Velbert Von der geografischen zur emotionalen Heimat

Velbert. · Am 6. September feiern die im Bund der Vertriebenen (BdV) zusammengeschlossenen Landsmannschaften traditionell den Tag der Heimat – auch in Velbert, das für Tausende Vertriebene nach dem Zweiten Weltkrieg zur neuen Heimat geworden ist.

 Bürgermeister Dirk Lukrafka (re.) und Joachim Karwoczik bei der Kranzniederlegung an der Ostdeutschen Gedenkstätte am Waldfriedhof in Velbert.

Bürgermeister Dirk Lukrafka (re.) und Joachim Karwoczik bei der Kranzniederlegung an der Ostdeutschen Gedenkstätte am Waldfriedhof in Velbert.

Foto: Landsmannschaft der Schlesier Velbert/Damian Spielvogel/BdV

Am Sonntagvormittag legten Bürgermeister Dirk Lukrafka und sein Stellvertreter Volker Münchow Kränze am Ostdeutschen Gedenkstein in Neviges und an der Ostdeutschen Gedenkstätte am Velberter Waldfriedhof nieder. BdV-Vorsitzender Joachim Karwoczik erinnerte dabei an die Verkündung der „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ vor 70 Jahren. Am Nachmittag fand eine Diskussion zum Thema „Velbert – meine Heimat! Velbert – meine Heimat?“ unter Berücksichtigung der Corona-Sicherheits- und Hygienebestimmungen diesmal nur mit gut 40 Zuhörern statt.

Diskussionsteilnehmer im

Gemeindesaal von St. Paulus an der Poststraße waren Bürgermeister Dirk Lukrafka, einige seiner Vorfahren stammen aus Ostpreußen, der Bundestagsabgeordnete Peter Beyer, zugleich Mitglied der Landsmannschaft Schlesien und stellvertretender Vorsitzender der Gruppe der Vertriebenen, Aussiedler und deutschen Minderheiten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Otto Rasch, Vertriebener aus Ostpreußen und Vorsitzender des BdV in Neviges, Joachim Karwoczik, Aussiedler aus Oberschlesien und Vorsitzender des BdV in Velbert sowie Nico Schmidt als junges Mitglied der Landsmannschaft Schlesien ohne familiären Bezug nach Schlesien. Die Moderation übernahm der Jurist Jost Lücke, der ebenfalls keine Wurzeln in den einstigen deutschen Ostgebieten hat, jedoch in den örtlichen Vorständen des BdV und der Landsmannschaft Schlesien aktiv ist. „Für mich ist Heimat da, wo man den Bauch nicht einziehen muss“, eröffnete Lücke den Austausch über den Heimatbegriff launig.

Lukrafka: „Heimat ist da,
wo man sich zu Hause fühlt“

Diese Einschätzung fand Zustimmung bei Peter Beyer. Obwohl er als Anwalt auch jahrelang in den USA tätig gewesen sei, und sich als Parlamentarier oft in Berlin aufhalte, freue er sich immer wieder darauf, in den eigenen vier Wänden in Ratingen-Hösel entspannen zu können. Und der gebürtige Gelsenkirchener Dirk Lukrafka sagte: „Heimat ist nicht unbedingt der Geburtsort, sondern der Ort, wo man sich zu Hause fühlt.“

„Es ist schwer, eine eindeutige und für alle geltende Definition des Begriffes zu finden. Für den einen ist Heimat ein Gefühl, für andere der Ort“, resümiert Damian Spielvogel, Vorsitzender der Landsmannschaft der Schlesier in Velbert, die Diskussion. Der Begriff sei vor allem in den vergangenen beiden Jahrhunderten zunehmend wichtig für die Deutschen geworden. „Obwohl politisch oft missbraucht, drückt das kleine Wort Heimat mehr aus als Ideologien fassen können. Heimat gewinnt wieder an Bedeutung. Es geht auch um das Sich-zuhause-fühlen, eine Kombination aus Ortsangabe und Gefühlsausdruck“, so Spielvogel weiter. Heimat sei für viele verbunden mit inneren Bildern, Erinnerungen, Gerüchen und Empfindungen, ein Ort mit dem vieles assoziiert wird.

Es schwinge stets ein wenig Sehnsucht mit, wenn Menschen an ihre Heimat denken. „Egal, ob wir sie verlassen mussten oder sich einfach nur im Laufe der Jahre vieles verändert hat – wir sehnen uns nach etwas, das uns geprägt hat und Identität verleiht. Es handelt sich um einen stark emotionalen Begriff. Er drückt die Suche nach Geborgenheit und Sicherheit aus. Deshalb ist die Sehnsucht nach ,der Heimat’ nicht nur ein deutsches, sondern ein menschliches Bedürfnis“, so Spielvogel.

Manche Menschen würden sagen, Heimat könne auch die Familie oder Freunde sein. Das spreche dafür, dass viele sich von einem ortsbezogenen Heimatbegriff lösen und den emotionalen Aspekt stärker betonen. Dennoch lasse sich nicht verleugnen, dass es bei den Heimatgefühlen nicht nur um eine innere Bedeutung, sondern auch um reale Umstände geht, darum, Identität in etwas Veränderlichem zu finden. „Altes zu bewahren, ohne es zur Leblosigkeit zu konservieren ist eine Herausforderung – genauso wie gemeinsam Neues zu gestalten“, betont Damian Spielvogel.

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