Automaten-Sprenger müssen ins Gefängnis

Die Mitglieder der Bande, die am gesamten Niederrhein, darunter auch in Nettetal, Sprengungen an Geldautomaten durchführte, wurden nun vor dem Landgericht verurteilt.

Automaten-Sprenger müssen ins Gefängnis
Foto: Stade

Nettetal/Kleve. Die Erkenntnis kam spät: „Ich habe mein ganzes Leben vor die Wand gefahren“, sagte Juri D. gestern in seinem Schlusswort. Der 28-Jährige hatte mit seinem Bruder und weiteren Mittätern eine Vielzahl von Geldautomaten, darunter auch in Nettetal, gesprengt. Obwohl sie dabei keinen einzigen Geldschein gelangten, richteten die Täter einen Schaden von insgesamt fast 850 000 Euro an. Gestern wurde Juri D. zu sechs Jahren Haft, Andreas D. zu fünf Jahren Haft und Eugen N. zu einem Jahr Haft auf Bewährung und 150 Sozialstunden wegen versuchten schweren Bandendiebstahls, versuchten Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und Sachbeschädigung in mehreren Fällen verurteilt.

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Die Serie von Geldautomaten-Sprengungen erstreckte sich quer über den Niederrhein. Sechs Geräte jagte die Bande im Zeitraum vom 23. März 2015 bis kurz vor Weihnachten in die Luft, in fünf Fällen blieb es beim Versuch, in einem Fall bei einer Verabredung. Eine Sonderermittlungskommission des Landeskriminalamts kam den jungen Männern aus Kleve und Bedburg-Hau schließlich auf die Schliche, weil das Handy eines der Täter an mehreren Tatorten im Funknetz eingeloggt war. Bevor die Täter an einer Sparkassen-Filiale in Dorsten zuschlagen konnten, nahmen sie die Mitglieder eines mobilen Einsatzkommandos einen Tag vor Heiligabend fest. In den beiden Autos, die die Bande zur Flucht bereitstehen gelassen hatte, befanden sich schwarze Stoffmasken, Benzin und Gasflaschen. Ihr Wissen besorgten sich Juri D., Andreas D. und Eugen N. über das Videoportal Youtube. Dort war detailliert in Wort und Bild zu erfahren, wie man eine erfolgreiche Sprengung bewerkstelligt. Bei ihren Taten gingen sie arbeitsteilig vor: Einer besprühte die vor den Geldautomaten angebrachten Kameras mit Farbe, einer bohrte ein Loch in die Geräte, leitete ein Gasgemisch ein und entzündete dieses, der Dritte fuhr den Fluchtwagen.

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Während sich die Bande anfangs auf frei stehende Geldautomaten-Pavillons beschränkte, wurde sie mit der Zeit immer rücksichtsloser. So machten sie später auch vor Filialen nicht Halt, über denen Wohnungen liegen. Zum Glück waren diese zum jeweiligen Tatzeitpunkt nicht bewohnt. Die schweren Explosionen richteten zum Teil beträchtlichen Schaden auch an den Gebäuden an, Glassplitter und schwere Türen wurden zwölf Meter durch die Luft geschleudert. „Sie haben Menschenleben abstrakt gefährdet“, sagte Richter Gerhard van Gemmeren, Vorsitzender der Zweiten Großen Strafkammer des Landgerichts Kleve. Bei der letzten Sprengung in einer Filiale der Postbank in Nettetal-Lobberich waren die Täter sogar erfolgreich — die Geldkassette lag frei. Nur merkten sie dies nicht: Weil der Raum völlig verqualmt war, verwechselte einer der Täter den Geld- mit dem intakten Kontoauszugsautomaten.

Die Angeklagten nahmen ihr Urteil regungslos auf. Während Juri D. in bleibt, wird der Haftbefehl gegen Andreas D. ausgesetzt. Er soll sich freiwillig stellen, so hat er eine Chance auf den offenen Vollzug. Mit dem Urteil blieb die Kammer weit unter der Forderung von Staatsanwalt Guido Schulte von Haftstrafen bis zu acht Jahren. Die Angeklagten können Revision einlegen.

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