Wülfrath SU diskutiert über die Ausbildungsmisere

Wülfrath. · Noch immer sind 1300 Lehrstellen im Kreis Mettmann unbesetzt. Manuela Huber von der Industrie- und Handelskammer Düsseldorf beleuchtete die Situation beim Stammtisch der Senioren-Union.

 Brigitte Heitmann (l.) von der Senioren-Union Wülfrath schaut sich gemeinsam mit Ausbildungslotsin Manuela Huber von der IHK Düsseldorf die Zahlen des vergangenen Ausbildungsjahres im Kreis Mettmann an.

Brigitte Heitmann (l.) von der Senioren-Union Wülfrath schaut sich gemeinsam mit Ausbildungslotsin Manuela Huber von der IHK Düsseldorf die Zahlen des vergangenen Ausbildungsjahres im Kreis Mettmann an.

Foto: Tawqnja Bamme/Tanja Bamme

Eigentlich sollte Manuela Huber von der Düsseldorfer Industrie- und Handelskammer (IHK) beim jüngsten Stammtisch der Wülfrather Senioren-Union über ihre Projektarbeit sprechen. Die Ausbildungslotsin betreut seit April dieses Jahres das Programm „Jobstarter ME – Ausbildung im Kreis Mettmann“, sitzt dafür mit zwei weiteren Kollegen in der Velberter Zweigstelle und wollte über Zahlen und Fakten zum aktuellen Ausbildungsstand ­referieren.

Schnell entwickelte sich aus dem angedachten Vortrag jedoch eine weitreichende Diskussion. So fragten sich die anwesenden Mitglieder der Senioren-Union, wie man von Seiten der Politik Unterstützung leisten könnte. „Die Politik muss dafür Sorge tragen, dass die jungen Menschen motiviert werden eine Ausbildung zu beginnen und sich nicht auf Kosten der Steuerzahler ausruhen, während sie über ihre Zukunft nachdenken“, mutmaßte Brigitte Heitmann. Die Stellvertretende Vorsitzende der Senioren-Union sieht die Pflicht zudem bei Eltern und Lehrern und stellte fest: „Diese müssten der Ausbildung mehr Wertschätzung entgegenbringen und nicht nur in die Richtung der Akademisierung ­denken.“

Das vergangene Ausbildungsjahr äußerte sich im Kreis Mettmann wie folgt. Noch immer sind 1300 Ausbildungsstellen unbesetzt, 1253 junge Menschen haben indes eine Ausbildung begonnen. „29 Menschen sind übergegangen in den Zivildienst oder ein Bundesfreiwilligenjahr, 481 haben ein Studium oder einen höheren Schulabschluss angestrebt“, untermauerte Manuela Huber ihren Bericht mit aktuellen Zahlen der Agentur für Arbeit. Für die Referentin muss ganz klar der Fokus auf Aufklärung gelegt werden. Gemeinsam mit ihren Kollegen besucht sie Schulen im Kreis, informiert über die Chancen einer Ausbildung und setzt sich zeitgleich mit Unternehmen auseinander, die Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen. „Es wird bei unserer Arbeit deutlich, dass Unternehmen durchaus gewillt sind, Ausbildungen anzubieten und Nachwuchs zu generieren. Es mangelt in der Tat an der Motivation der Jugendlichen“, berichtete Manuela Huber aus ihrer Erfahrung und misst diesem Zustand gleich mehreren Problemgrundlagen bei. „Die jungen Menschen sind sich unschlüssig, wie es nach der Schule weitergeht. Viele wollen erst einmal ein Studium beginnen, finden diese Lösung nach Monaten aber nicht mehr attraktiv. Auch wirkt sicher das Elternhaus und die Schule mit zur Entscheidungsfindung bei.“

Obwohl das Informationsangebot grundsätzlich an alle weiterführenden Schulen gerichtet ist, sind es primär Haupt- und Realschulen im Kreis Mettmann, die eine Teilnahme am Projekt wahrnehmen. „Bei Gymnasien ist es schwieriger an Kontakte zu kommen, hier wird der Schwerpunkt sicher auf ein Studium gesetzt“, könnte sich die Ausbildungslotsin vorstellen. „Dabei ist nicht jeder Jugendliche für das Abitur und ein Studium geeignet.“

Für die Stammtischmitglieder trägt auch die Gesellschaft Schuld am schlechten Ruf einer Ausbildung. „Früher hat man beispielsweise dem Handwerk mehr Bedeutung beigemessen. Handwerker waren in Werbeformaten im Fernsehen zu sehen, als Handwerker hatte man was vorzuweisen“, erinnerte sich Manfred Priebe, der viele Jahre mit einem Handwerksbetrieb selbstständig war. „Heute ist eine Ausbildung leider nicht mehr so angesehen. Das muss sich wieder ändern.“

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