Velbert Einblicke in die Stadtgeschichte

Velbert. · Ein Blick auf die Denkmalliste der Stadt Velbert offenbart eine erstaunliche Vielzahl von erhaltenswürdigen Objekten. Insgesamt sind es 283 im gesamten Stadtgebiet, dazu sieben Bodendenkmäler. Die mit Abstand meisten Denkmäler zählt mit 159 der kleinste Stadtteil Langenberg, während es in Velbert-Mitte 52 und in Neviges 72 Objekte sind.

 Ein Schatz aus dem Archiv: Die „Situation des herrschaftlichen Hauses Schloß Hardenberg und nächste Umgebung“ in einer Darstellung vom 27. Juni 1902.

Ein Schatz aus dem Archiv: Die „Situation des herrschaftlichen Hauses Schloß Hardenberg und nächste Umgebung“ in einer Darstellung vom 27. Juni 1902.

Foto: Reinhard Lüdeke

Seit Anfang des Jahres ist Lea Fernau für die Denkmäler in Wallfahrtort und Schlossstadt zuständig, mehr als 40 Jahre das Revier von Rainer Helfers. Mit Hella Naumann hat Fernau außerdem eine Kollegin, die auf 30 Jahre Erfahrung mit Bauten in Langenberg zurückblickt.

Handwerklich ist die 31-jährige Heiligenhauserin bestens gerüstet: Bevor sie in Hildesheim Konservierung und Restaurierung mit Schwerpunkt Denkmalpflege studierte, hat Lea Fernau eine Lehre als Tischlerin absolviert. So ist nicht weiter verwunderlich, dass ihr besonderes Interesse der Holzrestaurierung gilt. Als Kind der Nachbarstadt kennt sie Velbert außerdem sehr gut.

Hauptaufgabe Fernaus ist die Bearbeitung von Erlaubnisanfragen, zum Beispiel wenn Eigentümer etwas an einem denkmalgeschützten Objekt ändern wollen: „Was ist geplant, wie wird eventuell in die Substanz eingegriffen?“ sind Fragen, mit denen sich Lea Fernau auseinandersetzt: „Jedes Objekt ist ein Einzelfall, vieles wird vor Ort besprochen“, erläutert die Fachfrau, die die Zusammenarbeit mit Eigentümern und Architekten mag und sich sichtlich für ihre Arbeit begeistert.

Neben der Bearbeitung von Anträgen auf Denkmalschutz-Fördermittel oder Recherchen steht zur Zeit die Planung des bundesweiten Tages des offenen Denkmals am 13. September auf der Agenda, der Corona-bedingt dieses Mal digital stattfindet. Das diesjährige Motto „Chance Denkmal: Erinnern. Erhalten. Neu denken.“ passe besonders gut zur Villa Herminghaus, die als Bestandteil des neugestalteten Schloss- und Beschlägemuseums eine neue Bestimmung bekommen hat. Ohnehin hat die Heiligenhauserin zu Villa und Museum ein besonderes Verhältnis, nachdem sie dort im April 2018 ihre Karriere bei der Stadt als Volontärin begonnen hatte.

Als großes Nevigeser Projekt steht aktuell das Stadterneuerungsprogramm an: „Das ist eine große Chance für den Stadtteil“, sagt Fernau, die hofft, dass viele Nevigeser am Fassadenprogramm teilnehmen. Außerdem sei derzeit die Erhaltungssatzung in Arbeit. Hochinteressante Projekte seien auch der Umbau der Stadthalle und die künftige Gestaltung des David-Peters-Quartiers.

Derweil wächst die Denkmalliste weiter: Erst kürzlich wurde die Friedenskirche an der Ecke Deller-/Nevigeser Straße aufgenommen, nachdem der Landschaftsverband Rheinland eine Bestandaufnahme der Nachkriegskirchen erstellt hatte – das Thema hatte Fernau zuvor auch in ihrer Masterarbeit behandelt: „Viele Velberter Kirchen waren allerdings schon vor der Aufstellung des LVR auf der Liste“, erläutert die Fachfrau. Was zum Beispiel kaum bekannt ist: Bevor Gottfried Böhm die 1968 geweihte Wallfahrtskirche entwarf, hatte er 1954 bereits St. Paulus an der Heidestraße in Velbert-Mitte gebaut.

Ohnehin ist die Liste nicht auf Wohnhäuser, alte Villen oder Kirchen beschränkt: Brücken, Höfe, die drei jüdischen Friedhöfe, Fabrikgebäude oder die alte Langenberger Badeanstalt gehören ebenso zu den erhaltenswerten Objekten. Neviges beherbergt mit dem Mariendom das jüngste Gebäude, und auch das älteste steht wohl im Wallfahrtsort: „Genau kann man das nicht sagen, weil viele Gebäude auf älteren Vorgängerbauten basieren“, meint Fernaus Kollegin Hella Neumann. Mit der Stadtkirche und ihren Grundmauern aus dem zwölften Jahrhundert oder Schloss Hardenberg, dessen Ursprung im 13. Jahrhundert verortet ist, haben aber zwei Nevigeser Objekte gute Chancen auf den Titel.

Wie das Ensemble schon früher die Fachleute beschäftigte, zeigt eine kolorierte Zeichnung aus den Tiefen des Archivs, das die „Situation des herrschaftlichen Hauses Schloß Hardenberg und nächste Umgebung“ mit Datum vom 27. Juni 1902 darstellt – damals noch mit Wohnungen, Kuh- und Pferdeställen in der Vorburg und einem Teich anstelle der großen Wiese, die heute Standort für das Kinderfest und den Mittelaltermarkt ist.

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