt, einen Koch aus Chemnitz. Und der kam jetzt nach Amern, um mit Kindern und Jugendlichen zu kochen.

Eine Küche ohne Abfälle
Foto: Ahlen

Carsten Weiß arbeitet im Restaurant „Paula“, das unter anderem bei Events wie der Biathlon-Weltmeisterschaft in Oberhof für leckeres Essen sorgt. Sie bat in der Kochgruppe des Spiels um Rezepte für die Arbeit im Jugendzentrum — einfach und preiswert. Denn sie hatte festgestellt, dass das kulinarische Angebot in solchen Zentren klein und improvisiert ist. „Aber für viele Kinder und Jugendliche sind wir erste Anlaufstelle nach der Schule, und damit werden Mahlzeiten auch oft bei uns eingenommen — und sei es nur in Form von einem kleinen Snack“, so Astrid Krol.

Man schrieb hin und her, und irgendwann kam von Carsten Weiß der Satz: „Das geht so nicht, alles nur schreiben — ich muss zu euch kommen.“ Er nahm sich Urlaub, fragte bei Lieferanten des Restaurants um Spenden an, setzte sich ins Auto und holte am Flughafen in Nürnberg „noch eben“ Stiev Düring ab. Der ist Koch auf einem Kreuzfahrtschiff und hat auch gerade Urlaub.

Dann konnten zwei aufregende Kochtage starten. Am ersten Tag waren Mitarbeiter von fünf Jugendzentren aus der Region dran, am zweiten die Kinder und Jugendlichen. Auch Eltern hatte Astrid Krol eingeladen, weil sie sicher war, dass sich viele der Tricks und Kniffe, die die beiden Zwickauer auf Lager haben, auch in der heimischen Küche gut umsetzen lassen. Aber die Eltern kamen nicht.

Dafür jede Menge Jugendliche. Nathalie Piepenbrink vom Willicher Jugendzentrum Karo 11 hatte mit einem Mitarbeiter gleich zwei Autos vollgepackt. Ihr wird vor allem die Mousse au Chocolat, die aus mitgebrachten Schoko-Osterhasen entstand, im Gedächtnis bleiben.

Und auch sonst staunten die Jugendlichen Bauklötze. Schon wer die Schule an der Schwalm, in deren Lehrküche die Aktion stattfand, betrat, wurde von Essensduft empfangen. Der kam aus der Pfanne, in der Gemüse scharf angebraten wurde. Die Grundlage für verschiedene Soßen. Daneben stand ein großer Topf mit Wasser, in den die Kinder — erst zögerlich, dann mit immer mehr Vergnügen — die Abfälle vom Gemüseschnippeln hineinwarfen. So entstand aus Kartoffelschalen- und resten, Zwiebelstückchen, Möhrenköpfchen und Paprikaabschnitten eine würzige Brühe. Die braucht man fürs Risotto, aber auch für das Gemüse in der Pfanne.

Aus Kloßteig vom Vortag und frischen Paprikastückchen entstanden mit ein paar geriebenen Kartoffeln goldgelb gebackene Puffer. Nicht nur Suny, Joelle und Nathalie versuchten sich an diesem einfachen Gericht, auf einmal standen auch die Jungs vor der Pfanne, die vorher noch getönt hatten, sie seien ja zum Essen und nicht zum Kochen gekommen.

Weil auch ein Hofladen und einige Einzelhändler gespendet hatten, kamen die Kinder so in den Genuss eines Essens, das am Ende nichts gekostet hat — aber auch preiswert gewesen wäre, wenn man es hätte kaufen müssen. „Und vor allem ist es lecker“, waren sich alle kauend einig.

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