Die Caritas Suchtberatungsstelle in Wülfrath ist seit dieser Woche ein zertifizierter Standort „Fitkids“-Kinder im Fokus

Wülfrath · . Kinder in den Fokus der Arbeit mit suchtkrankten Eltern stellen, diese Aufgabe hat sich die Caritas-Suchtberatungsstelle an der Nordstraße bereits vor Jahren selbst auferlegt. Zunächst wurden die Kinder durch das Projekt „Kiwi“ (Kinder wollen Kind sein) ins Blickfeld der Beratungsstelle gerückt.

 Sandra Groß, „Fitkids“-Projektkoordinatorin (rechts), übergibt das Zertifikatssiegel an Beratungsstellenleiterin Katja Neveling.

Sandra Groß, „Fitkids“-Projektkoordinatorin (rechts), übergibt das Zertifikatssiegel an Beratungsstellenleiterin Katja Neveling.

Foto: Tanja Bamme

„Schnell war uns aber klar, dass wir nicht ausschließlich auf die personellen Ressourcen aus dem „Kiwi“-Projekt zurückgreifen wollen, sondern noch mehr dafür tun müssen“, erinnert sich Beratungsstellenleiterin Katja Neveling an die Anfänge.

Das Programm ist vor mittlerweile 15 Jahren in Wesel entstanden

Fündig wurde das Wülfrather Beratungsteam, das auch für Familien aus der Kreisstadt Mettmann zuständig ist, bei dem Programm „Fitkids“. Dieses entstand vor mittlerweile 15 Jahren in Wesel und ist heute beinah im gesamten Bundesgebiet vertreten. „Wir haben ein Organisationsentwicklungsprogramm entworfen, das in den einzelnen Beratungsstellen auf ganz unterschiedliche Art greift. Jede neue Stelle hat die Möglichkeiten, die Angebote zu schaffen, die für sie möglich sind“, erklärt Sandra Groß, Projektkoordinatorin des Programms. Mehr als 70 „Fitkids“-zertifizierte Stellen gibt es aktuell, Wülf­rath gehört seit dieser Woche auch dazu.

Als Grundvoraussetzung für dieses Zertifikat musste die Wülfrather Beratungsstelle zehn Teamtermine wahrnehmen, aber auch eine Statistik der zu betreuenden Kinder erstellen. Zudem musste das Team eine Veranstaltung vorweisen und ein Kooperationsnetz schaffen. Letzteres wurde erfolgreich mit den Jugendämtern der Städte Mettmann und Wülfrath, aber auch mit dem Kreisgesundheitsamt angegangen. Für Bereichsleiter Thomas Rasch ist die Zertifizierung, die gleichzeitig mit der Übergabe eines Siegels einherging, das erfolgreiche Ende einer langen Reise. „Wir haben schon vor vielen Jahren darüber gesprochen, dass es notwendig ist, Kinder in die Arbeit zu integrieren“, so Rasch, der sich über das Geschaffte sichtlich freut. „Wir sind eine sehr kleine Suchtstelle für eine Einwohnerzahl von rund 65 000 Menschen. Statistisch geht man davon aus, dass zwischen drei und vier Prozent der Menschen eine Sucht haben. Diese Personen bringen nochmal drei Angehörige mit. Eigentlich haben wir schon mit dem täglichen Arbeiten genügend zu tun. Trotzdem hat sich das Team um die Erweiterung bemüht und daran festgehalten.“

Die Angebote für Kinder sind auf ganz unterschiedliche Weise angegangen worden. Als Leitsatz hat sich das Team um Katja Neveling den Spruch „Menschen mit einer Suchterkrankung können und wollen gute Eltern sein“ auf die Fahne geschrieben. „Denn uns wurde bei der Arbeit sehr schnell klar, dass auch die Kinder am liebsten bei ihren Eltern aufwachsen wollen. Nur im äußersten Notfall müssen sie in eine Fremdbetreuung“, erläutert die Beratungsstellenleiterin. Natali Zimny, die als „Kiwi“-Fachkraft vor vier Jahren zum Beratungsteam dazu gestoßen ist, spricht mit den Kindern auf Augenhöhe und versucht ihnen das schlechte Gewissen zu nehmen. „Denn viele Kinder denken, dass sie etwas falsch gemacht haben und sich die Eltern deshalb so verhalten. Das ist natürlich völlig falsch“, versichert sie.

Beispielsweise durch Fragen, welcher Superheld das Kind selbst gerne wäre, versucht sie Vertrauen zu schaffen und Hintergründe zu erfahren. „Die einen möchten beispielsweise sehr schnell laufen können. Das kann man auch als schnelles Weglaufen interpretieren. Oder sie wollen die Kraft besitzen, wegzuhören“, berichtet Natali Zimny aus ihrem Berufsalltag. Auch mit Bilderbüchern arbeitet das Team, schafft mit Worten und visuellen Darstellungen Vertrauen und Akzeptanz. So bietet beispielsweise das Buch „FAS(D) perfekt“ einen guten Einblick in das Leben von Kindern, deren Mütter in der Schwangerschaft Alkohol getrunken haben. Die „Fetale Alkoholspektrumstörung“ äußert sich bei Kleinkindern optisch und kann im späteren Leben durch Konzentrationsstörungen und einem Aufmerksamkeitsdefizit begleitet werden. „Das Buch wird aus Kindersicht erzählt und erklärt sehr gut die Auffälligkeiten, die mit dieser Krankheit einhergehen“, versichert das Beratungsstellenteam.

Dass mit dem Abschluss der dreijährigen „Fitkids“-Zertifizierung die Arbeit in der Beratungsstelle erst so richtig Fahrt aufgenommen hat, versichert Katja Neveling. „Dinge, die sich durch das Coaching etabliert haben, wollen wir auch weiterhin leben“, verspricht sie. Auch sollen noch das Netzwerk und die Angebotsvielfalt weiter ausgebaut werden.

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