Kreis Viersen So hat der Kreis Viersen gewählt

Kreis Viersen · Die Wähler im Kreis Viersen haben dem CDU-Politiker Martin Plum das Direktmandat für den Bundestag erteilt. SPD und Grüne legten zu.

 Zwei zukünftige Bundestagsabgeordnete: Martin Plum(CDU) und Udo Schiefner (SPD)

Zwei zukünftige Bundestagsabgeordnete: Martin Plum(CDU) und Udo Schiefner (SPD)

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Die CDU hat sich bei der Bundestagswahl 2021 im Kreis trotz starker Verluste als stärkste politische Kraft behaupten können. Und sie stellt mit dem Dülkener Martin Plum auch den Direktkandidaten für das Bundestagsmandat für den Wahlkreis 111 mit den Kreiskommunen Brüggen, Grefrath, Kempen, Nettetal, Niederkrüchten, Schwalmtal, Tönisvorst, Viersen und Willich.

Nach der Auszählung von 252 der insgesamt  298 Wahlbezirke (Stand 20.20 Uhr) lag die CDU bei 30,2 Prozent. Bei der  Bundestagswahl 2017 hatte die Partei noch 38,1 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen können.

Der Jurist Martin Plum, der erstmals für den Deutschen Bundestag kandidierte, erzielte nach den bis dahin ausgezählten Stimmen einen Anteil von 35,5 Prozent. Zuvor hatte der Willicher Uwe Schummer seit 2002 fünfmal nacheinander das Mandat für sich gewinnen können – zuletzt mit einem Stimmenanteil von 47,9 Prozent.

Plum hatte sich am Vortag der Wahl seine Gefühlslage gegenüber der WZ als „entspannt“ beschrieben.  Die Stimmung im Kreis sei „deutlich besser gewesen“ als die Umfragen.

Am Wahlabend selbst gestand der 39-jährige Jurist ein, dass er natürlich nicht das Ergebnis seines Vorgängers Uwe Schummer erreicht hat. „Es gibt ja auch bundesweit ein paar Prozentpunkte weniger, das merkt man auch im Kreis Viersen“ Dazu komme ein weiterer Aspekt: „Ich trete ja auch als neuer Kandidat an, der sich erst bekanntmachen muss. Und Schummer ist nach 15 Jahren mit einem viel höheren Bekanntheitsgrad angetreten.“

Aber Plum freute sich darüber, „dass die Menschen mir in so großem Maß Vertrauen geschenkt haben . Ich habe zugleich ein Stück Demut vor der Aufgabe, die ich übernehme. Ich verspüre aber auch Aufbruch, dass was Neues beginnt und ich mit viel Entschlossenheit und Mut an die Aufgabe herangehen werde.“

Zu dem schwachen Ergebnis der Union im Bund sagte er nur soviel: „Das war ein sehr schwieriger Wahlkampf – der Schwierigste seit 1998. Am Ende haben wir Fahrt aufgenommen. Aber ob wir vorne liegen werden, das müssen wir abwarten.“

Die SPD konnte kreisweit zulegen – nach den vorläufigen Zahlen kommt sie auf knapp  26,6  Prozent. 2017 waren es noch 22,3 Prozent.

Eine gute Wahlbeteiligung mit sehr vielen Briefwählern

Auch ihr Spitzenkandidat, der Kempener Udo Schiefner, erzielte bei seiner erneuten Kandidatur ein besseres Ergebnis als vor vier Jahren. Damals konnte er 25 Prozent der Erststimmen auf sich vereinigen, diesmal nach den vorläufigen Zahlen 27,5 Prozent.

„Ich freue mich über die Hochrechnungen auf Bundesebene. Es war ein spannender Kampf“, sagte Schiefner in einer ersten Reaktion im Kreishaus. „Wenn wir sehen, dass wir deutlich dazugewonnen haben und wir vor einem halben Jahr bei guten Prognosen bei 18 Prozent lagen, zeigt das, dass wir einen engagierten Wahlkampf geführt haben und die Menschen Olaf Scholz bevorzugen“, sagte der Kempener, in Personalunion auch Kreisverbandsvorsitzender der SPD. 

Was den Kreis Viersen betrifft, „haben wir ein sehr gutes Ergebnis“, sagte er. „Wir sind ein strukturell konservativer Raum, der langsam erkennt, dass man je nach politischer Lage flexibel wählen kann. Wir erleben auch, dass die SPD dazugewonnen hat, die CDU deutlich verloren hat.“ Und auch bei den Erststimmen könne er „in den Spiegel gucken und sagen: Wir haben alles getan.“

Insgeheim sei mit ein bisschen strategischem Kalkül vielleicht auch mehr drin gewesen. „Dass die FDP mit Erststimme die CDU unterstützt hat, wogegen ich allein gegen CDU, Grünen und Linke angetreten bin“, das machte er als einen Wahlfaktor aus. „Hätten die Grünen-Wähler so gewählt wie die FDP-Wähler, hätte die CDU dieses Direktmandat nicht mehr gewonnen. Aber es ist, wie es ist. Es hat gut funktioniert. Wir haben eine tolle Kampagne gemacht.“

Da Schiefner auf Platz 7 der NRW-Landesliste seiner Partei steht, wird er seine Arbeit als Abgeordneter im Bundestag wohl fortsetzen können. 

Weiterer Gewinner des Wahltages sind die Grünen, die mit ihrem Spitzenkandidaten René Heesen aus Kempen auf  13,8  Prozent kamen – ein deutliches Plus nach den 6,7 Prozent vor vier Jahren mit dem Schwalmtaler Jürgen Heinen als Spitzenkandidat.

Damit profitierte er von dem positiven Bundestrend für seine Partei. „Als Grüne ist das das beste Ergebnis, dass wir je hatten“, sagte Heesen. „Ich selber werde es wohl nicht schaffen“, meinte er mit Blick auf Platz 30 auf der Grünen-Landesliste. „Traurig muss man aber wirklich nicht sein, aber die Berliner müssen mit ihrem vermurksten Wahlkampf Konsequenzen ziehen“, übte er scharfe Kritik an der Bundespartei. „Da müsste man die Personalie des Bundesgeschäftsführers hinterfragen.“

In jedem Fall im Bundestag ist der AfD-Kandidat Kay Gottschalk, der auf der NRW-Landesliste an zweiter Stelle geführt wird, bei der Direktwahl aber nur 6,33 Prozent der Stimmen erzielt hat. Und bei der Linken Britta Pietsch, die in ihrer Partei den Listenplatz 9 bekleidet, aber nur 3,2 Prozent aufwies, hing viel davon ab, ob die Partei überhaupt in den Bundestag einzieht oder nicht.

Absehbar war schon gegen Mittag, dass das Interesse der Bürger im Kreis an der Bundestagswahl recht hoch war.

Allein in Kempen hatten bis um zwölf Uhr bereits 4668 der 27224 wahlberechtigten Personen in den 23 Wahllokalen ihre Stimmen abgegeben. Inklusive der 11 432 Briefwähler – 2017 waren es gerade mal 6062 – ergab das schon zu einem frühen Zeitpunkt eine Wahlbeteiligung von 59,03 Prozent.

Bis 16 Uhr waren es dann schon 9901 Wähler – mit den Briefwählern eine Gesamtquote von 78,21 Prozent. Und Stadtsprecherin Johanna Muschalik–Jaskolka konnte am Nachmittag für einzelne Wahllokale bereits eine Wahlquote von 80 Prozent bestätigen.

Ein ähnliches Bild zeigte sich in Tönisvorst. Dort hatten am Mittag hatten bereits 60,39 Prozent der Wähler ihre Stimme abgegeben – ein deutlicher Unterschied zur Wahl 2017, als es gerade mal 47,34 Prozent waren. Vier Stunden später lag der Anteil dann schon bei 77,83 Prozent.

Und auch bei den Briefwahlstimmen war dort eine Steigerung um gut 40 Prozent auf über 10200 (von 5594 vor vier Jahren) festzustellen.

Insgesamt lag die Wahlbeteiligung 2017 bei 76,2 Prozent. Sie wird 2021 nach den vorliegenden Zahlen mindestens so hoch, wahrscheinlich sogar höher liegen.

Der Briefwahltrend 2021 bestätigte sich kreisweit mit 87 589 beantragten Briefwahlstimmen, was gegenüber dem Jahr 2017 mit 48 366 eine deutliche Steigerung insgesamt ausmacht.

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