Wo das Spritzgebäck glänzt

Aluminium aus Dubai wird zu Autoteilen und Kaffeemaschine verarbeitet. Ein Rundgang bei WKW-Automotive an der Siebeneicker Straße.

Wo das Spritzgebäck glänzt
Foto: WKW Automotive

Neviges. In der Glänzergießerei ist die Luft aufgeheizt. Monika Kocks warnt die Besuchergruppe, die sie im Schlepptau hat: „Das ist der gefährlichste Bereich unseres Werkes. Hier wird mit flüssigem Aluminium gearbeitet.“ Plötzlich ertönt ein Glockenschlag. Eine Firmenkapelle? Nein. Riesige Aluminium-Stangen erzeugen beim Umfallen diesen Ton. Die frisch gegossenen Rundbarren sind mehr als sieben Meter lang und werden bis unter die Hallendecke gezogen.

Wo das Spritzgebäck glänzt
Foto: Simone Bahrmann

Den faszinierenden Einblick hinter die Kulissen des Nevigeser Werks von WKW-Automotive bekam jetzt eine Besuchergruppe im Rahmen der SPD-Sommertour. Die Einzelteile, die an der Siebeneicker Straße hergestellt werden, hat wohl jeder schon einmal gesehen, ohne zu wissen, dass sie in Neviges gefertigt wurden. „Eigentlich alle Autos, die Sie kennen, haben unsere Teile an Bord“, berichtet Unternehmenssprecherin Monika Kocks. Beispielsweise bei Mercedes, BMW, VW, Jaguar oder Landrover wird auf die Velberter Produkte gesetzt.

Die ruhen beispielsweise versteckt in der Klima-Anlage oder fügen sich als kleines Versatzstück über der Seitenscheibe unscheinbar ins Gesamtensemble des Autos. Aus dem Werk kommen auch Dachrelingsysteme, Herdgriffe sowie Gehäuse für Lautsprecherboxen und Kaffeemaschinen.

Alles beginnt mit einem Rohstoff, der eine lange Reise hinter sich hat. „Unser Aluminium beziehen wir zum größten Teil aus Dubai“, berichtet Kocks. Die Neuware wird zusammen mit Recycling-Material in der Glanzgießerei geschmolzen — 40 000 Tonnen im Jahr, wovon WKW-Automotive für die eigene Produktion 25 bis 30 000 Tonnen benötigt.

Nächste Station für das Aluminium, das nun eine Stangenform angenommen hat, ist die Strangpresse. Das Material wird jetzt wieder erwärmt, damit es sich geschmeidig durch das Werkzeug drücken lässt. „Das ist eigentlich wie bei dem Spritzgebäck von Oma“, veranschaulicht Monika Kocks. Nur kommen aus der Presse nicht eine wohlduftende Teigwurst, sondern bis zu acht Aluminiumstränge, die später teils auf Rollen aufgewickelt werden.

Die Anlage ist monströs, das Produkt ganz filigran. Die Beschaffenheit der Aluminiumstreifen, die einmal in Klima-Anlagen verbaut werden, erschließt sich erst beim genauen Hinsehen. Sie sind innen hohl und haben mehrere mikroskopisch kleine Kammern. Durch sie soll einmal Kühlflüssigkeit fließen. „Wir haben sehr vom Boom der Pkw-Klima-Anlagen partizipiert“, erklärt Kocks.

Bevor die Teile beispielsweise ihre Reise in die USA antreten, folgt noch eine Qualitätskontrolle. Hier sind ausschließlich Arbeiterinnen am Werk. Die Firmen-Sprecherin kann das erklären: „Die Herren mögen es mir verzeihen, aber Frauen sind sorgfältiger.“

Anderes Aluminium kommt noch in die hauseigene Veredelung. Hier wird gebogen, gebohrt und geschliffen. Teilweise sind das Prozesse, die heutzutage ganz die Maschine übernommen hat. Beim Biegen stehen nur noch zwei Mitarbeiter an der Anlage. Der Prozess ist zu kompliziert, will man das Aluminiumprodukt nicht schädigen. „Wir müssen die menschliche Komponente da herauslassen“, sagt Kocks.

Ganz anders beim Polieren. Hier übernehmen immer wieder Experten dort, wo der Roboter an seine technischen Grenzen stößt. „Was das menschliche Auge und die Hand da leisten, kann der Roboter nicht.“ Seit Ende der 50er Jahre produziert das Velberter Unternehmen — damals Erbslöh — vor Ort in Neviges. Viele der 1500 Mitarbeiter, die vor Ort zum Stammpersonal gehören, haben in all den Jahren wichtige Erfahrungen gesammelt. Ein entscheidender Schritt, den sie den Maschinen noch voraushaben.

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