Wülfrath: Mit 22 Kindern ist das Boot voll

Zum 15. Mal: Die Eine-Welt-Gruppen informierten und warben für ihre Anliegen auf dem Heumarkt.

Wülfrath. Die italienische Küstenwache hat in den vergangenen Tagen wieder vier Flüchtlingsschiffe mit 500 Menschen in internationalen Gewässern aufgebracht und nach Libyen zurückgeschickt. Den Bootsflüchtlingen wurden elementare Menschenrechte entzogen.

Der rechtspopulistische Innenminister jubelt und spricht von einem historischen Tag im Kampf gegen illegale Einwanderung. Keine Wülfrath-News? "Doch!", sagten am Samstagvormittag die Wülfrather Eine-Welt-Gruppen. Am Heumarkt informierten sie unter dem Motto "Das Boot ist voll" über Flüchtlingshilfe.

Sieben von den insgesamt acht Gruppen waren in der Innenstadt vertreten. Zusammen traten sie mit ihren Projekten bereits zum 15. Mal in die Öffentlichkeit, sammelten für ihre Aktionen, informierten über die Flüchtlingssituation, versuchten Mitglieder zu gewinnen und Augen zu öffnen.

"Wir unterstützen die Flüchtlinge in Wülfrath beim Deutsch lernen, versuchen sie zu integrieren, so dass sie später Schulen besuchen können. Wir sammeln Spenden für Menschen, die mit nichts aus Osteuropa, dem Nahen Osten, aus Asien, dem Kosovo, aus der Türkei und Afrika gekommen sind", gab Patricia Karbe von der Flüchtlingshilfe INGA einen kleinen Einblick in ihre Arbeit. Seit den 80-er Jahren betreut sie in Wülfrath Flüchtlingsprojekte und momentan auch in Palästina.

Eberhard Karbe kümmert sich um das Togo-Projekt. Er berät Kleinbauern bei der Hühnerzucht und gibt Hilfe zur Selbsthilfe. 139 Dörfer erreichte er schon mit seinen Maßnahmen. "Prävention", nennt es Karbe. "Wenn die Bauern besser wirtschaften, haben sie keinen Anlass aus ihrem Land zu flüchten." Den Eine-Welt-Tag sieht er als Chance, seine Arbeit der Öffentlichkeit zu präsentieren. "Die acht beteiligten Gruppen haben das gleiche Ziel: Mit mehr Leuten mehr erreichen! Durch diesen Tag können wir nicht nur anderen Menschen Einblicke geben, sondern uns auch untereinander austauschen. Zusammen sind wir stark. Das bringt noch mehr Motivation!"

Pfarrer und Organisator Klaus-Peter Rex betonte die Wichtigkeit dieses Tages. Mit einem Wettbewerb der Schulen lockte er diesmal verstärkt auch junges Publikum an. Welche Schule bekommt die meisten Schüler in ein Boot? Das hört sich nach Spaß an. Doch: "24 Stunden, ohne Toilette, ohne Steward, der etwas zu essen bringt, und mit sich übergebenden Nachbarn sieht die Sache etwas anders aus", sagte Pastor Rex. Im Religionsunterricht setzten sich die Jugendlichen mit dem Thema bereits auseinander. Am Samstag demonstrierten sie ihr Wissen bei einem kleinen Theaterstück. Und bis zu 22 Kinder kletterten schließlich ins ein auf dem Heumarkt gestrandetes Boot.

Die afrikanische Musik von Kathi Karbe und Vicky Love entführte die zahlreichen Standbesucher in eine andere Welt. Eine Welt, die Vicky Love sehr gut kennt. Dort war sie Sängerin - hat Regime-kritische Lieder gesungen, bis die Repressionen zu stark wurden. Aus Togo geflüchtet, fand sie in Wülfrath ihr neues Zuhause. Für sie sind die Fotos an den Plakatwänden harte Realität gewesen. Heute sitzt sie unter den vielen bunten Landesfahnen auf dem Heumarkt, sieht die Bilder aus ihrer Heimat und singt - für ihr Land, für Wülfrath und für den Frieden.

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