Wülfrath: Ernüchternde Weihnacht mit Militär und Plastik

Heiligabend in Bethlehem – ein Erfahrungsbericht.

Wülfrath. So war das in den ersten Monaten: Du fährst mit dem Bus zur Arbeit, und an der Autobahnauffahrt steht: Jerusalem. Jerusalem kenn’ ich aus Geschichten, aber dass das eine richtige Stadt sein soll. Und so nah?

Zu Weihnachten haben wir’s geschafft, dort mal nachzuschnüffeln. Mein erster Eindruck: Eine Stadt. Groß, alt, verwinkelt. Man stolpert von einem Gotteshaus ins andere. Die Hitze und die großen Plastik-Santas entzaubern den Weihnachtstraum Jerusalem.

Schlimmer war’s in Bethlehem, da wir am Heiligen Abend übergesetzt haben: Über die Grenze, durch die Mauer, an Metern von Stacheldraht vorbei in einen Teil der Autonomiegebiete, der reich ist (die Ausnahme). Reich durch den Tourismus, das sieht man: Junge Araber im VW Golf rasen durch die Gassen, überall bimmelt Musik wie auf dem Weihnachtsmarkt von Schloss Burg. Dazu bewaffnete Männer im Kampfanzug. Die pure Anzahl erschreckt selbst, wenn man von Israel kommt (dort ist es ja schon üblich, Supermarktkunden am Eingang nach der Art ihrer Bewaffnung zu fragen).

Gefragt wurden wir auch in Bethlehem: "Want to buy?!” Mancher Araber tritt wohl zum Christentum über, um am Orte leichter Geschäfte machen zu können. Pragmatisch! Ein ernüchterndes Weihnachten am Nabel der Christenheit, das eröffnet: Es ist doch nicht so viel Magie in der Welt. Jedenfalls nicht jetzt und nicht da. Immerhin habe ich den ersten ausgiebigen Kirchenbesuch meines Lebens hinter mir! Und das in der deutschen Erlöserkirche! In Jerusalem!

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