Velbert: Halt für ein Leben ohne Sucht

Seit 15 Jahren trifft sich unter dem Dach der Diakonie eine Selbsthilfegruppe speziell für Frauen, eine weitere Gruppe besteht zehn Jahre. Gründungsmitglieder erzählen von ihrem Weg aus dem Teufelskreis der Abhängigkeit.

Velbert. Zwei Wochen Entgiftung und neun Monate ambulante Therapie hatte Anneliese R. (Name von der Red. geändert) hinter sich, als sie gemeinsam mit anderen Frauen und der Suchttherapeutin bei der Diakonie Niederberg, Ilse Klöppelt, vor 15 Jahren die Selbsthilfegruppe für suchtkranke Frauen gründete. Noch immer trifft sich die Wuppertalerin dort einmal in der Woche mit Frauen, für die die Abhängigkeit von Alkohol oder Medikamenten zum Problem geworden ist.

Die meisten sind nach Langzeittherapien mittlerweile von ihrer Sucht losgekommen. Die Gefahr, doch wieder zur Flasche oder zur Pille zu greifen, schwebt allerdings über jedem Menschen, der als suchtkrank diagnostiziert wurde. Deshalb ist die Selbsthilfegruppe eine Gelegenheit zum Austausch und zugleich ein Halt in schwierigen Lebensphasen.

Anneliese R. steckte gerade mittendrin in einer solchen Phase, als sie immer häufiger zur Flasche griff. Zwei Kästen Bier schleppte die 57-Jährige jede Woche in ihre Wohnung. Vor allem die Einsamkeit habe ihr damals zu schaffen gemacht, sagt sie. In einer Wuppertaler Behörde als Führungskraft tätig, drohte die vermeintlich heile Fassade jederzeit einzustürzen. "Ich hab immer gedacht, jemand riecht im Aufzug meine Alkoholfahne und dann ist alles aus", erinnert sich Anneliese R.

Obwohl sie seit zwei Jahren wegen Depressionen in Behandlung war, hat sie ihrem Therapeuten ihre Alkoholabhängigkeit verschwiegen. Als schließlich nichts mehr ging und sie im Urlaub schon morgens die erste Flasche Bier brauchte, entschied sich die Wuppertalerin für eine Entgiftung und die anschließende Langzeittherapie. Rückfällig ist sie seither nicht mehr geworden. "Aber man kann nie wissen. Bei manchen kommt der Rückfall nach 20 Jahren, und dann ist es besonders schlimm."

Eine ähnliche Geschichte kann Helmut T. erzählen. Auch er war vor zehn Jahren Gründungsmitglied einer Selbsthilfegruppe für suchtkranke Menschen, in der sich Frauen und Männer gemeinsam ihrem Problem stellen. Auch diese Gruppe trifft sich regelmäßig in den Räumen der Diakonie in der Bahnhofstraße. "Sobald morgens der Wecker schellte, drehte sich alles nur noch um den Alkohol", erinnert sich HelmutT. an das Leben mit der Sucht. Reicht das Bier noch bis zum nächsten Tag? Wann und wo kann man Nachschub besorgen, ohne als ständiger Kunde mit Tüten voller Schnaps und Bier aufzufallen?

Das größte Problem nach Entgiftung und Therapie sei es für ihn gewesen, die freie Zeit irgendwie sinnvoll zu nutzen, so der Velberter. "Ich hab mir ein Fahrrad gekauft und meine Kinder waren froh, dass ihr Papa plötzlich auch nachmittags ansprechbar war", erinnert er sich an den Weg aus der Alkoholsucht.

Neben den beiden Selbsthilfegruppen werden suchtkranke Menschen durch die Suchtberatung der Diakonie auch in therapeutisch begleiteten Gruppen betreut. So gibt es zusätzlich zur Beratungen für Erwachsene auch Gruppen für abhängige Jugendliche und Menschen, die wegen ihres Suchtproblems von der Arge ME aktiv an die Suchtberatung vermittelt werden.

"Wir betreuen die Betroffenen bis zur Therapie und fangen sie danach wieder auf", so die Leiterin der Suchtberatungsstelle Judith Ortmann.

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